Analyse zur KanzlerkandidaturArmin Laschet befindet sich schon auf der Zielgeraden

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Armin Laschet

Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen

Düsseldorf – Schon wieder so eine Umfrage. Im aktuellen ZDF-Politbarometer trauen 53 Prozent der Bevölkerung eher dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder zu, das Zeug zum nächsten Kanzler zu haben, als ihm, Armin Laschet, den magere 28 Prozent für den geeigneten Nachfolger von Angela Merkel halten. Trotzdem wirkt der nordrhein-westfälische Ministerpräsident nach vier Wochen im Amt als CDU-Parteichef und kurz nach seinem 60. Geburtstag am 18. Februar mit sich und der Welt zufrieden.

Wenn er in den nächsten Wochen keinen gravierenden Fehler macht, dürfte ihm die Kanzlerkandidatur kaum zu nehmen sein. Nicht einmal vom beim Volk so viel beliebteren Markus Söder.

Der Pandemie-Bonus

Laschets persönliche Beliebtheitswerte sind das Eine. Insgesamt aber profitiert die Union in der Corona-Pandemie. Die Werte von CDU und CSU liegen seit Monaten stabil bei 35 Prozent und darüber. Sie sind nicht eingebrochen, nachdem Laschet zum Parteichef gewählt wurde und damit ernsthaft im Raum steht, dass er nächster Regierungschef werden könnte. Die schlimmste Phase der Corona-Pandemie mit der Phase des Kontrollverlusts über die Infektionszahlen und dem verstolperten Impfstart scheint außerdem überstanden.

Armin Laschet hat deshalb Anlass zur Hoffnung, dass das Vertrauen, das Bundeskanzlerin Angela Merkel bei großen Teilen der Bevölkerung genießt, die Union noch bis zur Bundestagswahl am 26. September trägt. Traditionell hat die CDU in der K-Frage das Vorschlagsrecht und damit auch das erste Zugriffsrecht. Warum sollte es Laschet jetzt nicht selbst machen? So leicht und geschmeidig, ganz ohne Rütteln am Zaun, wäre – Stand jetzt – schon lange keiner mehr gen Kanzleramt gezogen.

Die wichtigen Landtagswahlen

Wenn die Wahlen zu den Landesparlamenten in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz für die CDU am 14. März nicht völlig desaströs ausgehen, können nicht einmal sie Armin Laschet auf seinem Weg zur Kanzlerkandidatur ausbremsen. Er selbst ist darum bemüht, den Wahlen keine große Bedeutung für die politische Großwetterlage zuzusprechen, was natürlich auch nicht ganz stimmt.

Wenn die CDU in Baden-Württemberg, wo sie als Juniorpartner in einer grün-schwarzen Landesregierung mitregiert, aus der Regierung fliegt, wäre das unschön. Allerdings ist sie eben auch nur Juniorpartner. Der Verlust eines CDU-Ministerpräsidenten würde für Laschet deutlich härter ins Kontor schlagen.

In Rheinland-Pfalz dagegen wäre ein Überraschungserfolg des dortigen Spitzenkandidaten Christian Baldauf gegen die beliebte Landeschefin von der SPD, Malu Dreyer, Rückenwind für die CDU. Bleibt sie dort in der Opposition, würde das aber auch nicht unbedingt Laschet angekreidet. Dreyer ist wie Kretschmann in Baden-Württemberg beliebt.

Die Lust aufs Kanzleramt

Auch dass Laschet die Kanzlerkandidatur will, ist inzwischen unbestritten. Das ist noch nicht lange so. In den langen Monaten des parteiinternen Wahlkampfs um den CDU-Vorsitz beklagte zuletzt selbst sein Team-Kollege Jens Spahn mangelnden Kampfgeist beim nordrhein-westfälischen Landeschef. Beim Parteitag dann hat Laschet gekämpft. Er hielt die mit Abstand beste Rede im Duell mit Friedrich Merz und Norbert Röttgen.

Einen Hinweis, wie er die CDU nach Merkel führen will, blieb er in den ersten Wochen schuldig. Dafür konnte man zuletzt den Eindruck gewinnen, er befinde sich schon mitten im Wahlkampf gegen Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, als er diesen in der Debatte um den Wirtschaftsweisen Lars Feld, dessen Amtszeit auf Wunsch der SPD nicht verlängert wurde, „einen Apparatschik“ seiner Partei nannte.

Der Zugzwang als CDU-Chef

Laschet bleibt allerdings auch gar nichts anderes übrig, als die Kanzlerkandidatur zu übernehmen, wenn er als CDU-Parteichef nicht in kürzester Zeit scheitern will. Die Partei ist orientierungslos und verlangt nach Führung. Einen neuen Chef, der dann aber dem Vorsitzenden der Schwesterpartei den Vortritt lässt und selbst als Landeschef in Nordrhein-Westfalen weitermacht, würde als schwach empfunden – und würde die CDU schwächen.

Selbst Christdemokraten, die lieber Merz als ihn als Vorsitzenden gehabt hätten, würden einen Rückzieher nicht gut finden. Man hat sich an den kurzen Draht ins Kanzleramt gewöhnt – und ist misstrauisch, ob es den mit Markus Söder genauso geben könnte. Manchen ging außerdem die Charme-Offensive Söders in Richtung der Grünen ein bisschen zu weit. Für viele in der Union ist eine schwarz-grüne Koalition, die derzeit im Bund eine Mehrheit hätte, keine wünschenswerte Option.

Die fehlenden Rufe nach Söder

Söder, der aus seinen wahren Ambitionen weiter ein Geheimnis macht, von dem aber berichtet wird, dass er es schon wollte, wenn man ihn denn fragte, hat sich zuletzt immer wieder für einen möglichst späten Zeitpunkt der Kandidaten-Kür ausgesprochen. Erst zwischen Ostern und Pfingsten, im April also, sollen die Würfel fallen. Bis dahin müssten sich schon mehrere Unionspolitiker von Gewicht zu Wort melden und offensiv fordern, dass Söder es machen soll, damit Laschet es nicht macht.

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Volker Bouffier, Daniel Günther, Michael Kretschmer oder der Fraktionschef im Bundestag, Ralph Brinkhaus, zum Beispiel. Aber wie sollten sie das öffentlich fordern, ohne ihren neuen Parteichef erheblich zu beschädigen? Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat bereits öffentlich erklärt, dass Laschet nun als CDU-Parteichef „der natürliche Kanzlerkandidat“ sei. Es müsste viel zusammen kommen, damit Markus Söder noch eine Chance bekommt. Die Umfragen müssten deutlich einbrechen, die Landtagswahlen krachend verloren werden – oder Armin Laschet müsste sich in den nächsten Wochen einen unverzeihlichen Fehler leisten.

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