Nachruf auf Meat LoafEin Mann wie ein Baum, eine Stimme voller Gefühl

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Meat Loaf schwarzweiß

Auf der Bühne ein Ereignis: Meat Loaf 

„Heaven can wait and all the Gods come down here just to sing for me. And the melody's gonna make me fly without pain, without fear.“ „Der Himmel kann warten, und all die Götter kommen herunter, um für mich zu singen. Und die Melodie lässt mich fliegen, ohne Schmerz, ohne Angst.“ Statt wie in diesem Lied von 1977 tritt Meat Loaf nun den umgekehrten Weg an. Oder macht er sich wie eine Fledermaus aus der Hölle, „like a bat out of hell“, auf und davon, wenn der Morgen graut? So oder so, wie seine Familie mitteilte, starb der Sänger nun im Alter von 74 Jahren.

Mit richtigem Namen hieß „Meat Loaf“ Marvin Lee Aday

An dem 1947 in Dallas, Texas, Geborenen war alles eine Nummer größer: Ein Kerl wie ein Baum, mit reichlich Pfunden auf den Rippen. Auch als er 30 Kilo abgenommen hatte, saß da beim Interview immer noch alles andere als ein halbes Hemd vor einem. Und dann diese Stimme, die in die Höhe gehen konnte und in die Breite. Scharfe Töne und Verzweiflung, Aggression und ganz großes Gefühl – all das hatten die Stimmbänder von Marvin Lee Aday, wie er mit richtigem Namen hieß, drauf.

So kam es zum Spitznamen „Meat Loaf“

Sein Football-Coach verpasst ihm den Spitznamen „Meat Loaf“, Hackbraten. Marvin Lee zieht sich den Schuh an und macht Kunst draus. Er gründet eine erste eigene Band, tritt in „Hair“ auf, nimmt ein (erfolgloses) Album mit einer Kollegin aus dem Musical auf. Und er ergattert eine Rolle in der Bühnenfassung der „Rocky Horror Show“, die er auch später in der Kult-Verfilmung spielt: Eddie.

Während dieser Zeit lernt er auch Jim Steinman kennen, der Mann, der die Musik kreiert, die zu Meat Loaf wie die Faust aufs Auge passt: eine einzigartige Mischung aus Rock und Bombast, mit Musical-Elementen – und Texten, die Geschichten erzählen und aus den Songs kleine Opern machen. 1977 ist das wie ein frischer Sturm, der durch Jugendzimmer und Studentenbuden fegt.

Auf der Bühne gibt er alles

Und auch live ist der Mann ein Erlebnis: lange Haare, Rüschenhemden, mit vollem Stimm- und Körpereinsatz, ein Koloss, ein Berserker, dessen Schweiß die Bühne flutet. Später kollabierte er schon mal bei solchen auslaugenden Auftritten, seine Herzprobleme machen es ihm nicht leichter.

Meat Loaf auf der Bühne

Meat Loaf auf der Bühne in Hamburg im Jahr 2007 

Die Themen der Songs rekrutieren sich aus Filmstoffen und Coming-of-Age-Romanen: erste Liebe, erster Sex, das erste gebrochene Herz. „Though it’s cold and lonely in the deep dark night, I can see paradise by the dashboard light.“ Es ist zwar kalt und einsam in der tiefen Nacht, aber Meat Loaf und seine fantastische Duettpartnerin Ellen Foley sehen im Licht des Armaturenbretts das Paradies. Und während dann eine atemlose Reportage von einem Football aus dem Radio das Auto beschallt, kommt sich das Pärchen hörbar näher... Bis sie ausruft: „Bis hierher und nicht weiter!“ Denn bevor er einen Schritt weiter gehen darf, will sie wissen, ob er sie auch morgen noch lieben wird. Und erst will er noch mal eine Nacht drüber schlafen – doch dann überkommt ihn das Gefühl wie eine „Flutwelle“, und er geht vor ihr in die Knie.

Meat Loaf in New York 1980

Meat Loaf zusammen mit „Blondie“-Sängerin Deborah Harry in New York im Jahr 1980 

Das ist alles völlig überdreht, völlig übertrieben – und doch so stimmig. Aber wie so oft: Viele Plattenfirmen winken ab, das frisch gegründete Label Cleveland International Records nimmt sie unter Vertrag. Heute gehört das Album mit 43 Millionen verkaufter Einheiten weltweit zu den erfolgreichsten Platten der Musikgeschichte.

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Steinman und Meat Loaf sind ein kongeniales Paar, dass aber schon auf dem Weg zum nächsten Projekt heillos zerstritten ist. Und so geht das die nächsten Jahrzehnte: Man versöhnt sich, man streitet sich, man versöhnt sich wieder. Beide arbeiten mit anderen zusammen – der vor einem Jahr gestorbene Jim Steinman produzierte Hits für Bonnie Tyler, Barbra Streisand, Celine Dion oder Take That. Aber nie sind die beiden so gut, als in den Momenten, wenn sie zusammen arbeiten. Nun ja, egal an welcher Stelle sie sich im Jenseits treffen, vielleicht raufen sie sich ja wieder zusammen. Und lassen wie im Song „Heaven can wait“ eine „Band von Engeln“ aufspielen. 

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