Neuer Mann in HöhenbergAndreas Rettig wird Geschäftsführer beim FC Viktoria

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Der langjährige Bundesliga-Manager Andreas Rettig übernimmt den Vorsitz der Geschäftsführung bei Fußball-Drittligist FC Viktoria Köln.

Köln – Der FC Viktoria Köln holt sich namhafte Unterstützung ins Boot. Andreas Rettig (58), ehemaliger Chef der Deutschen Fußball Liga (DFL), übernimmt zum 1. Juni den Vorsitz der Geschäftsführung des ambitionierten Drittligisten. Die am Sonntag verkündete Zusammenarbeit ist zunächst auf vier Jahre ausgelegt.

Risse soll bleiben

Nach dem vorzeitigen Klassenerhalt in der 3. Liga treibt der FC Viktoria Köln die Planungen für die kommende Saison voran. Die prominenteste zu klärende Personalie betrifft die Zukunft von Marcel Risse (31). Das Leihgeschäft mit dem 1. FC Köln, bei dem der Rechtsaußen bis 2022 unter Vertrag steht, läuft aus. Die Viktoria würde den 176-fachen Bundesliga-Profi „gerne halten“, wie Sportvorstand Franz Wunderlich erklärt. „Marcel fühlt sich bei uns wohl. Es stehen aber noch Gespräche mit dem FC aus.“ Risse kam in bislang 25 Drittliga-Spielen (drei Tore, sechs Vorlagen) für die Viktoria zum Einsatz. (tca)

In Höhenberg ist die Freude über den Coup groß. „Andreas Rettigs Kompetenz im Fußball ist unbestritten. Seine Erfahrung und seine Expertise werden uns sehr helfen. Er ist für die Viktoria ein riesiger Gewinn“, jubelt Präsident Günter Pütz. Gebuhlt hatte sein Club schon seit längerem um die Dienste des früheren Managers des SC Freiburg, 1. FC Köln und FC Augsburg. Doch Rettigs Lebensplanung hatte zunächst einen anderen Weg vorgesehen. Jetzt, einige Jahre später, passte es für beide Seiten.

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Geschäftsleiter bei FC St. Pauli

„Ich habe das Gefühl, dass unsere Wertvorstellungen übereinstimmen. Und auch bei der Ausrichtung des Klubs sprechen wir eine gemeinsame Sprache“, sagt Rettig, der zuletzt bis September 2019 als kaufmännischer Geschäftsleiter beim Zweitligisten FC St. Pauli tätig war. Obwohl seine Verpflichtung ein eindeutiges Signal zum Aufbruch Richtung Zweite Bundesliga darstellt, hält sich Zahlenmensch Rettig bei der Formulierung von Viktorias Zielen eher zurück. „Natürlich wollen wir den sportlichen Erfolg – aber nicht um jeden Preis. Denn hier hat die wirtschaftliche Vernunft, der wir als Fußballverein gerecht werden wollen, Priorität.“

Kommentar: Notwendiger Schritt

Mit der Verpflichtung von Andreas Rettig hat der FC Viktoria Köln ein kräftiges Ausrufezeichen gesetzt. Zugleich wird sich der ohnehin kritisch beäugte Drittligist aber auch so manchem neidischen Blick sicher sein. Denn während viele Vereine seit einem Jahr um das finanzielle Überleben kämpfen, sind die Höhenberger dank Mäzen Franz-Josef Wernze selbst während der Corona-Pandemie in der Lage, sich die Dienste eines ausgewiesenen Branchenkenners sichern zu können.

Das Signal, das die Personalie sendet, ist eindeutig. Nach dem Sprung in die 3. Liga samt dortiger Etablierung nimmt die Viktoria den nächsten Schritt in ihrer Entwicklung in Angriff – den Aufstieg in die Zweite Bundesliga. Dass sie bei diesem Vorhaben künftig auf die Expertise Rettigs zurückgreift, ist ein ebenso spektakulärer wie notwendiger Schachzug. Der frühere DFL-Chef und Bundesliga-Manager bringt neben fundierter Profi-Erfahrung ein tiefgreifendes Netzwerk mit. Kompetenzen, über die die Viktoria nach nur zweijähriger Drittliga-Zugehörigkeit nicht verfügen kann.

Doch benötigt der Club eben jene Fähigkeiten, um den steigenden Herausforderungen gewachsen zu sein. Bei der Planung des Kaders, die in den vergangenen Jahren Defizite aufwies. Bei der Arbeit an der Infrastruktur, die trotz bereits erzielter Fortschritte noch längst nicht in allen Bereichen drittligatauglich ist. Und auch bei der Gewinnung weiterer Partner, um für die Zeit nach der Ära Wernze gewappnet zu sein. Ob die Zusammenarbeit fruchtet, wird derweil nicht nur vom sportlichen Erfolg abhängen. Sondern auch von der Frage, wie gut der neue starke Mann Andreas Rettig mit dem emotionalen und mächtigen Sportchef Franz Wunderlich harmoniert.

Wie nach Hause kommen

Für Andreas Rettig, der auch höherklassigere Angebote vorliegen hatte, ist der Einstieg bei den Rechtsrheinischen so etwas wie nach Hause kommen. Der frühere Rechtsaußen kickte in den 1980er-Jahren für den SC Viktoria Köln und den SC Brück. Seit 2012 ist er zudem Ehrenmitglied der Viktoria, deren Nachwuchsabteilung er als Förderer unterstützte. Abgerissen ist der Kontakt dadurch nie.

Dass er für seine neue Aufgabe bereit ist, zumindest vorerst runter in die 3. Liga zu gehen, hat auch private Gründe. „Meine Frau und ich wollten nicht mehr umziehen“, erklärt der gebürtige Leverkusener, der in Köln lebt. Zudem werden ihm bei der Viktoria mehr Freiheiten als auf seinen vorherigen Stationen eingeräumt. „Ich möchte im letzten Drittel meines beruflichen Wirkens keine Kompromisse mehr eingehen“, sagt Rettig. „Ich will mich mit Menschen umgeben, mit denen ich vertrauensvoll und mit Freude zusammenarbeite. Und dieses Gefühl habe ich hier. Außerdem finde ich hier den Gestaltungsfreiraum vor, den ich mir wünsche.“

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Bei der Viktoria wird Andreas Rettig als Chef der Spielbetriebs-GmbH für die Bereiche Sport, Strategie und Kommunikation des Drittliga-Teams zuständig sein und sich zudem verstärkt um das Thema Inklusion kümmern. Zu tun gibt es gerade im infrastrukturellen Bereich einiges, um den seit seiner Neugründung im Jahr 2010 schnell gewachsenen Verein für den Sprung in noch höhere Sphären zu präparieren. Der Sportpark Höhenberg erfüllt nach einer bereits erfolgten Erweiterung gerade so eben die Drittliga-Vorschriften. Zudem sind die Pläne für ein Vereinszentrum am Pohlstadtsweg in Neubrück zuletzt ins Wanken geraten.

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