Interview mit Dejan Ljubicic„Der FC hat mich nicht umsonst geholt“

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Dejan Ljubicic im interview

Dejan Ljubicic  

  • Dejan Ljubicic (23) war der erste Neuzugang des 1. FC Köln für die kommende Saison in der Fußball-Bundesliga und kam ablösefrei von Rapid Wien.
  • Martin Sauerborn hat mit dem Österreicher im Trainingslager in Donaueschingen.

Herr Ljubicic, haben Sie am Dienstagabend vor dem Fernseher gesessen?

Ja, ich habe mir das Spiel von Rapid Wien angeschaut.

Ihr Ex-Club hat in der Champions League-Qualifikation gegen Sparta Prag 2:1 gewonnen. Wie fanden Sie das Spiel?

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Die Leistung in der ersten Halbzeit war nicht so gut. In der zweite Hälfte war Rapid aber überragend und hätte noch zwei, drei Tore mehr erzielen können.

Hat es Sie ein bisschen gejuckt, den Club, bei dem sie 15 Jahre waren, in der Champions League spielen zu sehen?

Nein, aber für die Jungs und natürlich für meinen Bruder freut es mich sehr.

Ihr Bruder Robert ist im Sommer aus St. Pölten zu Rapid gewechselt und spielt wie Sie vorher auf der Doppelsechs.

Ja genau, aber er interpretiert die Rolle offensiver als ich. Er ist eher ein Box-to-Box-Spieler und hat ja auch das 2:1 von Rapid vorbereitet. Ich bin eher der klassische Sechser.

Sind Sie als Brüder sonst auch unterschiedlich?

Von der Frisur her schon mal und er ist kleiner. Er ist Linksfuß, ich Rechtsfuß. Vom Spielerischen und Läuferischen sind wir aber ähnlich veranlagt.

Zur Person

Dejan Ljubicic wurde am 8. Oktober 1998 in Wien geboren. Seine Familie stammt aus Bosnien-Herzegowina, flüchtete aber noch vor dem Balkankrieg nach Österreich. Ljubicic spielte 15 Jahre lang für den Traditionsclub Rapid Wien und war in der Saison 2017/18 an Wiener Neustadt ausgeliehen. In der vergangenen Saison trug er bei Rapid die Kapitänsbinde. Der Sechser hat in Österreich 101 Erstligaspiele bestritten und dabei sechs Tore erzielt sowie neun Vorlagen gegeben. Beim FC hat er einen vertrag bis zum 30. Juni 2025. (sam)

Finden Sie es schade, dass Sie nicht mit Ihrem Bruder in einem Team spielen können?

Es wäre cool, wenn wir irgendwann mal zusammenspielen würden. Wir haben auch in der Jugend immer nur gegeneinander gespielt. Er bei St. Pölten im älteren Jahrgang, ich bei Rapid. Vielleicht klappt es ja im Nationalteam, wenn wir beide unsere Leistungen bringen. Ansonsten hat jeder seine Karriere und ich konzentriere mich auf Köln.

Auf den ersten Blick verwundert Ihr Wechsel zum FC etwas. AS Rom und Eintracht Frankfurt hatten Interesse und Sie wären auch im Falle eines Abstiegs nach Köln gekommen.

Es gab mehrere Angebote, das ist richtig. Aber Köln ist die perfekte Aufgabe für mich. Ich will mich weiter entwickeln.

Entwickeln, weil Sie beim FC mit mehr Einsatzzeit rechnen und eine wichtigere Rolle spielen können als in Rom oder Frankfurt?

Zunächst will ich fußballerisch den nächsten Schritt gehen. In Österreich bin ich in meiner Entwicklung zuletzt stagniert. Hier im Training habe ich direkt einen Unterschied gemerkt: Alles ist viel schneller. Ich habe in allen Bereichen noch Potenzial, mich zu verbessern. Ich will der Mannschaft helfen und den Trainer überzeugen. Der FC hat mich sicher nicht umsonst geholt.

Ihre bevorzugte Position ist auf der Doppelsechs. Was macht einen Sechser aus?

Es gibt verschiedene Typen. Thiago interpretiert den Sechser eher technisch, Marco Verratti von Paris spielt ihn aggressiver. Ich habe von beidem etwas, nicht, dass ich mich jetzt vergleichen wollte (lacht).

Sie sind in 15 Jahren Sechser mit einer Roten Karte ausgekommen. Welches Rezept steckt dahinter?

Ich habe mich bei den Schiedsrichtern eingeschleimt. (lacht) Nein im Ernst, ich versuche zu antizipieren und immer vor den Gegner zu kommen. Das ist meine Stärke. Ich habe bislang auch wenig Gelbe Karten gesammelt. Die Rote Karte im Derby gegen die Austria war eine Notbremse.

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Ellyes Skhiri, der beim FC als Sechser durchgestartet ist, läuft im Schnitt 12,38 Kilometer pro Spiel. Wieviel schafft Dejan Ljubicic?

Bei Rapid war ich führend in diesem Wert. 11,5 Kilometer etwa. Ellyes Wert ist überragend und er antizipiert auch hervorragend. Ich habe mir seine Spiele angeschaut, er ist richtig gut.

Haben Sie sich schon mal ausgetauscht und können Sie etwas von Ihm lernen?

Klar, habe ich auch schon mit ihm gesprochen. Aber ich kann hier von jedem etwas lernen, zum Beispiel auch von Jonas Hector oder Salih Özcan.

Sie gelten als ruhiger Typ. Wie integrieren Sie sich in ein neues Team?

Florian Kainz und Louis Schaub kenne ich ja von Rapid. Die Ösi-Fraktion hier macht es mir echt leichter.

Philipp Wydra kommt auch aus der Rapid-Schmiede und trägt hier die 39. Das ist doch Ihre Lieblingsnummer, oder?

Die 39 ist mein Talisman. Es war die Nummer, die ich hatte, als ich in die Kampfmannschaft kam. Aber es ist nicht so wichtig, ich trage auch die 7 sehr gerne.

Was hat Horst Heldt in die Waagschale geworfen, um Sie vom FC zu überzeugen?

Den ersten Kontakt gab es schon im Februar über meinen Berater. Dann habe ich mich mit Horst Heldt unterhalten und der FC hat sich richtig, richtig bemüht. Da habe ich zu meinem Berater gesagt, dass ich ein sehr gutes Gefühl habe und nach Köln wechseln will.

Horst Heldt ist nicht mehr FC-Sportchef. Stört Sie das?

Das gehört in diesem Job dazu. Bei Rapid habe ich das auch erlebt, wenn ein Trainer gehen musste, mit dem ich mich gut verstanden habe. Dann muss sich jeder Spieler neu beweisen und durchsetzen.

Sie müssen in Köln Steffen Baumgart überzeugen. Wie nehmen Sie den neuen FC-Trainer bislang wahr?

Es macht richtig Spaß. Und ich bin positiv überrascht. Jedenfalls habe ich es noch nicht erlebt, dass ein Trainer bei Testspielen 90 Minuten lang volle Pulle so coacht. Ich bin gespannt, was noch alles kommt.

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