Hamburger Mehr-Theater„Harry Potter und das verwunschene Kind“ feiert Premiere

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Potter

Schauspieler Markus Schöttl als Harry Potter und Schauspielerin Jillian Anthony als Hermine Granger  

Hamburg –  Die Geschichte des kleinen und dann immer größer werdenden Zauberschülers Harry Potter ist in den ersten zehn Jahren dieses Jahrhunderts so ausführlich erzählt worden, dass dieses Wiedersehen in der Gegenwart erst einmal ein Schock ist: Was ist nur aus dem klugen Jungen mit den staunenden Augen hinter großen Brillengläsern geworden?

Das Leben hat Harry (Markus Schöttl), so man muss man leider festhalten, geschliffen, der 40-Jährige trägt nicht mehr viel des einnehmenden Charmes seiner Kindheits- und Jugendjahre in sich: Er ist Abteilungsleiter im Zaubereiministerium, Vater dreier sehr unterschiedlicher Kinder und steckt zweifelsfrei in einer nicht ganz kleinen Sinnkrise. Er ist zum Otto Normalzauberer geworden. Statt gegen dunkle Zauberer und allerlei fiese Viecher zu kämpfen, steht er dem härtesten Gegner seines Lebens gegenüber: Seinem jüngsten Sohn Albus Severus Potter (sehr überzeugend und nicht nur optisch an Rami Malek erinnernd: Vincent Lang), der, von pubertären Zweifeln gegenüber der übergroßen Vaterfigur geplagt, einen ziemlich gefährlichen Plan ausheckt.

Rasante Zeitreise durch die Welt von Harry Potter

Das ist das Setting, das dem Publikum in „Harry Potter und das verwunschene Kind“ bei der Premiere am Sonntag im Hamburger Mehr-Theater präsentiert wurde. Es ist eine rasante Zeitreise durch die Harry-Potter-Welt, aber vor allem eine Weitererzählung, die in ein dunkles Kapitel der Vergangenheit führt: Zum Tod von Cedric Diggory im vierten Band „Harry Potter und der Feuerkelch“.

Auslöser des Durcheinanders ist ein Zeitumkehrer, ein magisches Gerät, das eigentlich längst zerstört sein sollte, weil Zeitreisen alles durcheinander bringen können – wenn sie nicht gerade der nostalgischen Herzenswärmung des Publikums im Mehr-Theater dienen. In der Hogwarts-Welt aber öffnen Albus Potter und Malfoy-Spross Scorpius (Mathias Reiser) mit diesem Gerät Türen, die besser geschlossen geblieben wären. Die beiden ungleichen Freunde wollen Cedric Diggory retten, um ihre Väter zu beeindrucken.

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Während der Sprünge zwischen Gegenwart, alternativen Realitäten und Vergangenheit kehren nicht nur viele der bekannten und eigentlich längst verstorbenen Figuren wieder auf, sondern auch Lord Voldemort (Uwe Serafin) – und mit ihm das totalitäre Regime der Todesser-Zauberer, das nicht von ungefähr an Deutschlands dunkelste Zeit erinnert. Da rutschen nicht wenige der Besucher, die mit Potter aufgewachsen sind tiefer in ihre Sessel. Und der gute alte Harry spielt bei diesem Durcheinander nicht gerade die rühmlichste Rolle.

Mutiges Experiment

Es ist ein mutiges Experiment, das die Potter-Erfinderin Joanne K. Rowling mit diesem Theaterstück gewagt hat, denn sie rüttelt an dem Mythos ihrer eigenen Erfolgsgeschichte. Andererseits ist diese über fünf Stunden dauernde Groß-Inszenierung, die nach fast zwei Jahren pandemiebedingter Theaterpause endlich Premiere feiern durfte, ein Festspiel der lllusionen. Was auf der Bühne unter Einsatz von Technik, aber auch mit allerlei beeindruckenden optischen Tricksereien gezeigt wird, verschlägt dem Besucher mitunter die Sprache. Da fällt dann die ein oder andere erzählerische Schwäche kaum ins Gewicht. Harry Potter war schon immer Magie, Fantasie und Spektakel – insofern ist diese Fortsetzung auf der Theaterbühne nur die konsequente Weitererzählung der Erfolgsgeschichte in die Gegenwart. Die Zuschauer bekommen, was sie erwartet haben. Nur an diesen anderen Harry, der sichtlich mit seinem Erwachsenen-Dasein hadert, werden sie sich wohl nie ganz gewöhnen.

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