An DiözesanratWie Kölns Kardinal Woelki mit einem Schreiben für Ratlosigkeit sorgt

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Woelki zerknirscht

Kardinal Rainer Maria Woelki

Köln – Sie leben im selben Erzbistum – und anscheinend doch in zwei verschiedenen Welten. Wie weit mittlerweile die Sichtweise von Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki und großen Teilen der Laien sowie Priesterschaft auseinanderliegen, wurde bei der außerordentlichen Vollversammlung des Diözesanrates am vergangene Mittwoch erneut deutlich.

Während das Laiengremium nach der Sitzung erklärte: „Mit Kardinal Woelki haben wir jetzt einen toten Punkt erreicht. Wir nehmen mit Bitterkeit wahr, dass wir nicht mehr weiter kommen“, schrieb der Kardinal in einem vierseitigen Brief an die Vollversammlung, der der Rundschau vorliegt: „Es ist nicht so, dass ich nicht verstehen könnte, wie schwer vielen von Ihnen bei all den Fragen, Unsicherheiten und Enttäuschungen das beherzte Anpacken gerade fällt. Dennoch möchte ich sie aus ganzen Herzen dazu einladen.“

Woelki sieht sich auf dem richtigen Weg

Auf der er einen Seite der klare Aufruf dazu, dass der Kardinal persönliche Konsequenzen aus dem Missbrauchsskandal und den zerrütteten Verhältnissen im Bistum ziehen soll. Auf der anderen Seite ein Brief, in dem sich der Kardinal in allem auf dem richtigen Weg sieht – ob bei der Aufklärung der Missbrauchsfälle oder dem Anstoßen von Reformen – und die Laien bittet, „dass Sie mir da ein Stück entgegenkommen mögen“.

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Vollkommen unterschiedliche auch die Wahrnehmung des Rücktrittsangebotes von Kardinal Marx und die Antwort des Papstes darauf. Kurzbach kündigt an, er werde Woelki am Samstag im Diözesanpastoralrat dazu auffordern: „das Fleisch auf den Grill zu legen, wie es auch der Heilige Vater in seinem Schreiben an Kardinal Marx fordert.“ Während er damit die wohl ultimative Übernahme von Verantwort meint, greift Woelki das selbe Zitat aus dem Papstschreiben auf, um wohl zu verdeutlichen, dass sein Fleisch bereits auf dem Grill liege und dort auch noch länger liegen bleiben soll: „In den persönlichen Gesprächen mit den Betroffenen (von sexueller Gewalt; Anm.d.Red) – ich versuche wöchentlich ein bis zwei Gespräche zu führen und so meinem Versprechen von März nachzukommen – wächst die Scham und Erschütterung, ein starker Impuls zur Erneuerung und die Einsicht in passende Reformen.“

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Selbst den direkten Dialog zwischen ihm und dem Diözesanrat nimmt Woelki ganz anders war, als die Mitglieder des Gremiums. Fünf Stellungnahmen hat der Diözesanrat bei seiner außerordentlichen Vollversammlung auf die Tagesordnung gesetzt, mit dem Vermerk, zu keiner gebe es eine Reaktion des Kardinals. „Dabei muss es sich doch um ein großes Missverständnis handeln!“, geht Woelki in seinem Brief darauf ein. „Selbstverständlich nehme ich die Stellungnahmen des Diözesanrates deutlich zur Kenntnis. Und nicht nur das. Sie haben mit Ihren Stellungnahmen auch Einfluss auf mein Handeln und Planen. Doch es kann doch auch nicht sein: öffentliche Stellungnahme an öffentliche Stellungnahme zu reihen. Viel angemessener ist es doch, dass in verschiedenen Gesprächen auf unterschiedlichen Ebenen Vertreter des Erzbistums und auch ich selbst mit ihnen diesen Dialog gepflegt haben.“ Der Diözesanrat dazu: „Kardinal Woelki ist zu den Vollversammlungen eingeladen, hat daran jedoch seit mehreren Jahren nicht teilgenommen.“

„Verschobene Wahrheit“

Mit einem Bibelzitat, das er nicht „als fromme Soße“ verstanden haben möchte schließt der Kardinal seinen Brief. Er wünscht der Vollversammlung Gottes Beistand. „Ich hoffe dabei zutiefst, dass die Ergebnisse den fruchtbringenden Dialog zum Wohle der weiteren Entwicklung unseres Erzbistums bereichern.“

Anderthalb Stunden vor Sitzungsbeginn erreichte das vierseitige Schreiben den Diözesanrat und lässt ihn ratlos zurück: „Die Teilnehmenden nähmen den Briefes als „verschobene Wahrheit wahr“, sagt Kurzbach.

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