„Deutsche Arroganz zum Ko…“Ex-Vizekanzler Gabriel irritiert mit Aussagen zu Katar

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Sigmar Gabriel dpa 301022

Sigmar Gabriel (SPD), Vizekanzler und Bundesminister a.D. (Archivbild)

Berlin – Am 20. November beginnt die umstrittene Fußballweltmeisterschaft in Katar. Zu der anhaltenden Kritik am Gastgeberland, dem diverse Menschenrechtsverstöße vorgeworfen werden, hat sich nun auch Ex-Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) zu Wort gemeldet. „Die deutsche Arroganz gegenüber Qatar ist ‚zum Ko…‘!“, schrieb der SPD-Politiker am Samstag bei Twitter.

„Wie vergesslich sind wir eigentlich?“, fragte Gabriel weiter. „Homosexualität war bis 1994 in D strafbar. Meine Mutter brauchte noch die Erlaubnis des Ehemanns, um zu arbeiten. „Gastarbeiter“ haben wir beschissen behandelt und miserabel untergebracht“, führte der SPD-Politiker aus.

Auch Deutschland hätte „Jahrzehnte gebraucht, um ein liberales Land zu werden“, heiß es weiter. „Fortschritt kommt nicht über Nacht, sondern Schritt für Schritt.“ Das habe für Deutschland gegolten und gelte nun ebenso auch für Katar, erklärte Gabriel, der anführte, die UNO würde Katar für seine Reformen loben. „Nur wir Deutschen beleidigen es jeden Tag.“

Sigmar Gabriel bezeichnet Kritik an Katar als „deutsche Arroganz“

In einem weiteren Tweet legte Gabriel dann noch einmal nach. Er sei gespannt, „was wir zur Fußball-WM in Mexiko sagen“. Dort würden „pro Jahr etwa 1.000 Frauen ermordet“, die Dunkelziffer liege noch weit höher, so Gabriel. „Mal sehen, ob wir mit einem christlich geprägten Land genauso hart ins Gericht gehen, wie mit einem muslimischen“, beendete Gabriel seine Wortmeldungen.

Für seine Aussagen erntete Gabriel am Wochenende viel Kritik. „Sie haben doch einen Sprung in der Schüssel mit Ihrer Despotenversteherei“, fand Volker Beck, ehemaliger Bundestagsabgeordneter für die Grünen, deutliche Worte. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Konstantin von Notz, kommentierte Gabriels Worte unterdessen mit einem Zitat: „Wes Brot ich fress, des Lied ich sing, des Knecht ich bin“, schrieb von Notz und benannte dies sarkastisch als „alte katarische Volksweisheit“.

Kritik an Katar-Aussagen von Sigmar Gabriel von allen Seiten

„Menschenrechte zu achten, ist keine Arroganz“, kommentierte derweil die FDP-Politikerin Franziska Müller-Rech. Auch der CDU-Politiker Dennis Radtke kritisierte Gabriel scharf. „Diese Relativierung von Sigmar Gabriel ist unerträglich“, befand Radtke, der für die CDU im Europa-Parlament sitzt. „Haben wir den Gastarbeitern auch die Pässe weggenommen? Wie viele Gastarbeiter haben ihr Leben gelassen unter katastrophalen Arbeitsbedingungen? Wurde Homosexualität in Deutschland mit der Todesstrafe bestraft?“, hatte Radtke zuvor in Richtung Gabriels gefragt.

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Die Menschenrechtsbeauftragte Luise Amtsberg verzichtet am Sonntag unterdessen auf ihre ursprünglich geplante Mitreise mit Innenministerin Nancy Faeser (SPD) am Montag nach Katar. Die jüngsten Entwicklungen hätten verdeutlicht, wie schwierig es im Vorfeld der Fußball-WM sei, mit der katarischen Regierung „die von mir geplanten offenen und auch kritischen Gespräche über die Menschenrechtslage in Katar zu führen“, erklärte Amtsberg. Daher habe sie sich entschlossen, die Reise zu einem späteren Zeitpunkt zu unternehmen.

Menschenrechtsbeauftragte Amtsberg verzichtet auf Katar-Reise

Faeser hatte zuvor mit Kritik an dem WM-Ausrichter empörte Reaktionen des Emirats und anderer Golf-Monarchien hervorgerufen. Die auch für Sport zuständige Bundesinnenministerin hatte dem ARD-Magazin „Monitor“ mit Blick auf das WM-Gastgeberland und die dortige Menschenrechtslage gesagt: „Für uns als Bundesregierung ist das eine total schwierige Vergabe.“ Es wäre besser, „dass das nicht in solche Staaten vergeben wird“, fügte sie hinzu. (mit afp)

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