Ex-„Bild“-ChefredakteurIppen prüft Veröffentlichung von Recherchen zu Reichelt

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Dirk Ippen (l), Zeitungsverleger und Julian Reichelt, bisheriger „Bild“-Chefredakteur (Archiv)

München – Die Redaktion der Ippen-Mediengruppe prüft eine mögliche Veröffentlichung von Recherchen des eigenen Investigativteams zum bisherigen „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt. Ursprünglich hatte das Medienhaus auf Einwirken des Verlegers auf eine Erstveröffentlichung verzichtet, ein Teil der Rechercheergebnisse erschien mittlerweile in einem Online-Bericht des „Spiegel“.

Ippen.Media-Gesamt-Chefredakteur Markus Knall sagte am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur: „Wir haben nach einer intensiven Diskussion im Hause den Punkt erreicht, dass wir als Redaktion in die Veröffentlichung gehen könnten. Wir prüfen aktuell, welche Aspekte der Geschichte noch veröffentlichbar sind und wie die Quellenlage ist. Das heißt: Ob, wann und in welchem Umfang die Geschichte rausgeht, entscheiden wir rein redaktionell.“

Nicht alle Rechercheergebnisse im „Spiegel“ veröffentlicht

Knall sagte: „Im „Spiegel“ befindet sich nicht alles, was wir zum Stand vergangener Woche an Material hatten.“ Die Recherche sei sehr komplex und sei über Monate hinweg aufgebaut worden. Sie hänge an vielen verschiedenen Quellen. Der Fokus der Recherchen liege auf Reichelt.

Am Montag hatte der Medienkonzern Axel Springer bekanntgemacht, dass „Bild“-Chefredakteur Reichelt von seinen Aufgaben entbunden wurde. Der 41-Jährige verlässt das Unternehmen und damit auch die mächtigste und größte Boulevardzeitung Deutschlands.

Machtmissbrauch und Drogenkonsum

Hintergrund sind neue Medienrecherchen zu Reichelt. Diese knüpfen an frühere Vorwürfe aus dem Frühjahr an. Springer hatte damals ein internes Verfahren gegen Reichelt geführt. Kern der Untersuchung waren Vorwürfe des Machtmissbrauchs im Zusammenhang mit einvernehmlichen Beziehungen zu Mitarbeiterinnen sowie Drogenkonsum am Arbeitsplatz. Der Konzern entschied nach der Prüfung, Reichelt eine zweite Chance zu geben.

Die US-Zeitung „New York Times“ hatte am Sonntag in einem langen Artikel über den Medienkonzern, Unternehmenskultur und über Vorwürfe gegen Reichelt berichtet. Eigentlich hatte die Mediengruppe Ippen ihrerseits vorgehabt, ebenfalls eigene Recherchen des Investigativteams in Deutschland zu publizieren. Auf Einwirken des Verlegers Dirk Ippen entschied sich das Unternehmen aber dagegen. Diesen Umstand griff auch die „New York Times“ in ihrem Bericht auf.

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Die Ippen-Mediengruppe hatte den Schritt so begründet: „Als Mediengruppe, die im direkten Wettbewerb mit „Bild“ steht, müssen wir sehr genau darauf achten, dass nicht der Eindruck entsteht, wir wollten einem Wettbewerber wirtschaftlich schaden.“ Das Medienhaus, das in München die Boulevardzeitung „TZ“ publiziert, ergänzte: „Daher ist die Entscheidung gefallen, jeden Eindruck zu vermeiden, wir könnten Teil eines Versuchs sein, einen solchen wirtschaftlichen Schaden anzurichten. Damit war das Thema einer Erstveröffentlichung dieser Recherchen vom Tisch.“ Die Ippen-Entscheidung löste intern wie extern Kritik aus, das Recherche-Team schrieb einen Brief an Geschäftsführung und Verleger. Auch die Redaktion der zur Gruppe gehörenden „Frankfurter Rundschau“ (FR), die die Recherchen gerne veröffentlicht hätte, solidarisierte sich mit den Kollegen.

Auf die Frage, ob die mögliche Veröffentlichung der Ippen-Recherche mit Verleger Dirk Ippen abgesprochen sei, sagte Knall: „Ich freue mich, dass wir Dr. Ippen überzeugen konnten, wie wichtig es ist, dass wir als Redaktion frei und unabhängig agieren können und dieses Thema es wert ist, publiziert zu werden.“ (dpa)

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