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Serie zu Gerhard Richter (5)Warum mir dieses Bild von Gerhard Richter so gefällt

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In Richters Werk spiegelt sich der Kirchenraum.

In Richters Werk spiegelt sich der Kirchenraum.

Köln – Von meinem Büro im Museum Schnütgen habe ich den Blick auf unsere Museumskirche St. Cäcilien und die dazugehörige Pfarrkirche St. Peter, vielen bekannt als Kunststation St. Peter, an deren Turm jeden Abend der Schriftzug von Martin Creed „SORGE DICH NICHT / DON’T WORRY“ aufleuchtet.

Auch in seinem Inneren ist der lichte spätgotische Kirchenraum von St. Peter ein Ort, an dem man mitten in der lauten Stadt zur Ruhe kommen kann. Durch den ohne Stufen eingeebneten glatten Betonfußboden und das sparsame Mobiliar – zum Beispiel ohne ein frontal ausgerichtetes Kirchengestühl – hat dieser Raum eine Offenheit und unhierarchische Leichtigkeit, durch die er sich von vielen anderen unterscheidet.

Kombination vieler Details macht die Wirkung aus

Andererseits hat er nicht die „Neutralität“ eines Galerieraums, sondern bildet einen festen von den Achsen, der Vertikalität und der Formensprache der gotischen Architektur geprägten Rahmen. Vielleicht ist es diese Kombination von offener Weiträumigkeit und baulicher Hülle, von Modernität und Mittelalter, welche die für das Raumerlebnis entscheidende Distanz zum städtischen Raum und zum eigenen Alltag herstellt.

Hier befindet sich seit 2020 mein Kölner Lieblingswerk von Gerhard Richter, „Grauer Spiegel“. Im Unterschied zu einem normalen Spiegel wirkt das Bild in dieser Scheibe abgedunkelt und besonders tief. Wer davor steht, sieht sich selbst in einer etwas entrückten oder distanzierten Form in diesem Raum.

Die gar nicht selbstverständliche Erfahrung, zu sich selbst und zur unmittelbaren Umgebung einmal etwas Abstand und damit einen Freiraum zum Durchatmen zu finden, ergibt sich im Zusammenspiel aus diesem besonderen Raum und dem dafür ausgesuchten Kunstwerk von Gerhard Richter.

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Zunächst hing „Grauer Spiegel“ 2020 im Rahmen des Kunstprojekts „Replace Rubens“ an der Stelle der „Kreuzigung Petri“ von Peter Paul Rubens, die gerade restauriert wurde. Jetzt hängt er als kostbare Leihgabe des Künstlers an einer anderen Stelle der Kirche.

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