Ampel-KoalitionDas Ende für Paragraf §219a – der richtige Weg?

Lesezeit 3 Minuten
Neuer Inhalt

Teilnehmer einer Demonstration zum Internationalen Frauentag halten ein Schild mit der Aufschrift «Weg mit Paragraf 219a - My Body - my Choice». (Archivbild)

Berlin – Die Ampel-Koalition will das umstrittene Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche abschaffen. Außerdem sollen Ärzte und Betroffene besser vor Anfeindungen geschützt werden. Seit Jahren kämpfen Ärzte und Sozialverbände für die Abschaffung des umstrittenen Abtreibungsparagrafen 219a. Die Ampel-Koalition will das Werbeverbot nun streichen. Was bedeutet das für Frauen, die eine ungewollte Schwangerschaft beenden wollen?

Die Ärztin Kristina Hänel wurde 2017 vom Amtsgericht Gießen verurteilet, weil sie auf ihrer Webseite über Schwangerschaftsabbrüche informierte, die sie in ihrer Praxis vornimmt. Jetzt – vier Jahre später – kündigt die Ampel-Koalition an, den Paragrafen 219a aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Das umstrittene Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche wird somit abgeschafft.

Warum wurde die Regelung eingeführt?

Paragraf 219a verbietet „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“. Damit soll sichergestellt werden, dass eine Abtreibung nicht als normale Dienstleistung angesehen wird. Gemeint ist damit aber nicht nur Werbung, sondern fast jegliche Art der Information, die ebenfalls als strafbar eingestuft wird. Im Jahr 2019 wurde der Paragraf reformiert – seitdem dürfen Ärzte zwar darüber informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Öffentlich zu machen, welche Methoden es gibt, um eine Schwangerschaft zu beenden, ist aber weiterhin verboten.

Was steht im neuen Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien?

Unter dem Punkt „Reproduktive Selbstbestimmung“ steht im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP: „Wir stärken das Selbstbestimmungsrecht von Frauen. Wir stellen Versorgungssicherheit her. Schwangerschaftsabbrüche sollen Teil der ärztlichen Aus- und Weiterbildung sein. Die Möglichkeit zu kostenfreien Schwangerschaftsabbrüchen gehören zu einer verlässlichen Gesundheitsversorgung. Sogenannten Gehsteigbelästigungen von Abtreibungsgegnerinnen und Abtreibungsgegnern setzen wir wirksame gesetzliche Maßnahmen entgegen. Wir stellen die flächendeckende Versorgung mit Beratungseinrichtungen sicher. Schwangerschaftskonfliktberatung wird auch künftig online möglich sein. Ärztinnen und Ärzte sollen öffentliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen können, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen. Daher streichen wir § 219a StGB.“ Außerdem halten sie fest: „Schwangerschaftsabbrüche sollen Teil der ärztlichen Aus- und Weiterbildung sein.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Was bedeutet das für Frauen, die abtreiben wollen?

Durch die Streichung von Paragraf 219a werden sich Frauen künftig besser und leichter mit fachlich abgesicherten Informationen über einen Schwangerschaftsabbruch informieren können. Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, haben zudem künftig keine Strafverfolgung mehr zu befürchten. Die Ampel-Koalition kündigt außerdem an, die medizinische Versorgungslage der Frauen verbessern zu wollen. Seit Jahren sinkt die Zahl der Arztpraxen und Kliniken in Deutschland, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Waren es laut dem Statischen Bundesamt 2003 noch rund 2050 Meldestellen, sank ihre Zahl auf nur noch 1109 im vergangenen Jahr. Bisher werden Schwangerschaftsabbrüche im Medizinstudium nicht gelehrt und anfallende Kosten von den Krankenkassen nicht übernommen – auch das soll sich künftig ändern. Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche anbieten, sind immer wieder Einschüchterungen durch Abtreibungsgegner ausgesetzt. Letztere versuchen außerdem, die Entscheidung von Frauen, die eine Praxis oder Klinik betreten oder eine Schwangerschaftskonfliktberatung in Anspruch nehmen, mit manipulierten Informationen emotional zu erschweren. Die Ampel-Koalition kündigt gesetzliche Maßnahmen gegen derartige Belästigungen an.

Wer befürwortet den bisherigen Paragraf 219a?

Union und AfD sind für die Beibehaltung des Paragrafen 219a und hatten eine Streichung nicht in ihren Wahlprogrammen mit aufgenommen. „Das Werbeverbot soll verhindern, dass Informationen und Geschäftsinteressen vermischt werden“, sagte die CDU-Abgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker der Bild am Sonntag. „Dass die Ampel den Paragraf 219a streichen will, überrascht mich nicht. Das Ungeborene spielt dabei anscheinend keine Rolle.“ Zu den Befürwortern von §219a zählt auch die katholische Kirche, die bereits eine Reform für „überflüssig“ hielt. Frauen könnten „bereits heute vielfältige Informationen aus unterschiedlichen Informationsquellen erhalten“, sagte der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, 2019.

Rundschau abonnieren