Originelle Schau in Köln„Schön kaputt! – Restaurieren oder nicht?“ lautet die Frage

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Franz von Lenbach, Damenporträt, um 1890, Privatbesitz

Franz von Lenbachs „Damenporträt“ von 1890

  • Das Wallraf und andere Museen begehen den Europäischen Tag der Restaurierung.

Köln/Bonn – Versonnen, fast melancholisch blickt die schöne Frau am Betrachter vorbei ins Nirgendwo. Franz von Lenbachs „Damenporträt“ von 1890  hat eine magische Aura, obwohl (oder gerade weil?) es durch unsachgemäße Transporte und falsche Lagerung stark ramponiert wurde. Allein das Gesicht blieb wundersam verschont, während die dunkle Farbschicht rundherum an etlichen Stellen abgeplatzt ist.

Das Ölgemälde ist Glanzlicht der kleinen Ausstellung „Schön kaputt! – Restaurieren oder nicht?“, mit der das Wallraf im Graphischen Kabinett (bis 18.10.) seinen originellen Beitrag zum Europäischen Tag der Restaurierung (11. Oktober) leistet. Denn am Damenporträt entzündet sich die fast schon rhetorische Frage, ob erst eine vollständige Restaurierung das Werk wieder voll erlebbar machen würde. Oder ob nicht gerade die Blessuren die Verletzlichkeit des Materials spiegeln und die strapaziöse Zeitreise beglaubigen, die Lenbachs Schöne bis vor unsere Augen hinter sich hat.

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Fast drei Jahrhunderte mehr hat Jan Saenredams „Sündenfall“ schon überstanden, wobei der Titel nicht nur zum Paradies-Motiv passt. Denn irgendwann wurde bei diesem Kupferstich eine Fehlstelle am Rand mit dem Fragment einer anderen Grafik geflickt. Weil das wohl nur mäßig glückte, sollte eine nachträgliche Kolorierung den Makel verdecken. Operation misslungen, Patient tot? „Oder durchaus ausstellfähig?“ wie der Saaltext fragt.

Verblüffende Beispiele

Die kleine Schau macht sinnfällig, dass ästhetischen Verlusten oft ein Erkenntnisgewinn gegenübersteht. Bei der Radierung „Hirt und Hirtin spielen Flöte“ sollte die Haltbarkeit durch ein rückseitig aufgeklebtes Papier verbessert werden.  Leider war kein Blanko-Blatt zur Hand, so dass sich nun ein handschriftlicher Text von hinten ins Motiv drückt. Womit die Geschichte des abwegigen Umgangs mit Kunst um eine Bizarrerie reicher wäre. Zu den verblüffendsten Exemplaren zählt Nicolaus Mettels „Abbildung eines Meerdrachen“ aus dem 18. Jahrhundert. Die Farben des Kupferstichs sind so empfindlich, dass eine Beseitigung der Fehlstelle am rechten unteren Rand heikel wäre. Doch ohnehin sieht diese rötliche Farbwolke so aus, als ob das Untier Feuer spuckte. Ein Makel mit Mehrwert.

Museum Ludwig digital dabei

Das Museum Ludwig beteiligt sich digital unter anderem mit zwei Filmen am Tag der Restaurierung. Da ist einerseits die diffizile Wiederherstellung von Duane Hansons hyperrealistischer Skulptur „Lady with a purse“ zu sehen, die sich bei der Kollision mit einer Schülergruppe den Arm gebrochen hatte.

Vortrag im MAKK

Am Sonntag lädt das Museum für Angewandte Kunst Köln ab 11 Uhr zu einem Vortrag ein. Zuerst schildert Restaurator Karl Tobias Friedrich die Behandlung eines bedeutenden Renaissancebechers, dann skizzieren Nuray Amrhein und Marcus Leifeld dessen Geschichte. (EB) 

Außerdem wird gezeigt, wie Fernand Légers Großformat „Transport des forces“ 2016 erstmals Paris ver ließ und vorsichtig als Leihgabe zur Kölner Léger-Schau befördert wurde. Zu sehen am Sonntag hier. 

Auch das Kunstmuseum Bonn nimmt teil und berichtet ebenfalls digital über ein höchst komplexes  Restaurierungsprojekt. Das knapp drei Meter hohe und fünf Meter breite Gemälde „Ohne Titel (Silbersterne und Goldspiralen)“ von Michael Buthe konnte wegen abblätternder Farbschichten und fragilen Gesamtzustands nicht mehr ausgestellt werden und wurde nach umfassender Recherche von einem Restauratorenteam fachgerecht gesichert. Dazu sind zwei Videos zu sehen.

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