Kardinal Woelki vor FinanzdesasterKölner Hochschule für Theologie fehlen Millionen

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Erzbischof Rainer Maria Woelki 

Erzbischof Rainer Maria Woelki 

Köln – Es geht um viel Geld. Der am Wochenende angekündigte Rückzug des Kölner Generalvikars Markus Hofmann ist der vorläufige Höhepunkt eines Finanzdesasters, das auch seinen Chef, Kardinal Rainer Maria Woelki, betrifft. Es geht um die Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT), die das Erzbistum vor zwei Jahren von den Steyler Missionaren übernommen hat - und zwar ohne zu klären, woher das Geld für die Einrichtung dauerhaft kommen wird.

Die KHKT ist ein Lieblingsprojekt von Woelki, für das er sich persönlich engagiert hat. Beobachter sehen in dem Aufbau der Hochschule den Versuch, eine konservativ profilierte Einrichtung neben der eher liberalen Katholisch-Theologischen Fakultät an der Uni Bonn aufzubauen, mit der Woelki wegen Stellenbesetzungen in Konflikt geraten war.

Weiterer Anlass für grundlegende Reform

Die Mitteilung über den bevorstehenden Rückzug Hofmanns verbindet das Erzbistum mit der Information, dass ein Vertrag „im Stiftungsbereich“ des Erzbistums Köln „aufgefallen“ sei, der einer Klärung bedürfe. Der Vorfall sei ein weiterer Anlass, eine grundlegende Reform der Verwaltungsstruktur im Erzbistum anzugehen. Wie die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) aus Kirchenkreisen erfuhr, betrifft der Vertrag die „Stiftung zur Förderung von Bildung, Wissenschaft und Forschung im Erzbistum Köln“. Sie wurde gegründet, um die Trägerschaft der KHKT zu übernehmen und die langfristige Finanzierung zu sichern - und dies in einer Weise, die manche kirchenrechtliche Kontrollmechanismen umgeht.

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Im Sommer 2019 hatte Woelki persönlich den Kirchensteuer- und Wirtschaftsrat seines Erzbistums über seine Absicht informiert, die Träger-Stiftung zu gründen, wie aus der KNA vorliegenden Auszügen von Sitzungsprotokollen hervorgeht. Dabei sagte er offenbar zu, dass für die Hochschule keine Kirchensteuermittel verwendet würden. „Die Finanzierung ist für das Erzbistum ergebnisneutral“, hieß es. Die Stiftung werde eine „Finanzierung von außen“ sicherstellen - durch Großspender und Fundraising. Um aber die Hochschule zunächst für sechs Jahre weiterzuführen, würden Gelder aus dem sogenannten BB-Fonds fließen.

Umstrittene Zahlungen

Dabei handelt es sich um ein über Jahrzehnte durch Abgaben von Kölner Klerikern gebildetes Sondervermögen, über das der Erzbischof persönlich verfügen kann. Aus demselben Topf erhalten die Missbrauchsopfer ihre Zahlungen. Auch die umstrittenen 2,8 Millionen Euro für Gutachter und PR-Berater im Zuge der Missbrauchsaufarbeitung hat Woelki daraus bezahlt.

Dem Kirchensteuer- und Wirtschaftsrat wurde gesagt, dass die Hochschule jährlich mit 1,2 Millionen Euro bezuschusst werden solle; als Gesamtsumme für die kommenden sechs Jahre wurden 7,2 Millionen Euro genannt. Damals enthielt der BB-Fonds noch mehr als 20 Millionen Euro. Doch inzwischen bekommt die von Sankt Augustin nach Köln verlegte Hochschule laut den Wirtschaftsplänen des Erzbistums für 2021 und 2022 bereits über drei Millionen Euro pro Jahr. Bliebe es bei diesem Kostenvolumen, bedürfte es zur gesamten Anschubfinanzierung mehr als 17 Millionen Euro. Zum 31. Dezember 2020 enthielt der BB-Fonds aber nur noch 16,8 Millionen Euro.

„Vertragliche Regelung ungewöhnlichen Inhalts“

Angesichts dieser Entwicklung sollte die Stiftungs-Geschäftsführerin und Hochschul-Kanzlerin Martina Köppen bis Ende Februar des laufenden Jahres eine neue Mittelfristfinanzplanung vorlegen. Die Juristin kennt der Kardinal persönlich seit langem; sie leitete früher das Katholische Büro Berlin-Brandenburg. Woelki holte sie für das Hochschulprojekt an den Rhein.

Eine vermutlich von Köppen erdachte Vertragskonstruktion für das Projekt hat nun offenbar den Finanzchef und die Justiziarin des Erzbistums in Alarmbereitschaft versetzt: Sie stellten eine „vertragliche Regelung ungewöhnlichen Inhalts“ fest, „die sowohl für das Erzbistum Köln als auch für die Stiftung eine erhebliche und langfristige wirtschaftliche Bindungswirkung entfaltet und bisher bei keiner der Körperschaften bilanziert ist“, wie es in der Pressemitteilung zum angekündigten Rückzug Hofmanns heißt.

Nicht genügend Mittel „von außen“

Wie es scheint, ist es Köppen nicht gelungen, ausreichend Mittel „von außen“ zu generieren. Langfristig ist von einem Bedarf von acht bis zehn Millionen Euro die Rede - Jahr für Jahr. In der Dezember-Sitzung des Kirchensteuer- und Wirtschaftsrates wurde Skepsis bekundet, ob eine solche Summe durch Sponsoren aufzubringen sei. Das Protokoll zitiert Forderungen, wonach der Rat „im Vorfeld“ in die Beschlussfassung einzubeziehen sei, falls die Hochschule künftig doch noch aus Kirchensteuermitteln finanziert werden solle.

Woelki ist Großkanzler der Hochschule. Laut Statuten kommt ihm damit auch mit Blick auf die Finanzen besondere Verantwortung zu. In Artikel 2 heißt es, dass er der Bildungskongregation im Vatikan „alle fünf Jahre zusammen mit der eigenen Stellungnahme einen detaillierten Bericht über die Lehr- und sonstige Tätigkeit der Hochschule sowie über ihre finanzielle Lage und die strategische Entwicklungsplanung“ vorzulegen habe. (kna)

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