Das Sams ist zurückPaul Maar über das zehnte und letzte Abenteuer

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Deutsch­land, Bir­ken­feld: Paul Maar, Autor und Erfinder von "Das Sams" privat bei sich zu Hause

  • Vor 47 Jahren erschien das erste Buch über das freche Sams.
  • In diesen Tagen kommt der zehnte Band auf den Markt – dieses Mal soll es nun wirklich der letzte sein.
  • Mit Autor Paul Maar (82) sprach Jens Meifert.

Herr Maar, vor fünf Jahren, nach dem letzten Sams-Buch haben Sie gesagt: Schluss, das war es. Nun haben Sie es wieder getan. Wie kam es?

Es gibt einen deutschen Meister im Kunstdrachenbau, er heißt Peter Hespeler. Er hat einen etwa drei Meter großen Sams-Drachen gebaut, und obwohl er so groß ist, fliegt der sehr gut. Weil er mir so gut gefiel, hat er mir einen geschenkt, und da habe ich ihn natürlich gefragt, wie ich mich erkenntlich zeigen kann. Er hat gesagt, er hätte da einen Wunsch.

Wir ahnen etwas. Mit Wünschen kennen Sie sich aus.

Er hat zu mir gesagt, er wünscht sich ein Sams-Buch, in dem ein Drachen vorkommt. Und ich habe gesagt: ,Das bekommst Du, aber Du wirst staunen.’ Er dachte natürlich an einen Papierdrachen, und ich habe ihm ein Schnippchen geschlagen und einen lebenden Drachen hineingeschrieben.

Der Titel ist „Das Sams und der blaue Drache“, es ist ein chinesischer Wunschdrache.

Ja, aber es beginnt damit, dass das Sams Kinder beobachtet, die Papierdrachen steigen lassen. So etwas hätte er auch gerne, aber wie immer, wenn sich das Sams etwas wünscht, geht einiges schief.

Der andere Aspekt der Geschichte ist, dass die Wunschmaschine, die im zweiten Band kaputtging, wieder auftaucht. Wieso?

Ich habe es doch etwas bedauert, dass sie so früh kaputtgegangen ist. Ich hätte mir mit der Explosion noch etwas Zeit lassen sollen. Also konnte ich nun genüsslich erzählen, was alles noch hätte passieren können, wenn die Maschine noch funktioniert hätte.

Das Wünschen geht also munter weiter. Was glauben Sie, warum das Sams so ein Erfolg geworden ist? Weil die Fantasie uns allen Flügel verleiht?

Es ist auf der einen Seite das Wünschen. Jeder Mensch hat Träume und Wünsche, nicht nur Kinder. Damit zu spielen, ist natürlich reizvoll. Auch der Gedanke, dass man exakte Vorstellungen entwickeln sollte , weil sonst Dinge passieren, die eher unerwünscht sind. Ein zweiter Strang ist aber das Verhältnis zwischen dem frechen Sams und dem schüchternen Herrn Taschenbier.

Dabei kommt er so unscheinbar daher.

Aber im ersten Buch war nicht das Sams, sondern Herr Taschenbier meine Hauptfigur. Es gibt für ihn auch ein reales Vorbild. Mein Vater war Stukkateur-Meister mit einigen Mitarbeitern. Und im Haus gab es einen Buchhalter, den Herrn Wenner. Er war exakt so, wie ich Herrn Taschenbier beschrieben habe: sehr schüchtern, angepasst.

Er hat nie widersprochen, selten gelächelt. Ich habe ihn als Kind kennengelernt und gedacht, es wäre schön, ihm etwas Lebensfreude geben zu können. Das konnte ich aber erst als Erwachsener, indem ich ihm im Buch den Namen Taschenbier gab und eine Gegenfigur, das Sams.

Mit anderen Worten: Wie die Kinder sich am Sams erfreuen, konnten sich Erwachsene in den Sehnsüchten von Herr Taschenbier wiederfinden.

Ja, das denke ich. Und es gibt durchaus Beispiele, wo Leser anderen Erwachsenen eine Freude mit den Büchern gemacht haben.

Insgesamt fünf Millionen Exemplare haben sich allein von den deutschsprachigen Ausgaben vom Sams verkauft. Es wurde in rund 35 Sprachen übersetzt. Funktioniert das Sams in allen Ländern gleich?

Es wird überall verstanden, das schon, aber äußerlich musste es teilweise verändert werden. Im arabischen Raum kommt eine Schweinsnase nicht so gut an, daher hat es dort keinen Rüssel, sondern eine Clowns-Nase.

Zur Person

Paul Maar wurde 1937 in Schweinfurt geboren. Nach Wunsch seines Vaters hätte auch der Sohn Stukkateur werden sollen. Doch Maar bevorzugte das Freigeistige und studierte an der Stuttgarter Kunstakademie.

Da er schon mit 27 Jahren dreifacher Vater war, wusste er früh, welche Geschichten Kindern gefallen. Und weil das Geld für Vorlesebücher oft fehlte, schrieb er selbst welche. Der Autor und Illustrator ist mit unzähligen Preisen für Kinder- und Jugendliteratur bedacht worden. Das Sams wurde mehrfach verfilmt 14 Grundschulen sind bundesweit nach Paul Maar benannt. (mft)

Und dann bedauere ich schon die armen Übersetzer. Nicht so sehr wegen der Reime und Sprachspiele, aber wegen der wiederkehrenden Wendung, vom Dienst am Dienstag, dem Donner am Donnerstag oder dem freien Freitag. Das funktioniert natürlich so in einer anderen Sprache nicht.

Das Sams ist nun bald 50. Bleibt es für ewig jung?

Ja, fantastische Figuren kennen kein Alter und bekommen keine Falten.

Sie haben erklärt, wie es zu den Wunschpunkten kam. Es sollten Sommersprossen werden, aber ein Pinsel war nicht richtig ausgewaschen.

So war es. Das Blau des Taucheranzugs kam durch.

Aber wie kam die Schweinenase zustande?

Ich hatte erst eine runde gemalt. Aber man sah nicht, dass das Sams aus einer anderen Welt kam, ein Fabelwesen ist. Also habe ich weitergezeichnet und dann sah es plötzlich aus wie die Nase eines Schweins.

Die Bücher sind von Nina Dulleck neu illustriert worden. Sie zeichnen weiter?

Ja, es gibt das Sams in zwei Varianten: eins für Traditionalisten aus meiner Feder, aber eben auch eins mit größeren Augen, etwas greller, für jüngere Sehgewohnheiten. Keine Sorge: Die beiden verstehen sich gut.

„Sams und der Drache“ ist der zehnte Band. Der letzte?

Dieses Mal schon, ja. Im Herbst wird mein erstes Buch für Erwachsene erscheinen, das nächste ist schon in Arbeit. Das Buch heißt: „Wie alles kam. Roman meiner Kindheit“. Es geht um die Zeit, als ich selbst klein war. Ich erzähle aber auch viel von meinen Träumen. Sams-Leser werden möglicherweise den ein oder anderen Gedanken wiedererkennen.

Paul Maar: „Das Sams und der blaue Drache“, Band 10 der Reihe, Verlagsgruppe Oetinger, 194 Seiten, ab 7 Jahren, 13 Euro.

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