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Kölner KunsthausLempertz freut sich über Rekord-Auktion – ein Gemälde toppt alles

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La Tour

„La Fillette au braisier (Mädchen, in ein Kohlebecken blasend“) von Georges de La Tour (1593 – 1652)

Köln – Auf diesen Paukenschlag hatte Lempertz im Jahr seines 175. Geburtstags gehofft: Die 22 Meisterwerke der Sammlung des Unternehmers Hinrich Bischoff (1936 – 2005)  erzielten ein Gesamtergebnis von 8,4 Millionen Euro und ein alles überstrahlendes Einzelresultat:  „La Fillette au braisier (Mädchen, in ein Kohlebecken blasend“) von Georges de La Tour (1593 – 1652) wurde für 4,34 Millionen Euro an ein ausländisches Museum versteigert.

Damit löschte das Kölner Kunsthaus nicht nur den Weltrekordpreis für den Künstler sowie den eigenen Rekord für das teuerste je in Deutschland verkaufte Altmeistergemälde, den man selbst mit einem Werk von Gerard Dou (3,8 Millionen, 2012) aus der bedeutenden Sammlung Frank hielt. Sondern man kommt sehr nah an den absolut höchsten Preis für ein jemals hierzulande versteigertes Kunstwerk. Bei Griesebach war 2018 Max Beckmanns „Ägypterin“ für 4,7 Millionen Euro verkauft worden.

Lempertz-Chef Henrik Hanstein verweist darauf, „dass wir das Angebot der Versteigerung der Sammlung nicht ohne Wettbewerb bekommen haben“, der gegen englische Konkurrenz gewonnen wurde. Man habe vor allem im Ausland Werbung gemacht und von der Vorbesichtigung in Brüssel profitiert. Hanstein: „Es ist mir die größte Freude, dass wir bewiesen haben, dass man am Standort Köln bei entsprechendem Angebot genauso erfolgreich sein kann wie in London und New York.“

Krönung eines erfolgreichen Jahres

Georges de La Tours Ölgemälde, das letzte noch in Privatbesitz befindliche „Nachtstück“  aus dem Spätwerk, krönte das Finale dieses auch zuvor schon lukrativen Auktionsjahrs. Die Glut im Kohlebecken ist die einzige Lichtquelle. Sie  beleuchtet die rechte Hand, die Brust und das Gesicht des bäuerlichen Mädchens in zarten Abstufungen, während sich Kopf und Schulter eher schemenhaft aus der Dunkelheit abzeichnen.

Kein dekorativer Zierrat schwächt hier die Kraft der Komposition: Es gibt nur das Becken, die schon ascheüberkrustete Glut und das Mädchen mit dem Holzscheit, das sich in beinahe heiligem Ernst einzig und allein diesem Feuer widmet. Schon in den 1630er Jahren beschäftigte sich der Maler mit diesem Motiv, wie etwa das Bild eines Jungen mit Lampe im Musée des Beaux-Arts in Dijon zeigt.

La Tour mit kleinem Oeuvre 

Mit nur rund 48 eigenhändigen Gemälden ist das Oeuvre des Lothringers von fast so kostbarer Rarität wie das des Niederländers Jan Vermeer. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war de La Tour für die Kunstwelt zeitweise vergessen, ein Unbekannter, dessen Gemälde sogar anderen Künstlern zugeschrieben wurden. Erst 1915 änderte sich das durch einen bahnbrechenden Aufsatz von Hermann Voss. Weltweit bedeutende Museen kauften die Werke des Franzosen deshalb eher spät.

Der Luftfahrt-Unternehmer Bischoff (Eigentümer der Fluggesellschaft Germania) und seine Frau Ingrid ersteigerten das Mädchenbild 1975, das seither in vielen bedeutenden Ausstellungen, etwa im Prado in Madrid sowie in der Retrospektive im Pariser Grand Palais 1997, präsentiert wurde.

Neben Quinten Massys betender Maria für den zweiten Weltrekordpreis von 1,58 Millionen Euro brachte die Auktion weitere hohe Ergebnisse. So für ein Stillleben mit Weinglas und Zinnteller von Osias Beert dem Älteren, das mit 375 000 Euro rund das Sechsfache seines Schätzpreises erzielte. Auch „Der Geldverleiher“, ein ungewöhnliches Motiv des exzentrischen Marinus van Reymerswalde, lag mit 325 000 Euro über den Erwartungen.

Bei der Abend-Auktion moderner und zeitgenössischer Kunst verzeichnete Lempertz ebenfalls mehrere sechsstellige Ergebnisse, das höchste für einen kadmiumroten, mit Aluminium verzierten  Sperrholzkasten von Donald Judd, der für eine halbe Million Euro den Besitzer wechselte. Emil Noldes „Tosendes Meer“ kostete mit 275 000 Euro das Doppelte der Taxe, seine „Tulpen und Amaryllis“ schlugen mit 225 000 Euro zu Buche.

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