Die Drama-Queen 1. FC KölnGeißböcke verlieren gegen den SC Freiburg mit 1:4

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Torjubel zum 1:4 durch Jonathan Schmid.

Köln – Der 1. FC Köln kann Drama. Das ist nicht neu, in seiner negativen Qualität aber immer wieder aufs Neue niederschmetternd für alle jene, die es mit den Geißböcken halten. Mitten im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga leistete sich der Tabellenvorletzte am 32. Spieltag bei der 1:4 (0:2)-Heimniederlage gegen den SC Freiburg eine desaströse erste Hälfte und einen tragisch-komischen Elfmeterfehlschuss. Als wäre das nicht genug, erkannte Schiedsrichter Marco Fritz dem Tabellenvorletzten  Geißböcken in der Nachspielzeit wegen eines vermeintlichen Handspiels von Kapitän Jonas Hector den 2:2-Ausgleich ab. Freiburg konterte mit zwei Toren und dahin war die FC-Chance, vor seinen letzten beiden Partien der Saison 2020/21 die Abstiegsränge zu verlassen.  Stattdessen rückt nun der siebte Gang in die Zweitklassigkeit immer näher. „Das Ergebnis ist Scheiße. Die erste Halbzeit hat uns wie schon im Hinspiel das Spiel gekostet“, konstatierte Jonas Hector enttäuscht.

FC-Trainer Friedhelm Funkel vertraute weitgehend der Startelf vom 3:2-Sieg in Augsburg. Nur der vor 16 Tagen gesperrte Kingsley Ehizibue löste Benno Schmitz wieder als Rechtverteidiger ab. Freiburgs Coach Christian Streich veränderte im Vergleich zum 0:3 am Donnerstag bei Hertha BSC Berlin und nach vier Auswärtsniederlagen in Folge sein Personal auf fünf Positionen und setzte im neuen 4:4:2-System mit Nils Petersen und Ermedin Demirovic auf zwei Spitzen. Eine gute Entscheidung. Nach 20 Minuten standen beide SC-Stürmer nämlich schon auf der Anzeigetafel. Erst nutzte Petersen einen schlimmen Aussetzer von Ellyes Skhiri zu einem trockenen, zentral einschlagenden  Linkschuss (18.), dann vollendete Demirovic einen Freiburger Angriff, der unbehelligt von Roland Sallai über rechts zu Vincenzo Grifo nach links und zurück ins Zentrum zum Torschützen laufen durfte.  

Der Doppelschlag der Breisgauer war die Quittung für einen FC-Auftritt, der viel mit Sommerfußball und gar nichts mit Abstiegskampf zu tun hatte. Die Kölner agierten bei Ballbesitz im Stand, zu zögerlich, nervös und ohne Leidenschaft. Gegen den Ball setzte sich die Ängstlichkeit in den Zweikämpfen fort. „Wir waren fahrig, haben viele einfache Bälle verloren und keine Sicherheit bekommen“, kritisierte Friedhelm Funkel.  Die Körpersprache der nicht bereit scheinenden Kölner ließ tatsächlich fast alles zu wünschen übrig.

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Anderssons Anschluss und Dudas tragischer Fehlschuss

Es war bezeichnend, dass mit Ellyes Skhiri der konstanteste und beste FC-Akteur dieser Saison das 0:1 einleitete, als er viel zu lasch zu Werke ging und dem Gegner den Ball in den Fuß legte. Ob die Geißböcke nun aufgrund des Sommerwetters mit 25 Grad im Rheinenergiestadion oder aufgrund der Möglichkeit, mit einem Sieg die Abstiegsränge verlassen zu können, wie gelähmt auftraten, blieb müßig zu erörtern. Entscheidend war, dass sie wie gelähmt auftraten. Die Leistung erinnerte an die vielen verpassten Chancen dieser Saison in Heimspielen gegen Gegner auf Augenhöhe. Der FC hatte bis auf einen Freistoß von Ondrej Duda (16.) keinen Schuss auf das Tor des Gegners abgegeben.

Gut, dass das Fußball-Regelwerk zwei Halbzeiten und 15 Minuten Pause dazwischen vorsieht. Funkel, der in Hälfte eins ähnlich teilnahmslos wie seine Mannschaft wirkte, brachte Ismail Jakobs für den enttäuschenden Marius Wolf. Das FC-Eigengewächs besetzte den linken Flügel, Florian Kainz wechselte nach rechts. Die Maßnahme fruchtete sofort. Jakobs schlug von links eine Flanke an den Fünfmeterraum, wo Sebastian Andersson demonstrierte, was für ein Torjäger in ihm steckt. Der Schwede verwandelte artistisch mit links ins kurze Eck (49.).

Das 1:2 erweckte den FC zum Leben. Schon zehn Minuten später hätte der Ausgleich fallen müssen. Jakobs drang mit Tempo in den Strafraum ein und kreuzte geschickt den Laufweg von Lukas Kübler. Der leichte Kontakt genügte für den Elfmeterpfiff, bei dem Schiedsrichter Marco Fritz auch nach Ansicht der Bilder in der Review Area blieb (60.). Ondrej Duda hielt dem Druck aber nicht stand. Der Slowake rutschte beim Anlauf leicht weg und schoss sich mit rechts so gegen den linken Fuß, dass der Ball über das Tor sprang (61.). Ein tragischer Fehlschuss, der das Spiel  wieder veränderte, weil er den FC nachhaltig unter Schock setzte.

Als Funkel kurz danach  den ausgepumpten Andersson wie vor dem Spiel abgesprochen auswechseln musste (65.), kam den Geißböcken der Glaube abhanden. Er kehrte erst in der Nachspielzeit kurz zurück. Jonas Hector legte einen langen Ball an der Strafraumkante so ab, dass Joker Jan Thielmann ihn ins Netz donnern konnte. Marco Fritz entschied aber sofort auf Handspiel, weil der Ball von Hectors oberster Stelle am Arm abgeprallt sein sollte (90.+1). „Ich hatte das Gefühl, er geht gegen meine Schulter. Das ist schwierig zu entscheiden wegen der Regel mit der Ärmelgrenze. Er pfeift es geradlinig ohne Erklärung oder es sich anzuschauen. Das ist bitter und traurig, denn der Punkt wäre wichtig gewesen“, sagte der Kapitän mit kritischem Unterton.

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Das Glück aus den Partien gegen Leipzig und in Augsburg hatte den FC ausgerechnet in diesem so wichtigen Spiel wieder verlassen. Die Freiburger nutzten die Kölner Fassungslosigkeit zu zwei Kontertoren von Vincenzo Grifo (90.+3) und Jonathan Schmid (90.+5) und stürzten ihren Gegner nach dem 5:0 im Hinspiel zum zweiten Mal in dieser Saison in die  Tiefen der Verzweiflung. „Es scheint nicht immer nur die Sonne“, griff Friedhelm Funkel tief in die Phrasenkiste und versuchte trotz allem Hoffnung zu verbreiten: „Es ist überhaupt noch nichts entschieden. Wir werden die Mannschaft aufbauen und gegen Hertha die nächste Chance suchen“, um drei Punkte zu holen.“ Es ist die vorletzte Chance. Und das Schlimme an diesem 1:4 gegen Freiburg ist, dass der FC die Möglichkeit aus der Hand gegeben hat, den Klassenerhalt aus eigener Kraft schaffen zu können.

1. FC Köln: T. Horn; Ehizibue (76. Özcan), Bornauw, Czichos, J. Horn; Skhiri (76. Meyer), Hector; Wolf (46. Jakobs), Duda, Kainz (64. Drexler); Andersson (64. Thielmann). –

Freiburg: Flekken; Kübler, Lienhart, Gulde (84. K. Schlotterbeck), Günter; Keitel (66. Santamaria), Höfler; Sallai (58. Schmid), Grifo; Petersen (66. Petersen), Demirovic (58. Höler). – SR.: Fritz (Korb).

Tore: 0:1 Petersen (18.), 0:2 Demirovic (20.), 1:2 Andersson (49.), 1:3 Grifo (90.+3), 1:4 Schmid (90.+5). – Gelbe Karten: J. Horn, Andersson; Kübler, Lienhart.

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