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Und alle schmelzen dahinAndrea Bocelli beglückt 7000 Kölner Fans

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Bocelli

Ergreifend: Andrea Bocelli und Maria Aleida Rodriguez in der Lanxess Arena.

Köln –  Er hört sie. Aber er sieht sie nicht. Doch das, was er hört, Samstagabend in der Lanxess Arena, ist gewaltig. Wenn 7000 Menschen vor Begeisterung juchzen und johlen, wenn sie so oft und so heftig ihre Handinnenflächen aufeinander prallen lassen, dass es klingt wie eine aufrauschende Brandung oder der heftige Regen nach einem Gewitter, dann hat er, einmal mehr, gesiegt.

Sie sehen ihn. Sie hören ihn. Und sie schmelzen dahin. Inzwischen ist Andrea Bocelli 60 Jahre alt. Aber die Strahlkraft seiner Stimme, das, was uns dazu bringt, tief in uns hineinzuhorchen, um dann, endlich, all das preiszugeben, daran zu leiden und es gleichzeitig zu genießen, was in uns schlummert und um Süße, Sehnsuchtserfüllung und Vergebung bettelt, ist noch immer da. So und nicht anders muss ein Weltklasse-Tenor klingen.

Die Ticketpreise für den Sänger aus der Toskana, der im zwölften Lebensjahr, nach langem Kampf, schließlich doch sein Augenlicht verlor, bewegen sich im dreistelligen Bereich. Ein 400-Euro-Jobber müsste für zwei Plätze, je nachdem wo er sitzt, noch gut was drauflegen. Aber der Mann mit dem bugattiblauen Jackett und den geschlossenen Augen tritt auch nicht alleine an. Mit auf der Bühne sind die Neue Philharmonie Westfalen und der KölnChor, als Solisten hinzu kommen ein Gitarren-Duo und ein Flötist, ein Tanzpaar sowie die zwei Sängerinnen Maria Aleida Rodriguez und Ilaria Della Bidia. Wobei Letztere nicht nur im Duett mit Bocelli glänzen dürfen, sondern auch mit eigenen Darbietungen überzeugen können (wunderbar: Della Bidias Version von „Somewhere Over The Rainbow“). Das knapp zweistündige Programm (mit 20 Minuten Pause) in der im Innenraum locker bestuhlten Arena präsentiert einen Mix von Opern-Klassikern (wie „La donna è mobile“ aus Giuseppe Verdis „Rigoletto“ oder Giacomo Puccinis Duett „O soave fanciulla“ aus „La Bohème“ sehr innig mit Rodriguez) und Filmmusik. Bei Letzterer können Chor und Orchester mit opulent dargebrachten Melodien aus Nino Rotas Soundtrack für „Der Pate“ oder Ennio Morricones Umsetzung von „Spiel mir das Lied vom Tod“ punkten. Bei Astor Piazzollas „Libertango“ überzeugen die beiden Gitarristen mit ihrem hoch emotionalen, aber dabei akzentuierten Spiel, auch die Choreografie des Tanzpaars ist ein Genuss, wobei mancher bemängeln könnte, dass sie ihn um Haupteslänge überragt.

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Als „kleines Geschenk“ bringt Bocelli zwei Lieder auf Deutsch („Ich liebe dich“ und „Zuneigung“), Bernsteins Liebeserklärung an „Maria“ aus der „Westside Story“ hört sich an, als sei die gerade erst für ihn erfunden worden. Zwei kleine Minuspunkte gilt es doch zu vergeben.

Open air in Verona wäre das Ganze, an so einem warmen Sommerabend, noch viel schöner gewesen. Und die Videos (Schnee überm Eiffelturm oder der betende Bocelli vor der Muttergottes zu „Ave Maria“, ihr den Schleier vom Kopf ziehend, eine Rose niederlegend) passen nicht immer zur Jahreszeit oder bewegen sich hart an der Grenze zum Kitsch.

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