Digitale Dom-Demo von Maria 2.0Scharfe Kritik am Vorgehen des Erzbischofs

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Mehr als 350 Demonstranten nahmen an der digitalen Dom-Demo teil. Befürchtet wird eine große Austrittswelle.

Der Druck der katholischen Basis auf das Erzbistum wächst. Zur Digitalen Domdemo riefen am Samstag die Reformbewegung Maria 2.0 Rheinland, der Diözesanverband der Katholischen Jugend und der Katholische Deutsche Frauenbund auf. Und erstmals trauten sich mehrere kirchliche Angestellte, ihre Kritik in die Webcam zu sprechen. Der Einladung zu dem Online-Protest folgten mehr als 350 Teilnehmende, die sich bei der etwa 70-minütigen Kundgebung im Netz mit mehr als 500 Kommentaren zu Wort meldeten.

„Wie wollt Ihr eigentlich Weihnachten feiern?“

Eine der eindrücklichsten Stellungnahmen hinterließ der Pastoralreferent der Innenstadtgemeinde St. Agnes, Peter Otten. „Wie wollt ihr eigentlich Weihnachten feiern und ein Kind in die Krippe legen, wenn man an eurem Umgang mit den Verbrechen sexueller Gewalt in der Kirche ablesen kann: Die können und wollen das Kind gar nicht schützen?“, zitierte Otten eine an ihn gerichtete Frage.

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Während unter anderem der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller und der Kölner Katholikenausschussvorsitzende Gregor Stiels den Innenraum des Doms als Hintergrundbild wählten, zeigte sich der ehemalige Sprecher des Betroffenenbeirats, Karl Haucke, vor einer leeren Krippe. „Tear down this wall, Herr Woelki (Reißen Sie diese Mauer nieder)“, appellierte der pensionierte Hochschullehrer an den Kölner Erzbischof – eine Anspielung auf den politischen Mauerfall vor über 30 Jahren.

Vorwurf gegen Erzbischof Woelki: Sich hinter dem Papst zu verstecken sei plump

„Gott sei Dank ist mein Bild so schlecht, dass niemand gesehen hat, wie mir die Tränen gelaufen sind“, sagte der Gemeindereferent Patrick Bauer bewegt, der wie Haucke aus dem Betroffenenbeirat austrat. Grund: Missbrauchsopfer fühlen sich durch die Zurückhaltung des Gutachtens als Aufarbeitungsbeirat benutzt. „Wir stellen uns an die Seite derer, die von hohen Amtsträgern in ihrer Würde verletzt wurden“, versicherte Maria Mesrian von Maria 2.0.

Warum demonstrieren Sie?

Rotraud Röver-Barth, (78): Ich wünsche und hoffe, dass es bald Reformen in der Kirche gibt, die zu mehr Glaubwürdigkeit führen.  Sexualmoral und Machtstrukturen müssen sich an der Lebenswirklichkeit  orientieren.   Silvia Schröder (51): Die katholische Kirche verspielt gerade ihren Anspruch, als moralische Instanz in dieser Gesellschaft wahrgenommen zu werden. Deshalb ist es wichtig, dass wir Katholiken unsere Stimme erheben.   Miriam Bender (42): Mein Glaube ist immer noch da, und es ist mir wichtig, katholisch zu sein. Ich fühlte mich wie erlöst, als ich von der Aktionswoche und der digitalen Dom-Demo mit vielen Teilnehmern hörte.  Denn wir sind Kirche.   Elisabeth Mies (66) : Ich habe mir gewünscht, dass sich die Verantwortlichen in der Amtskirche die digitale Dom-Demo ansehen und über die Aussagen nachdenken. Denn sie zeigten, wie vielfältig Kirche sein kann.   Doris Bauer (52): Ich bin aus der Kirche ausgetreten, weil ich darin die einzige Möglichkeit sah, zu sagen: Stopp, ich trage euer Verhalten nicht mit. Aber ich bin in der Gemeinschaft der Glaubenden geblieben, von ganzem Herzen.

Kein Kardinal habe Ermessensspielraum bei der Anzeige von Straftaten, informierte Kirchenrechtler Schüller, in Polen habe es bereits eine Amtsenthebung wegen Vertuschung gegeben. „Woelki muss sein Gewissen befragen, dass er sich unter den Schutzmantel des Papstes begibt, ist plump“, so der Professor. In den Kommentaren kritisierte eine Katharina die Ausgaben in Millionen-Höhe des Erzbistums für eigenen Rechtsbeistand: „Jesus: Was willst du, dass ich dir tun soll? Kölner Variante: Wo können Anwälte was für mich tun!“

Einige zehntausend weitere Kirchenaustritte, hieß es, seien in der Folge der jetzigen Skandale zu befürchten. Die Welle rollt offenbar schon. „In Oberberg gibt es auch für Januar keinen Termin beim Amtsgericht mehr“, meldete prompt der dortige Kreiskatholikenrat in die Digitale Domdemo.

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