Taktisches WählenWie man als Wähler Laschet, Scholz oder Baerbock verhindern kann

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Wahlurne Symbolbild

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Köln – So offen wie bei der Bundestagswahl am Sonntag war das Rennen lange nicht – viele Koalitionen sind möglich. Lassen sich durch taktisches Wählen unliebsame Bündnisse und Kandidaten verhindern?

Wie funktioniert taktisches Wählen?

Normalerweise wollen Wähler mit ihrer Stimme einen Kandidaten oder eine Partei unterstützen. Doch wer taktisch wählt, will meist eher ein nicht gewolltes Ergebnis verhindern. Beispiel: Ein CDU-Anhänger, der keine Neuauflage der Großen Koalition wünscht, könnte zwar mit seiner Erststimme den CDU-Kandidaten in seinem Wahlkreis, mit der Zweitstimme aber alles außer CDU und SPD wählen. Das wäre dann eine sogenannte Leihstimme, mit der er beispielsweise die FDP oder die Grünen stützen könnte, wenn er die Chance einer Jamaika-Koalition erhöhen möchte.

Welche Optionen gibt es bei der Wahl 2021?

Es ist überhaupt nicht klar, welche Parteien nach der Wahl eine Koalition eingehen könnten. Aktuell ist die Wahrscheinlichkeit für zwei Optionen am höchsten: eine Ampel (SPD, FDP, Grüne) oder eine Jamaika-Koalition (CDU, FDP, Grüne). Doch auch weitere Bündnisse sind möglich, etwa eine erneute Große Koalition oder ein Bündnis aus SPD, Union und FDP. Weder von der SPD noch von den Grünen ausgeschlossen ist die Zusammenarbeit mit den Linken. Weniger Chancen gibt es derzeit etwa für Rot-Grün oder Schwarz-Grün. Die AfD spielt bei keiner Konstellation eine Rolle.

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Kanzlerkandidaten verhindern – wie geht das?

Wer gegen Armin Laschet als Kanzler ist, sollte seine Zweitstimme auch nicht unbedingt Grünen oder FDP geben. Sie könnten in einer Jamaika-Regierung Laschet zum Kanzler wählen. Dagegen erscheint eine Fortsetzung der Groko unwahrscheinlich. Mit einer Stimme für die SPD könnte Laschet also womöglich verhindert werden. Wer ganz sicher gehen will, müsste Linke oder AfD wählen.

Auch um Olaf Scholz oder Annalena Baerbock zu verhindern, gibt es Optionen. Mit einer Stimme für die CDU etwa. Aktuell spricht wenig dafür, dass die Union als Juniorpartner in eine Groko geht, Kenia (SPD, Union, Grüne) in Erwägung zieht oder eine „Deutschland-Koalition“ (Union, SPD, FDP) gutheißt. Weil die Grünen in Umfragen auf Platz drei liegen, könnte eine Stimme für die SPD es auch für Baerbock schwieriger machen, Kanzlerin zu werden. Stimmen für Grüne oder Linke könnten wiederum Scholz nützen. Sogar wer die AfD wählt, könnte am Ende mit Olaf Scholz als Kanzler aufwachen. Dies gilt aber nur für Wähler, die von der CDU abwandern – sie schwächen die Partei gegenüber der SPD.

Und wie sieht es bei den Koalitionen aus?

Konservative Parteien warnen vor einem rot-rot-grünen Linksbündnis. Um dies zu verhindern, könnten taktische Wähler ihre Stimme der SPD geben. Das Kalkül wäre, dass es dann für Rot-Grün reicht. Auch mit der Wahl von Grünen und FDP könnte sich dieser Effekt einstellen – mit einer Stimme für die CDU natürlich ebenso. Dagegen könnte ein Kreuzchen bei der AfD die Regierungsbeteiligung der Linken sogar wahrscheinlicher machen, weil eine starke AfD Zweierbündnisse schwächt.

Grünen-Wähler, die keine Koalition mit Union und FDP möchten, könnten ihre Stimme der SPD leihen. Wer nicht nur Laschet als Kanzler verhindern, sondern auch FDP-Chef Christian Lindner nicht an der Macht sehen will, müsste die Linken stärken und auf Rot-Rot-Grün hoffen.

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