Analyse des aktuellen KadersTor, Angriff, Mittelfeld – was ist drin beim 1. FC Köln?

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Kölner Fan

Ein Kölner Fan feiert den Sieg seiner Mannschaft. 

Köln – 36 Profis standen am 1. Juli 2020 auf der Gehaltsliste des 1. FC Köln. 13 dieser Spieler sind vor dem ersten Spiel der Fußball-Bundesliga-Saison 2019/20 am Samstag (15.30 Uhr, Rheinenergiestadion/Sky) gegen die TSG 1899 Hoffenheim verkauft oder verliehen. „Es ist kein Spieler dabei, den wir nicht abgeben wollten“, erklärte Horst Heldt. Der FC-Sportchef hat mit seinem Team um Frank Aehlig die Mammutaufgabe Kaderreduzierung gut gelöst. Trainer Markus Gisdol stehen inklusive Nachwuchskräften 27 Spieler mit einem Durchschnittsalter von 24,7 Jahren zur Verfügung. Für die Steigerung der Qualität hat Heldt bislang inklusive des am Montag in Köln eintreffenden Dimitrios Limnios (22) vier Spieler verpflichtet. Eine Analyse des FC-Kaders 2020/21:

Tor

 Timo Horn hat eine hervorragende Vorbereitung absolviert und ist in den Testspielen ohne Gegentor geblieben. Der 27-Jährige geht als klare Nummer eins in die Saison. Nach Jahren ohne wirklichen Druck seines Stellvertreters Thomas Kessler und einem eher unterkühltem Arbeitsverhältnis zur Nummer zwei, hat Horn in dieser Saison Ex-Nationaltorwart Ron-Robert Zieler (31) im Nacken. Eine Verbesserung mit Aussicht auf einen fairen und leistungssteigernden Konkurrenzkampf. Als Nummer drei wird Julius Krahl (20) Spielpraxis in der Regionalliga sammeln.

Abwehr

Die Innenverteidigung ist mit Führungsspieler Rafael Czichos (30), dem verbesserten Jorge Meré (23) und Shooting-Star Sebastiaan Bournauw (21) gut besetzt. Wobei hinter dem jungen Belgier ein Fragezeichen auftaucht. Bornauw war in der Vorbereitung nicht bei 100 Prozent und könnte mit einem Wechsel liebäugeln. Auf der Position des Linksverteidigers kämpfen Rückkehrer Jannes Horn (23) und Noah Katterbach (19) um den Stammplatz, wobei Horn auch links offensiv einsetzbar wäre. Die rechte Seite bleibt ein Problem, weil der in der Vorbereitung überzeugende Benno Schmitz (25) mit einer Sprunggelenkverletzung vorerst ausfällt. Kingsley Ehizibue (25) enttäuschte in der Vorbereitung, sodass Routinier Marco Höger (31) für Gisdol als weitere Option ins Blickfeld gerückt ist.

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Mittelfeld

Auf der Sechs sind Dauerläufer Ellyes Skhiri (25) und Kapitän Jonas Hector (30) gesetzt. Rückkehrer Salih Özcan (22) hat eine starke Vorbereitung gespielt und im Pokal gegen Altglienicke (6:0) auf der linken Seite und als Torschütze überzeugt. Einen Schritt nach vorne hat Elvis Rexhbecaj (22) gemacht, der mit Neuzugang Ondrej Duda (25) um die Zehner-Position streiten wird, aber auch als Achter einsetzbar ist. Auf Duda dürfen alle gespannt sein.

Grafik FC

In der Saison 2018/19 gehörte der Ex-Herthaner zu den den besten offensiven Mittelfeldspielern der Liga (11 Tore/6 Vorlagen) Während Dominick Drexler (30) und Jan Thielmann (18) auf dem Sprung in die Startelf stehen, braucht Christian Clemens (29) nach langer Verletzungspause Spielpraxis, die er in der U21 bekommen soll. Schwer wiegen für Markus Gisdol die Ausfälle seiner letztjährigen Stammspieler Florian Kainz (28/Knie-OP) und Ismail Jakobs (21/Muskelverletzung). Mit Nachwuchstalent Tim Lemperle (18) und Neuzugang Dimitrios Limnios stehen dem Trainer aber weitere gute Alternativen zur Verfügung.

Angriff

Die wohl größte FC-Baustelle liegt in der Offensive. 13-Tore-Stürmer Jhon Cordoba (27) wechselte für 15 Millionen zu Hertha BSC und machte damit den Weg für die Verpflichtungen von Duda, Sebastian Andersson (29) und eines weiteren Stoßstürmers frei, den Horst Heldt noch sucht. Der Schwede Andersson hat am Mittwoch erstmals am Geißbockheim trainiert, Duda erst am Donnerstag. „Ondrej und Sebastian können nichts dafür, dass die Liga jetzt startet und sie keine Eingewöhnungszeit haben.

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Trotzdem wissen wir, dass beide gute Spieler sind. Ich werde mich nicht aufgrund des Termindrucks der Bundesliga zu irgendetwas hinreißen lassen, wenn ich nicht überzeugt bin. Aber es kann sein, dass beide kurzfristig zum Einsatz kommen“, erklärte Gisdol. Keine Tendenz gibt es bei Anthony Modeste, der aufgrund von Knieproblemen die komplette Vorbereitung verpasst hat. „Ich weiß es nicht“, antwortete Gisdol auf die Frage, wann der 32-jährige Franzose wieder einsatzfähig sein kann.

Was ist drin?

Der 1. FC Köln bringt die Hypothek von zehn sieglosen Spielen in Folge und einem umgekrempelten, noch nicht fertigen Kader mit in die neue Saison. „Anderen Clubs geht es bei der Kaderplanung auch nicht viel anders“, merkte Sportchef Heldt die durch Corona schwierigen an. Für die Geißböcke wird es um den Klassenerhalt gehen – also darum, drei Teams hinter sich zu lassen.

Kommentar zu den Querelen am Geißbockheim

von Martin Sauerborn

Viel turbulenter hätte der Sommer beim 1. FC Köln wirklich nicht verlaufen  können. Als müssten die Geißböcke ihrem ewigen Ruf als Chaos-Club gerecht werden. Nach all den Grabenkämpfen mit  Querelen um Vorstand, Mitgliederrat und Geschäftsführung war die gemeinsame Erklärung nach den beiden Treffen mit den Abteilungsleitern und den Altinternationalen so etwas wie ein Hoffnungsschimmer, dass die internen Auseinandersetzungen ein Ende finden. Nach außen hin für alle sichtbar einhaken und gemeinsam singen, nach innen Probleme offen ansprechen und Lösungen finden: Das muss die Maxime sein. So, wie es in funktionierenden  Unternehmen gang und gäbe ist.

Was die Tinte auf dem Papier der  Erklärung wert ist, wird sich  rasch zeigen, da eine Entscheidung über die Zukunft von  Stefan Müller-Römer als Vorsitzendem des Mitgliederrates   ansteht. Nach dem geleakten Mailverkehr steht  eine Abwahl des 52-Jährigen  nicht nur im Raum, sie ist unumgänglich. Wenn aber schon am Tag nach dem Treffen   der Clubspitze mit den Altinternationalen   an Medien durchgesteckt wird, dass eine weitere Zusammenarbeit mit Müller-Römer für  die Geschäftsführer Horst Heldt und Alexander Wehrle sowie  Teile des Vorstands unvorstellbar  sei, darf die Frage erlaubt sein,  wie es um die vereinbarte  Vertraulichkeit über das Gespräch im Club Astoria    in Wirklichkeit bestellt ist?

Es liegt auf der Hand, dass nur ein schnelles Ende des Theaters am Geißbockheim dafür sorgen kann, dass der FC auf dem Platz das Ziel Klassenerhalt  auch realisieren kann.  Unruhe im Verein hat sich schon immer auf die sportliche Leistung ausgewirkt. Der Abstieg des FC 2018 als EuroLeague-Teilnehmer dürfte als mahnendes Beispiel genügen.

  Und   Markus Gisdol hat es  als Trainer nach dem riesigen personellen Umbruch im Sommer ohnehin schwer genug. Die ersten Feld-Neuzugänge sind erst seit Mittwoch am Geißbockheim und der Kader immer noch nicht fertig. Augen zu und durch wird am Ende nicht helfen. Die Lösung heißt:  Bündeln aller Kräfte und Ruhe im Club. 

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