„Mehrheitlich äußerst kritisch“Was die Umfrage im Erzbistum Köln ergeben hat

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Woelki stellt Ergebnisse vor

Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbischof von Köln

Köln – Müsste über dieses „Bild“ gepredigt werden, die Bibel hätte eine ganze Fülle an Vorlagen dafür: Kain und Abel aus dem Alten Testament oder die ungleichen Brüder aus dem Matthäus-Evangelium beispielsweise. Denn dort sitzen zwei nebeneinander, die bezeichnen sich als Brüder und fühlen sich offensichtlich doch nicht recht wohl in ihrer Nachbarschaft: Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki und sein ehemaliger apostolischer Verwalter Weihbischof Rolf Steinhäuser. Ein kurzer Gruß, starrer Blick und dann zur Sache. Woelki und Steinhäuser stellen die Ergebnisse der Online-Befragung im Erzbistum Köln zur vom Papst ausgerufenen Weltsynode.

Worum geht es bei der Weltsynode?

Unter anderem darum, dass Papst Franziskus das „Volk Gottes“ zu Wort kommen lassen will. Mit der Weltsynode will der „Heilige Vater“den Weg zu einer synodalen Kirche einschlagen, also zu einer demokratischeren. In den weltweit über 3000 Diözesen werden darum die Menschen befragt, was sie bewegt, wenn es um Gegenwart und Zukunft der katholischen Kirche geht. Im Bistum Köln wurde dafür eine Online-Befragung gestartet.

Sie begann am 1. Februar und endete am 18. März. Zehn Themenblöcke waren vorgegeben, allerdings so „weich“ formuliert, dass es kaum Einschränkungen gab. Ein paar Beispiele: „Zusammen gehen“, „Frei und offen sprechen“ oder auch „Geistlich entscheiden“. Teilnehmen konnte jeder, der wollte. Die Eingaben sind für alle einsehbar auf der Internetseite des Bistums.

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Was geschieht mit den Eingaben?

Das Bistum hat eine Agentur mit der Auswertung beauftragt. Am vergangenen Wochenende tagte der Diözesanpastoralrat in erweitertem Kreis, um aus dem Konvolut der Eingaben eine zehnseitige Zusammenfassung zu erarbeiten. Die geht an die Deutsche Bischofskonferenz. Dort wird wiederum eine Zusammenfassung aller Umfrageergebnisse aus den 27 deutschen Bistümern erfolgen, die nach Rom geht.

Zurückhaltung von Schülern gefordert?

Vereinzelte Schulleitungen von erzbischöflichen Schulen sollen ihre Schüler aufgefordert haben, sich bei der Tagung des Diözesanpastoralrates am vergangenen Wochenende zur Auswertung der Umfrage mit Protesten zurückzuhalten. Woelki räumt das ein, er habe aber davon im Vorfeld nichts gewusst. Im Gegenteil sei er auf protestierende Studenten zugegangen und habe sie zu der Versammlung gebeten. Er werde nun mit der Leitung des Schulreferates in der Bistumsverwaltung über den Vorgang reden und ihn aufklären. (ngo)

Wie war die Beteiligung im Bistum Köln?

5432 Beiträge und 1247 Kommentare sind auf der Plattform des Bistums Köln eingegangen, in dem 1,8 Millionen katholische Christen leben. Hätten sich nur Katholiken beteiligt – die Plattform war für jedermann zugänglich –, läge die Beteiligung gerade mal bei 0,3 Prozent. Dennoch ist Weihbischof Steinhäuser zufrieden: „Ich habe mir die Ergebnisse aus dem Bistum Münster angeschaut. Dort nahmen nur 200 Menschen teil.“ Frank Reintgen. Mitglied im Synodalteam, zu der Beteiligung: „Es ist ein erster Schritt, und den finde ich bemerkenswert.“

Was bewegt die katholische Basis?

Das lässt sich nicht in wenige Worte und Zahlen fassen. Die Themenbereiche wurden nicht übergreifend, sondern jeder für sich ausgewertet. Die meisten Beiträge (1085) gingen in der Kategorie „Schnelle Rückmeldungen“ ein – wohl auch, weil die anderen Kategorien sehr unkonkret gefasst wurden. An den „Schnellen Rückmeldungen“ wird die Tendenz klar: Die meisten Stichwortgeber wünschen sich eine Erneuerung: „Ämter unabhängig von Geschlecht und sexueller Orientierung vergeben, Pflichtzölibat aufheben, kirchliches Arbeitsrecht reformieren, Missbrauchsfälle vollständig und offen aufklären, Amtsträger müssen Vorbilder sein“ – und natürlich treibt die Personaldebatte zu Woelki um, wobei nicht in der Masse wie beispielsweise die Sexualmoral.

Wie geht Woelki mit den Beiträgen um?

Immer wieder greift er in seinen Redebeiträgen zur Vorstellung der Ergebnisse das Ansinnen des Papstes nach einer synodaleren Kirche auf. Ein Begriff, den Woelki noch vor seiner Auszeit mahnend mit einer „Protestantisierung“ gleichsetzte. Auch übt er sich in einer veränderten Einstellung gegenüber Kirchenmitarbeitern mit unterschiedlichen sexuellen Präferenzen: „Also mit Menschen, die queer sind, sagt man ja heute, glaube ich“, so der Kardinal. Offen spricht er auch an, dass sich viele Beitraggeber an seiner Rückkehr auf den Bischofsstuhl stoßen. „Die Rückmeldungen sind mehrheitlich äußerst kritisch, die Stimmen zur Versöhnung weniger“, so Woelki. Und was löst das bei ihm aus? „Sie sehen, ich kann noch lachen.“ Inhaltlich weicht er allerdings dem Konflikt zwischen den Eingaben und seiner eigenen, theologisch konservativen Einstellung aus. „Ich bin nur als Bote gefragt“, verweist er darauf, dass die Ergebnisse „Rom“ übermittelt werden.

Was macht die Kirche mit dem Ergebnis?

Es beginnt nun erst einmal ein langer Weg der Zusammenführung aller Umfrageergebnisse aus den über 3000 Diözesen der katholischen Kirche weltweit. Doch Woelki versicherte bei der Vorstellung, er werde die Zusammenfassung aus dem Bistum Köln nicht nur über die Bischofskonferenz weiterleiten, sondern zudem auch noch persönlich in Rom vorlegen – wenn er auch noch nicht weiß, an welcher Stelle des Verwaltungsapparates im Vatikan. Was in der Macht des Bistums stehe, das wolle er angehen.

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In der kommenden Sitzung des Diözesanpastoralrates werde es um die Reform des Arbeitsrechts im Bistum gehen, berichtet Woelki. Theoretisch droht Menschen, die offen in nicht heterogenen Beziehungen leben, Entlassung. Woelki versichert, er habe das nie praktiziert. Und welche Probleme geht Rom an? „Ich hoffe, es werden die sein, die den Menschen in Deutschland auf den Nägeln brennen“, sagt Woelki – und verweist damit indirekt auf Bistümer in Afrika oder Lateinamerika, die Reformen kritisch entgegenstehen.

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