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Finanziell angeschlagen1. FC Köln bittet Dauerkarteninhaber um neuerlichen Verzicht

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Kein schöner Anblick: Ein leeres Stadion

Köln – Ende Januar ist Zahltag beim 1. FC Köln. Dann schickt der Fußball-Bundesligist an diejenigen Dauerkarteninhaber eine Überweisung raus, die sich vor Saisonbeginn für die Option „Dauerkarte mit Erstattung“ entschieden haben.

Dabei geht es um eine anteilige Erstattung des Dauerkartenpreises für all jene Hinrunden-Heimspiele, die den Jahreskarten-Abonnenten wegen coronabedingter Kapazitätsreduzierungen entgangen sind. Betroffen waren fünf von neun Heimspielen. Wie hoch die jeweilige Überweisung ausfällt, darüber klärte der Club seine zahlende Anhängerschaft nun in einem Rundbrief auf.

1. FC Köln bittet Dauerkarten Inhaber um Verzicht auf Rückerstattung

Der weitere Inhalt des Schreibens taugt als Ausdruck dafür, wie schlimm es finanziell um die Geißböcke stehen muss. Es ist der Versuch, seine treuesten Fans, die dem Club in den ersten anderthalb Jahren der Pandemie bereits 8,6 Millionen Euro überlassen haben, zu einem neuerlichen Verzicht auf Rückerstattung zu bewegen.

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In dem Text heißt es: „Wir möchten dich in diesem Zuge auf eine Option hinweisen, die wir vor Saisonbeginn nicht eingeplant hatten. In den vergangenen Wochen und Monaten sind Dauerkarteninhaber aktiv auf den FC zugekommen und haben nach der Möglichkeit eines freiwilligen Verzichts auf Rückerstattung gefragt. Diese Hilfsbereitschaft hat alle beim FC sehr gefreut und entgegen unserer eigentlichen Planung bieten wir jedem Dauerkarteninhaber an, auf die Rückzahlung zu verzichten und dem FC damit in diesen für alle schwierigen Zeiten zu helfen.“

Als Frist haben die Geißböcke Freitag, 28. Januar, 12 Uhr, notiert – verbunden mit dem Hinweis, dass der Verzicht auf die Erstattung „freiwillig“ sei und „keinerlei Einflüsse auf zukünftige Auswahlverfahren“ habe. „Die uns angebotene Hilfe nehmen wir dankend an.“

Eine Art Bettelei sieht Alexander Wehrle in diesem Vorstoß nicht: „Einen solchen Vorwurf können wir nicht nachvollziehen. Wir haben sehr transparent unsere Situation geschildert und die freiwillige Option eines Verzichts angeboten, die viele Fans angenommen haben. Wir tragen auch im Sinne des FC und unserer Mitglieder eine unternehmerische Verantwortung. Diese Option des freiwilligen Verzichts nicht anzubieten, wäre fahrlässig gewesen“, erklärt der FC-Geschäftsführer gegenüber der Rundschau.

FC-Doku als Dankeschön bis zum Saisonende kostenlos

Um den Verzicht zusätzlich schmackhaft zu machen, wird den Dauerkarteninhabern im Gegenzug ein „emotionales Dankeschön“ offeriert. Es umfasst die Möglichkeit, die Club-Doku „24/7 FC“ bis zum Ende der Saison kostenlos verfolgen zu können. Dazu gibt es eine Metalltasse, versehen mit dem persönlichen Dauerkartenplatz. Wann dieser im Rheinenergiestadion wieder eingenommen werden darf, ist derweil weiterhin nicht absehbar. „Es sagt uns ja keiner, dass es ab Frühjahr mit vollen Stadien weiter geht“, spricht Wehrle von fehlender Planungssicherheit.

Stattdessen reißt das Festhalten von Bund und Ländern an weitgehend leeren Stadien weitere tiefe Löcher in die Kölner Clubkasse. Mit jedem Heimspiel, das vor verwaisten Rängen ausgetragen werden muss, verliert der FC 1,8 Millionen Euro. Inzwischen hat der coronabedingte Umsatzverlust der Geißböcke den Bereich von 85 Millionen Euro erreicht. „Wir kommen in eine Phase, in der wir das wirtschaftlich nicht lange aushalten.

Die Schäden sind gewaltig“, schlägt Wehrle Alarm. Bereits getätigte Einsparungen am Kader reichen zur Krisen-Entschärfung nicht aus. „Wir werden wieder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken müssen“, bedauert Alexander Wehrle. Ob auch ein erneuter Gehaltsverzicht in der Profi-Mannschaft Thema werden könnte, blieb zunächst unklar.

Alexander Wehrle zu Corona-Maßnahmen: „Niemand kann das noch nachvollziehen“

Wehrles Geduld scheint allmählich aufgebraucht. Der FC-Geschäftsführer, der zugleich als Präsidiumsmitglied der Deutschen Fußball Liga (DFL) tätig ist, spricht von „Symbolpolitik. Niemand kann die Maßnahmen noch nachvollziehen.“ Und weiter: „Wir haben gesehen, dass Großveranstaltungen in den letzten Wochen und Monaten eben nicht ursächlich dafür waren, dass Hotspots entstanden sind. Dann kann ich es absolut nicht nachvollziehen, warum wir hier nur 750 Zuschauer begrüßen dürfen.“

Auch unter Verweis auf das „sehr vernünftige Niveau“ der Hospitalisierungsrate in Nordrhein-Westfalen plädiert Wehrle zumindest für eine Teilöffnung der Arenen: „Wir sagen: 25 Prozent müssen in einem ersten Öffnungsschritt möglich sein. Das wären 12.500 im Rheinenergiestadion.“

Im Ringen um die Rückkehr der Fans wird inzwischen mit immer härteren Bandagen gekämpft. Die Kölner ziehen sogar rechtliche Schritte in Betracht. Als „für uns nachvollziehbar“ bezeichnet Wehrle einen entsprechenden Vorstoß von BVB-Chef Hans-Joachim Watzke und kündigt an: „Wir prüfen eine juristische Klärung und werden auch in den Austausch mit den Bundesliga-Klubs in Nordrhein-Westfalen gehen.“

In Bayern in Stadien wieder 10.000 Zuschauer möglich

Was vorerst bleibt, ist ein deutschlandweiter Flickenteppich mit unterschiedlichen Regelungen, die seit Dienstag um ein weiteres Kapitel reicher sind. Dass in Bayern nun wieder vor bis zu 10.000 Zuschauern gespielt werden darf, sei „erstmal aus unserer Sicht positiv“, meint Wehrle.

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Dennoch wünsche er sich eine „einheitliche Lösung für alle 36 Bundesligisten“, betont der 46-Jährige, der auch langfristig vor großen Problemen für den Profifußball warnt: „Ich sehe schon die Gefahr, dass wir ganze Generationen verlieren. Junge Menschen, die ihre Stars, ihre Vorbilder nicht mehr hautnah erleben können.“

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