Kanzlerfrage der UnionSöder oder Laschet: Der Showdown naht

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Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und Landesvorsitzender der CDU in Nordrhein-Westfalen, steht in einem Studio in Köln, während CSU-Chef Markus Söder zugeschaltet ist.

Nach seinen Auftritten und Interviews der vergangenen Tage war es keine Überraschung mehr. Markus Söder hat aus seinen wahren Ambitionen, ob er Kanzler werden will oder wunschlos glücklich ist als bayerischer Ministerpräsident, lange ein Geheimnis gemacht. Wenn er zuletzt jedoch selbstbewusst darüber sprach, dass eine große Akzeptanz in der Bevölkerung nötig sei, um Kanzlerkandidat zu werden, war das ein eindeutiger Hinweis in eigener Sache.

Söder liegt in Umfragen seit vielen Monaten weit vor Armin Laschet. Zwischen Ostern und Pfingsten wollte der CDU-Chef die Entscheidung mit Söder treffen. Dass Laschet will, war immer klar. Die Regie ist ihm in den vergangenen Tagen nur völlig abhandengekommen. Umfragewerte werden unter Politikern zwar gerne klein geredet, besonders wenn es schlechte sind.

Unionsabgeordnete wollen mitentscheiden

Doch bei Zustimmungswerten von deutlich unter 30 Prozent für die Union wird vielen Bundestagsabgeordneten allmählich himmelangst. Mehr als 50 Unionsabgeordnete haben sich inzwischen einem Aufruf angeschlossen, in der Frage mitentscheiden zu wollen. Viele aus der zweiten Reihe der Bundestagsfraktion, die ihr Mandat davonschwimmen sehen, sprechen sich inzwischen offen für Söder aus. Unionspolitiker von Rang und Namen halten sich bislang mit eindeutigen Bekenntnissen zu Laschet oder Söder zurück. Doch dass selbst der stellvertretende Vorsitzende Volker Bouffier jetzt Druck macht, in dieser Woche müsse die Entscheidung fallen, zwingt Laschet zum Handeln.

Und so erfuhr die ansonsten eher wenig von großer öffentlicher Anteilnahme begleitete sonntägliche Sitzung des geschäftsführenden Fraktionsvorstands von CDU und CSU, Parteichefs und Kanzlerin inklusive, eine seltene Aufmerksamkeit. Laschet und Söder traten anschließend gemeinsam vor die Presse. Man erlebte einen nervösen Armin Laschet neben einem entspannten Markus Söder.

Nur mit Merkels Unterstützung

Zuvor hatte Angela Merkel in der Sitzung Laschets Idee vom Brücken-Lockdown offensiv befürwortet und Söder dafür kritisiert, dass auch er in Bayern die Notbremse nicht hundertprozentig umsetze. Offenbar eine Wiedergutmachung der Tatsache, dass es wegen ihrer Kritik an Laschets „lascher“ Notbremse in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen Tagen hieß, sie unterstütze wohl eine Kandidatur Söders. Dieser hatte wiederum betont, dass ein Kandidat nur mit der Unterstützung und in enger Abstimmung mit Merkel erfolgreich sein könnte. In dieser Logik hätte die Kanzlerin sich nun auf Laschets Seite geschlagen. Aber ob sie überhaupt noch den Ausschlag gibt?

Laschet wirkt angespannt bei seinem Auftritt. Die Stirn in Falten, der Blick wandernd und suchend. Er betont, dass sein Brücken-Lockdown nun ja sozusagen umgesetzt werde. Er und Söder wüssten beide, „dass wir nach der Pandemie vor riesigen Aufgaben stehen“. Beide seien von der Idee eines „Modernisierungsjahrzehnts“ überzeugt. Es gebe so viel Übereinstimmung zwischen CDU und CSU „wie vielleicht seit Jahren nicht mehr“. Er sagt zur Kandidatenfrage, dass es jetzt „sehr schnell und sehr zeitnah Lösungen brauche“. Er sagt: „Unser Ziel ist es, in dieser Lage, in der das Land ist, mit einer Kanzlerin, die aus dem Amt geht, so viel Einigkeit wie möglich zwischen CDU und CSU zu leisten, denn es geht um viel.“

Union will Nummer eins bleiben

Auftritt Söder. Er sagt: „Wir sind alle gestresst von Corona.“ Es käme jetzt darauf an, die Weichen richtig zu stellen, auch personell. Es komme bei der Bundestagswahl darauf an, „die Nummer eins zu sein“. Man müsste den Geist der Zeit verstehen, ihm aber nicht hinterherlaufen. Weder ein „Weiter so“ noch ein Zurück in die Vergangenheit dürfe es jetzt geben. „Wir haben festgestellt, dass wir beide geeignet und beide bereit sind“, sagt Söder.

Er ist bemüht darum, seine Ambitionen nicht als Anspruch sondern als Angebot an beide Parteien zu vermitteln: Nur wenn die CDU als größere Schwester seine Kandidatur unterstütze, würde er sie auch übernehmen, versichert der bayerische Ministerpräsident. „Und wenn die größere Schwester sagt, es ist anders, werden wir es auch akzeptieren.“ Es werde keine Entscheidung „auf Biegen und Brechen“ geben. Das allerdings gelte wiederum auch für die größere Schwester, fügt er später noch hinzu.

Ein kluger Schachzug

Es ist ein kluger Schachzug. Würde er fest auf einer Kanzlerkandidatur bestehen, könnte er sicher sein, dass die CDU sich in der Folge geschlossen hinter Laschet versammelt. „Wir sind nicht Strauß und Kohl“, sagt nun Söder in Anspielung auf die gegenseitige Abneigung der beiden früheren Parteigranden Franz Josef Strauß und Helmut Kohl.

Wenn Armin Laschet die Kandidatur „auf Biegen und Brechen“ will, wäre sie ihm aber kaum zu nehmen. Fest steht: In den nächsten Tagen wird die Entscheidung fallen, vermutlich noch deutlich vor dem 19. April, wenn die Grünen ihren Kanzlerkandidaten präsentieren wollen. An diesem Montag tagen CDU-Präsidium und -Vorstand in Berlin, es ist wahrscheinlich, dass die Sitzung der höchsten Führungsgremien der Partei den letzten Ausschlag gibt. Laschet wird ausloten, wie groß die Zahl seiner Freunde ist und ob diese ihn in einem Wahlkampf auch deutlicher unterstützen würden als das in den letzten Wochen der Fall war.

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Es ist durchaus bemerkenswert, dass Laschet bei seinem jüngsten Vorstoß für den Brücken-Lockdown von führenden CDU-Leuten kaum Zuspruch bekam. Und auch was die K-Frage betrifft, hatte er bisher keine begeisterten Befürworter. Und Söder? Er wird nun weiter für sich werben und abwarten. Wenn er es nicht wird, wäre seine Position in der Union insgesamt kaum geschwächt. Und käme es zur Niederlage unter Laschet, wäre er für immer derjenige, der vielleicht die bessere Wahl gewesen wäre.

Laschet allerdings könnte stur genug sein, sich wider alle Umfragen zum Kanzlerkandidaten der Union auszurufen. Mit Blick auf Umfragen verweist er auch dieser Tage immer wieder auf seine Wahl zum Ministerpräsidenten 2017 gegen die beliebte Amtsinhaberin Hannelore Kraft (SPD). Niemand hat mit seinem Sieg gerechnet, und doch hat er es geschafft. Ganz so vergleichbar wie er es darstellt, ist die Lage freilich nicht. Jetzt geht es für die Union im Bund darum, das Kanzleramt zu verteidigen. Es müssten sich an diesem Montag aber schon Unionspolitiker von Gewicht für eine Kandidatur Söders aussprechen, um Laschet zum Rückzug zu bewegen.

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