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Olaf Janßen im Interview vor FC-Abstiegskrimi„Das wird eine Frage der Nerven“

Lesezeit 3 Minuten
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Der Coach von Viktoria Köln war schon Hertha-Co-Trainer und Profi beim FC.

  • Olaf Janßen (54) war von April 2020 bis Ende Januar als Co-Trainer beim Fußball-Bundesligisten Hertha BSC Berlin tätig. Kurz darauf heuerte der frühere Profi des 1. FC Köln zum zweiten Mal als Cheftrainer bei Drittligist FC Viktoria Köln an.
  • Vor dem Kellerkrimi beider Clubs am Samstag (15.30 Uhr, Sky) im Berliner Olympiastadion sprach Tobias Carspecken mit dem gebürtigen Krefelder.

Herr Janßen, wem drücken Sie am Samstag mehr die Daumen? Olaf Janßen: Auf der einen Seite ist der FC mein ganzes Fußballerleben gewesen. Andererseits war ich einen Großteil der aktuellen Saison für die Hertha tätig. In diesem Fall schlagen daher zwei Herzen in meiner Brust. Ich wünsche beiden Vereinen den Klassenerhalt.

Die Hertha muss nahezu die komplette Offensive ersetzen. Vorteil FC?

Allein die körperliche Belastung der Berliner ist seit drei Wochen extrem, das ist auch an den zahlreichen Ausfällen zu sehen. Das hat Substanz gekostet. Die Chancen des FC sind dadurch in jedem Fall höher geworden.

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Was erwarten Sie für ein Spiel?

Dass eines der beiden Teams zu wenige Emotionen zeigen wird, kann ich mir schwer vorstellen. Es wird auch eine Frage der Nerven sein. Klar ist, dass der FC stärker unter Druck steht.

Berlin ist seit der Quarantäne noch ungeschlagen. Sind Sie überrascht?

Die Hertha ist nach der Quarantäne so hoch gesprungen, wie sie es musste. Dafür hat sie ihre Kräfte sehr gut eingeteilt.

Trotz Millionen-Investitionen kämpft der Club aber nur gegen den Abstieg. Warum?

Eine Fußball-Mannschaft ist ein sehr instabiles Gebilde. Wenn man ein, zwei Schnüre falsch zieht, wackelt das ganze Ding. Bei der Hertha waren das im vergangenen Sommer die Abgänge von Vedad Ibisevic und Per Skjelbred, zwei Spieler, die die DNA des Clubs gelebt haben. Das hat die Mannschaft die gesamte Saison über begleitet. Es ist nie gelungen, ein homogenes Gerüst hinzustellen.

Sportchef Michael Preetz sowie das Trainerteam wurden im Zuge des sportlichen Absturzes entlassen. Sind Sie noch enttäuscht?

Ich bin lange genug im Geschäft unterwegs und konnte die Trennung rein von den Ergebnissen her nachvollziehen. Gerade aus meinen jüngsten beiden Stationen beim VfL Wolfsburg und bei Hertha BSC habe ich für mich persönlich viel mitgenommen. In dem Trainer, der ich jetzt bin, stecken jede Menge Erfahrungen aus der Zeit in Berlin.

Wie schätzen Sie die verbliebenen Kölner Chancen ein?

Ich vermute, dass zwei Siege her müssen. Am letzten Spieltag hat der FC mit Schalke eine auf dem Papier leichtere Aufgabe als die Konkurrenz. Das macht die Partie in Berlin umso mehr zum Endspiel. Mein Bauchgefühl sagt mir: Wenn der FC das Spiel in Berlin zieht, ist die Chance riesengroß, dass er es doch noch schafft.

Dem FC droht der siebte Abstieg binnen 23 Jahren. Warum kommt der Club aus dem Fahrstuhl nicht heraus?

Anspruch und Wirklichkeit klaffen wie bei der Hertha auseinander. Der Anspruch des 1. FC Köln rührt aus der Tradition des Clubs und seinen Erfolgen. Die Wirklichkeit sieht aber anders aus. Das ist das, worunter dieser Verein so leidet. Weil die Finanzschere bei den Bundesligisten immer weiter auseinandergeht, wird es gerade für Vereine wie den FC schwer, den eigenen Anspruch zu befriedigen.

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Welche Rolle spielt die fehlende personelle Konstanz?

Erfolg ist immer auch abhängig von den Menschen, die einen Plan im Kopf haben und ihn gemeinsam verwirklichen können. Das beste Beispiel ist der SC Freiburg. Dort haben die handelnden Personen ein Haltbarkeitsdatum von Jahrzehnten. Es zahlt sich aus, wenn man den richtigen Plan und die richtigen Leute in seinen Reihen hat.

Im Falle des Abstiegs läge nur noch eine Liga zwischen dem FC und der Viktoria, die Sie trainieren.

Der FC ist, das sagt schon sein Vereinsname, der erste Fußballclub dieser Stadt – und das wird auch so bleiben. Die Viktoria will versuchen, einen eigenen Weg zu gehen. Das Potenzial für mehrere hochklassige Vereine hat eine Stadt wie Köln auf jeden Fall.

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