Kommentar zu Merz' verbalem RundumschlagKampf um CDU-Vorsitz wird zur Schlammschlacht

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Friedrich_Merz

Teilt gegen das „Establishment“ der Partei aus, die er führen möchte: CDU-Mann Friedrich Merz.

  • Der CDU-Parteitag ist abermals verschoben worden. Friedrich Merz, einer der Kandidaten für den Parteivorsitz, vermutet dahinter ein abgekartetes Spiel zu seinem Schaden.
  • Merz ist damit in unbeherrschter Manier an die Öffentlichkeit gegangen.
  • Doch damit hat er vor allem sich selbst und seinem Ziel geschadet. Ein Kommentar.

Friedrich Merz fühlt sich durch die abermalige Verschiebung des Parteitags um seine Chancen auf den CDU-Vorsitz betrogen. Vielleicht hat er nicht einmal ganz Unrecht. Die amtierende Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hätte mit Verve einen Sonderparteitag noch in der warmen Jahreszeit im Freien einberufen können.

Dann wäre die Nachfolgefrage trotz Corona-Pandemie längst geklärt, die CDU hätte zur Ruhe kommen können, bevor das Superwahljahr beginnt.

Umfragen sehen ihn seit Monaten vor seinen Rivalen Armin Laschet und Norbert Röttgen. Sie könnten von einer Wahl womöglich erst nach Ostern eher profitieren als er. 

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Merz schießt mit seiner Unbeherrschtheit ein Eigentor

Aber den wesentlichen Grund für einen eventuellen Knick hat Merz nun selbst geliefert: Unbeherrscht und feindselig reagierte er auf die Absage des für Dezember geplanten Parteitags – ein Millionen-Publikum konnte das im Fernsehen live erleben. Das bestätigt nicht nur Gegner in ihrer Abneigung, das verschreckt auch eigene Anhänger.

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Denn erstens war der Beschluss im CDU-Präsidium einstimmig – ihm gehört mit Wolfgang Schäuble auch ein Freund von Merz an. Die Spitze der Kanzlerpartei sorgt sich um die politische Glaubwürdigkeit, wenn sie einen Kongress mit 1000 Leuten veranstaltet, den Bürgern aber Kontaktsperren auferlegt und Pflegeheimbewohner in Quarantäne steckt, die diese wie in einem Gefängnis vereinsamen lässt.

Öffentliche Kostprobe von Merz' Naturell

Und zweitens, das wiegt schwerer, haben nun alle eine Kostprobe davon bekommen, wie Merz wüten kann, wenn etwas nicht so läuft, wie er sich das vorstellt. Emotional, unkontrolliert, ohne Rücksicht auf Verluste.

Der Mann will Kanzler werden. Wie oft hätte Angela Merkel vom Tisch aufspringen und Wladimir Putin oder Donald Trump oder Xi Jinping anbrüllen können, wie bescheuert sie doch Menschenrechtsverletzungen und Lügerei findet.

Sie hat sich aber immer zurückgenommen, sich keine Blöße gegeben und verhandelt. Das kann man Merz nun nicht unbedingt zutrauen, dass er sich zusammenreißt, auch wenn er sich ungerecht behandelt fühlt.

Der Kandidat bedient sich bei Trumps Stilmitteln

Es gehe nicht um seine Person, beteuert er, und zieht vom Leder, er habe „klare Hinweise“, dass Laschet hinter der Verschiebung des Parteitags stecke, weil er für seine Kandidatur mehr Zeit brauche – also ihn, Merz, hintenherum attackiere. Das ist der Stil von Donald Trump. Das ist Schlammschlacht.

Als Vorsitzender müsste Merz die CDU einen, jetzt treibt er erst einmal einen Keil in sie. Bei der schwierigen Aufgabe, die Zäsur nach Merkels Abgang zu meistern, geht es tatsächlich nicht um die Person Merz, es geht nicht einmal nur darum, die CDU zusammenzuhalten.

Es muss für diese Partei darum gehen, was sie für das Land tun kann. In Corona-Krisen-Zeiten erst recht. Jetzt ist sie aber erst einmal beschädigt.  

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