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Corona-KriseBundesweites Chaos beim Abitur abgewendet

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Abitur Symbolbild

Symbolbild.

Düsseldorf – Die Abiturprüfungen können trotz Coronakrise in diesem Jahr stattfinden. Die Kultusminister der Länder haben sich nach eigenen Angaben am Mittwoch auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt. Danach kann nun jedes Bundesland entscheiden, ob es die Prüfungen, insbesondere die schriftlichen Abiturprüfungen, zum geplanten oder zu einem Nachholtermin bis zum Ende des Schuljahres abhält – sofern das Infektionsschutzgesetz dies zulässt. Eine Absage von Prüfungen sei nicht notwendig, hieß es.

Anerkennung der Abschlüsse stand auf dem Spiel

Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) will die genaue Planung für NRW – auch zu den anderen Abschlussprüfungen – am Freitag vorstellen. „Nordrhein-Westfalen wird die Abiturprüfungen nicht absagen“, stellte Gebauer klar.

Schleswig-Holstein hatte tags zuvor als einziges Bundesland angekündigt, die Prüfungen ausfallen zu lassen. Stattdessen sollten die Abschlusszeugnisse auf Basis der bisherigen Noten vergeben werden. In Berlin hatte es ähnliche Überlegungen gegeben. Damit stand unter den Ländern auch die gegenseitige Anerkennung der Abschlüsse auf dem Spiel. In NRW beginnt die schriftliche Abiturprüfung regulär am 21. April und dauert bis zum 5. Mai.

„Wir haben in der Ländergemeinschaft intensiv über verschiedene Szenarien diskutiert“, sagte Gebauer. Dabei sei es um die grundsätzliche Frage gegangen, ob die Abiturprüfungen abgesagt oder verschoben würden. „Es ist unbestritten, dass es in den einzelnen Ländern unterschiedliche Voraussetzungen für die Durchführung der Prüfungen gibt“, kam die Ministerin ihren Amtskollegen entgegen.

NRW habe sich jedoch dafür ausgesprochen, dass die Abiturprüfungen nach Möglichkeit stattfinden sollen, sofern die weiteren Entwicklungen es zulassen. „Diese Position teilen alle 16 Bundesländer“, betonte die Ministerin. Entscheidend sei, dass dieser Abiturjahrgang sich darauf verlassen könne, dass ihm keine Nachteile entstünden. „Wir haben uns deshalb in der Ländergemeinschaft noch einmal einstimmig darauf verständigt, die diesjährigen Abschlüsse unabhängig von ihrem Zustandekommen gegenseitig anzuerkennen.“ Die Länder können dieses Jahr aber ausnahmsweise auf zentrale Elemente aus dem bundesweiten Aufgabenpool verzichten und diese durch eigene Aufgaben ersetzen.

Warnung vor dem Chaos

Zuvor hatten Stimmen aus Lehrerverbänden, Politik und Gewerkschaften bundesweit einheitliche Regelungen angemahnt und vor einem „Abi-Chaos“ gewarnt. Es bestehe sonst die Gefahr, dass beispielsweise Bayern das Abitur aus Schleswig-Holstein in diesem Jahr nicht anerkenne, sagte GEW-Landeschefin Maike Finnern. Aber auch für eine Verschiebung gebe es keine Luft: „Die Sommerferien beginnen in NRW Ende Juni und nicht wie in Bayern einen Monat später.“

SPD-Landeschef Sebastian Hartmann begrüßte die Einigung der Kultusminister: „Jede widersprüchliche Haltung der Bundesländer führt zu Verunsicherung“, sagte er unserer Redaktion. Die Prüfungen abzuhalten sei lediglich eine Frage der Organisation. Die schulpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Sigrid Beer, sprach sich angesichts der Unsicherheiten rund um das Abitur gegenüber unserer Redaktion für eine ergänzende Regelung aus: „Wer auf der Kippe steht oder sich bezüglich eines Numerus clausus verbessern möchte, kann eine Zusatzprüfung ablegen.“ Niemand könne wirklich sagen, wann der Schulbetrieb mit Sicherheit wieder aufgenommen werden könne.

Komplizierte Rechtslage

Laut Professor Christian Birnbaum , Fachanwalt für Verwaltungsrecht hätte es schwierig werden können, die Regelungen über die Abiturprüfung einfach im laufenden Verfahren zu ändern: „Für die Abiturprüfungen gibt es ein einschlägiges Regelwerk, das ist die Verordnung über den Bildungsgang und die Abiturprüfungen in der gymnasialen Oberstufe, kurz: APO-GOSt. Das Prüfungsverfahren ist sehr kleinteilig geregelt“, sagt Birnbaum. Ausweichregelungen für besondere Notlagen, die ein Abweichen von dem geregelten Verfahren vorsehen, seien in der APO-GOSt nicht enthalten.

„Natürlich ist es denkbar , die Prüfungsordnung kurzfristig zu ändern. Dabei gibt es allerdings zunächst ein technisches Problem: Eine Änderung kann frühestens mit der Veröffentlichung im Amtsblatt wirksam werden, und da braucht es einen gewissen organisatorischen Vorlauf.“ Zudem seien Rechtsänderungen mit rückwirkenden Auswirkungen tendenziell rechtswidrig, sagt Professor Birnbaum. (EB)

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