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Der Plan, der nicht aufgehtWie Union Berlin dem 1. FC Köln eine Lehrstunde erteilte

Lesezeit 4 Minuten
URs Fischer und Baumgart

Überlistet wurde FC-Coach Steffen Baumgart (r.) bei der 0:1-Niederlage von Unions Taktikfuchs Urs Fischer (l.). 

Köln – Steffen Baumgart pflegt bekanntlich eine besondere Beziehung zum 1. FC Union Berlin. Seitdem der einstige Stürmer zwischen 2002 und 2004 die Fußballstiefel für die Köpenicker schnürte, ist der familiär geprägte Verein aus dem Osten der Hauptstadt fest in seinem Herzen verankert. Das war aber nicht der Grund dafür, weshalb der heutige Cheftrainer des 1. FC Köln nach dem 0:1 (0:1) gegen die „Eisernen“ eine Lobeshymne auf den neuen Tabellenführer der Bundesliga anstimmte.

Baumgart war schlichtweg angetan von der Dominanz, mit der das Team von Erfolgscoach Urs Fischer aufgetreten war. „Ich habe lange keine Mannschaft so gut in Köln spielen sehen, wie Union in den ersten 30 Minuten“, zollte er dem Gegner Respekt, um sogleich die Berechtigung des Berliner Erfolges zu bestätigen: „Es ist ein verdienter Sieg, das muss man ganz klar anerkennen.“

Kilian in Bochum gesperrt

Der FC konnte sich am Ende eines ziemlich chancenlosen Sonntages sogar glücklich schätzen, dass die erste Saisonniederlage mit dem knappsten aller Ergebnisse ausgefallen war. In einer vogelwilden Kölner Anfangsphase hatten sich die Gäste nach dem Eigentor von Abwehrchef Timo Hübers (3.) gleich mehrere Chancen herausgespielt. Die größte Möglichkeit ließ Jordan Siebatcheu ungenutzt, der mit einem unplatzierten Strafstoß an Marvin Schwäbe gescheitert war.

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Die Entscheidungen von Schiedsrichter Benjamin Cortus aus der zehnten Minute riefen hinterher scharfe Kritik bei Steffen Baumgart hervor. „Seit diesem Sommer zählt nicht nur die Verbreiterung (der Körperfläche), es muss auch eine Absicht zu erkennen sein. Daraus den Elfmeter zu geben, finde ich schwierig“, schimpfte der FC-Coach, nachdem Luca Kilian in der Sprungbewegung und mit dem Rücken zum Ball platziert an die Hand geköpft worden war.

Fast noch mehr ärgerte Steffen Baumgart, dass sein Innenverteidiger zusätzlich mit der Gelben Karte vorbelastet wurde. „Das kotzt mich an.“ Vor allem, weil Kilians Verwarnung letztlich schwere Folgen nach sich zog. Nach einem (überflüssigen) taktischen Foul des Innenverteidigers auf Höhe der Mittellinie (81.) mussten die Gastgeber die Partie in Unterzahl beenden. Kilian fehlt somit gesperrt, wenn der FC am Sonntag bei Schlusslicht VfL Bochum antritt.

Baumgart übt Kritik am Schiedsrichter

Baumgart nahm den Strafstoß sowie die Ampelkarte zum Anlass, um deutliche Grundsatzkritik an den Schiedsrichtern zu üben: „Ich habe keinen Bock mehr auf die Erklärung, weil es jede Woche eine andere gibt.“ Der 50-Jährige bezeichnete sich zwar als „Befürworter des Videobeweises“. Doch: „Die ständigen Erklärungen und Rechtfertigungen ärgern mich.“ Gleichwohl – und das war Baumgart ebenso wichtig zu betonen – sei Cortus’ Handeln „nicht spielentscheidend“ gewesen.

Eine mitentscheidende Rolle spielte dagegen die Tatsache, dass die taktischen Überlegungen des Kölner Trainerteams diesmal im Sande verlaufen waren. „Der Plan, den wir hatten, ist mal gar nicht aufgegangen“, räumte Steffen Baumgart ein. „Union hat es einfach gut gemacht. Und wir hatten keine Antworten parat.“

Jonas Hector auf Spielmacherposition

Im Zuge von gleich fünf Startelf-Veränderungen war Linksverteidiger Jonas Hector auf die Spielmacherposition vorgezogen worden, um den in Nizza erneut enttäuschenden Ondrej Duda zu ersetzen. „Jonas ist jemand, der in engen Räumen sehr gute Situationen hat“, erklärte Baumgart die Umstellung. Doch stattdessen schnürten die wuchtig beginnenden Hauptstädter den FC in dessen Hälfte ein. „Wir sind davon ausgegangen, dass Union über große Teile des Spiels tiefer agieren wird. Das haben sie nicht gemacht. Der Gedankengang von mir hat nicht funktioniert“, sagte Baumgart bedröppelt. „Leider hat alles nicht so funktioniert, was wir uns ausgedacht haben.“

Was genau sich die Kölner gegen die beste Defensive der Bundesliga vorgenommen hatten, schilderte Steffen Tigges: „Wir wussten, dass sie vor der Kette extrem giftig sind. Wir wollten daher tief über die Linie spielen, um sie in Bewegung zu setzen. Sie haben uns aber früh unter Druck gesetzt, so dass wir nicht in die Räume gekommen sind“, analysierte der Mittelstürmer, der zur zweiten Hälfte für den abermals wirkungslosen Florian Dietz gekommen war. Die wenigen Möglichkeiten, die Union seinen Kontrahenten gewährt, konnten Linton Maina (29., 47.) und Kristian Pedersen (42.) wiederum nicht nutzen.

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Steffen Baumgart ordnete die Niederlage als Teil der Kölner Entwicklung ein. „Wir waren in der ersten Halbzeit nicht gut genug, um einer Mannschaft mit dieser Qualität Paroli zu bieten“, fasste der FC-Coach treffend zusammen. Ausreden wie die Doppelbelastung durch die Conference League, in der die Kölner am Donnerstag (21 Uhr) den 1. FC Slovácko empfangen, wollte er nicht gelten lassen: „Wir sollten auch lernen, es zu akzeptieren, wenn der Gegner es gut gemacht hat.“ Zumal Union über eine „abgezockte Truppe“ verfüge. Sein eigenes Team durchlaufe dagegen einen „Lernprozess“. Dazu gehöre, „dass wir die Zweikämpfe anders führen und cleverer sein müssen“.

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