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Mode-FotografiePeter Lindberghs Bildband „Images of Women II“ erscheint

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Sabisha und Jessica Stam, aufgenommen 2007 für die italienische „Vogue“

  • Peter Lindbergh ist nicht einfach nur ein Modefotograf, er strebte immer nach mehr.
  • Im Fokus seines Bandes steht die Frau, doch dabei gilt: „Nichts ist so sexy wie Persönlichkeit“
  • Zu Wort kommen auch Kunsthistoriker Werner Spies, der Filmemacher Wim Wenders und der Dichter Peter Handke

Die erste Begegnung mit Peter Lindberghs Bildband „Images of Women II“ ist eine irritierende Erfahrung. Zufällig in der Mitte aufgeschlagen, zeigt das Buch nicht etwa, wie versprochen, das Bild einer Frau, sondern den kanadischen Filmregisseur David Cronenberg: im Ledermantel, mit Fliege und intensivem Blick.

Er ist nicht allein. Eddie Redmayne, Pascal Gregory, Mads Mikkelsen, Alexander Skarsgard, Luke Campbell, Juan Gatti, Aaron Eckhart und Garrett Hedlund hat der Fotograf (1944-2019) in edlem Schwarz-Weiß verewigt. Und Lara Stone – aber, halt, das ist eine Frau, auch wenn sie bewusst als androgynes Wesen inszeniert wird.

Der Titel will nicht zu ernst genommen werden

Tilda Swinton gehört auch zum Personal des Buches, sie hat die Androgynie bereits 1992 in dem Film „Orlando“ künstlerisch veredelt. Man darf den Titel des Bandes nicht zu ernst nehmen. Was alle Modelle verbindet, ist ihre Attraktivität, ob sie nun Cronenberg oder Kate Moss heißen, Cara Delevingne oder Monica Bellucci, Michelle Williams oder Nadja Auermann. Ihre Attribute stellt Lindbergh, der für die berühmtesten Modemagazine der Welt gearbeitet hat, kunstvoll heraus.

Doch der Mann mit der Kamera wollte mehr. „Nichts ist so sexy wie Persönlichkeit“ war – in der Tradition von Altmeister Richard Avedon – sein Motto. Deshalb suchte er sie zu spiegeln. Herausfordernd, als Femme fatale präsentiert sich die Schauspielerin Milla Jovovich, während sich auf der gegenüberliegenden Seite Dokumentarfilmerin und Ex-Model Farida Khelfa als nachdenkliche Frau definiert. Cara Delevingne ließ sich 2013 für „Interview Magazine“ nackt auf einem Teppich nieder, sie spielte sozusagen Softpornokino. Sollte das Mut zur Grenzüberschreitung  dokumentieren? Oder Spaß an der Provokation?

Eine Metaebene der Modefotografie

Um dem Genre Modefotografie eine Metaebene zu verleihen, bedichten Feingeister wie der Kunsthistoriker Werner Spies, der Filmemacher Wim Wenders und der Dichter Peter Handke Lindberghs Arbeit. Wenders stand gut zehn Minuten lang in einer Pariser Galerie vor einem großen Porträt von Kate Moss, das Lindbergh 1994 aufgenommen hatte. Der Eindruck, der Wenders, wie er sagt, vollkommen unerwartet ansprang, war „Wahrhaftigkeit“. Das musste mehr sein als Modefotografie, dachte er. „Also stand ich da, wie vom Donner gerührt. Kate Moss sah mich an und sagte: ,Das bin ich. Ganz und gar.

Modefotografie oder nicht, aber DAS hier ... BIN ... ICH!“ Spies stellt fest: „Der Fotograf sucht hinter den leisesten Veränderungen von Mienen und Zwischenmienen der Frauen das Rätsel ihrer Anatomie, ihrer Eleganz und ihres Eigensinns.“ So weit kann es die Modefotografie bringen.

Peter Lindbergh: Images of Women II. Photographien 2005-2014. Schirmer/Mosel, 312 S., 327 Abbildungen inklusive 161 Novatone-Tafeln, 49,80 Euro.

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