BundesligaHavertz schießt Bayer 04 zum Sieg in Gladbach – BVB gewinnt

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Jubel bei Bayer 04 Leverkusen nach dem ersten Treffer von Kai Havertz

Köln – Zweites Geisterspiel, zweiter Doppelpack: Dank Shootingstar Kai Havertz hat Bayer Leverkusen erstmals seit September einen direkten Champions-League-Platz erobert. Die Werkself zog durch ein verdientes 3:1 (1:0) im Verfolgerduell bei Borussia Mönchengladbach an dem Westrivalen vorbei und darf als vorläufig Dritter sogar nach ganz oben schielen.Der überragende Havertz sorgte mit seinem Blitz-Tor (7.) und einem verwandelten Foulelfmeter nach Videobeweis (58.) für Leverkusens achten Sieg im zehnten Rückrundenspiel. Sven Bender (81.) erzielte den dritten Bayer-Treffer. Marcus Thuram (52.) traf zum zwischenzeitlichen Ausgleich.

Der 20 Jahre alte Havertz, der kurz vor der Pause zudem die Latte traf, hatte schon am Montag in Bremen mit einem Doppelpack überragt. Acht seiner jetzt zehn Saisontore markierte der Nationalspieler nach der Winterpause.

Gladbach läuft nur hinterher

In der temporeichen Begegnung überzeugte das Team von Trainer Peter Bosz vor allem offensiv mit schnellem, druckvollem Spiel, Gladbach lief vor allem vor der Pause nur hinterher - so auch gleich zu Beginn, als Havertz nach Zuspiel von Karim Bellarabi flach ins lange Eck traf. Gladbach-Coach Rose hatte vor dem Spiel noch vor den „außergewöhnlichen Qualitäten“ des Nationalspielers gewarnt - vergeblich.

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Havertz blieb auch in der Folge brandgefährlich, Gegenspieler Rami Bensebaini bekam den 20-Jährigen kaum in den Griff. Das Bild blieb daher gleich: Während Gladbach kein Durchkommen fand und zudem Breel Embolo nach einem Zweikampf mit Havertz früh auswechseln musste, ließ Bayer munter den Ball zirkulieren.

Pappfiguren auf den Tribünen

Entsprechend angefressen wirkte Rose, der erstmals in der Bundesliga eine unveränderte Elf auf den Rasen geschickt hatte. Sein Gegenüber Bosz ließ dagegen das 17 Jahre alte Toptalent Florian Wirtz diesmal auf der Bank, am Spielfluss änderte das aber nicht viel. Kurz vor der Pause traf Havertz die Latte (45.), beim Nachschuss von Demirbay rettete Elvedi spektakulär mit der Fußspitze.

Gladbach kam zwar gut aus der Pause, als Thuram mit einer Direktabnahme sein achtes Saisontor erzielte. Doch der Ausgleich hielt nicht lange: Schiedsrichter Sören Storks wertete einen Einsatz von Elvedi gegen Bellarabi nach Ansicht der TV-Bilder als elfmeterreif, Havertz traf mit etwas Glück vom Punkt zum 2:1.

Für einen Hauch von Bundesliga-Atmosphäre sorgten die exakt 12.993 lebensgroßen Fan-Pappfiguren auf den Tribünen, darunter auch sechs Bayer-Fans im Gästeblock. „Stumme Mienen. Für Borussia, gegen Geisterspiele“ war auf einem Spruchband zu lesen, zudem „Pappen-Mahnmal. Fußball ohne Fans ist nichts“. Auch Borussias Mannschaft und Trainer, der aktuelle Vorstand, das Meisterteam von 1970 und sogar SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hatten bei der Aktion mitgemacht.

Guerreiro und Hakimi schießen Dortmund zum Sieg

Mit dem sechsten Ligasieg in Serie hält Borussia Dortmund im Titelkampf den Druck auf Tabellenführer Bayern München aufrecht. Die Westfalen setzten sich beim VfL Wolfsburg dank der Treffer von Raphael Guerreiro (32.) und Achraf Hakimi (78.) mit 2:0 (1:0) durch und dürfen verhalten optimistisch dem Bundesliga-Gipfeltreffen am Dienstag im heimischen Stadion gegen den Rekordmeister entgegensehen.

Guerreiro schloss bei seinem Führungstreffer die einzig sehenswerte Kombination der Gäste in der ersten Halbzeit mit einem Flachschuss aus kurzer Distanz ab. Vorausgegangen war ein Abstimmungsproblem der Wolfsburger Defensive. Hakimi nutzte später einen Konter zum beruhigenden zweiten Treffer. Kurz darauf sah der eingewechselte Wolfsburger Felix Klaus (64.) nach einem groben Foulspiel und Videoüberprüfung die Rote Karte (83.) von Schiedsrichter Daniel Siebert (Berlin).

Enttäuschende erste Halbzeit

Guerreiros Führungstreffer war der Höhepunkt einer von beiden Seiten enttäuschenden ersten Halbzeit. Ohne Zuschauer wirkte die Partie wie ein Trainingsspiel, Strafraumszenen waren an den Fingern einer Hand abzuzählen. Die beiden Trainer Oliver Glasner (Wolfsburg) und Lucien Favre (Dortmund) wirkten am Spielfeldrand fast temperamentvoller als ihre Akteure auf dem Rasen der Volkswagen-Arena.

Der Schweizer Coach reagierte auf diese Lethargie und ersetzte nach dem Seitenwechsel Mats Hummels, der sein 250. Bundesligaspiel für den BVB wegen einer leichten Blessur nicht zu Ende bringen konnte. Für den Ex-Nationalspieler, dessen Einsatz gegen die Bayern am Dienstag (18.30 Uhr/Sky) aber nicht gefährdet sein soll, kam Emre Can zum Einsatz.

Haaland unsichtbar

Auch ohne personelle Maßnahmen wurden die Aktionen der Wolfsburger zu Beginn der zweiten Halbzeit druckvoller. Erstmals geriet sogar das Dortmunder Tor in Gefahr, doch ein verdeckter Schuss von Renato Steffen (48.) strich knapp über die Querlatte.In der 62. Minute scheiterte der Schweizer an seinem Landmann Roman Bürki im BVB-Gehäuse.

Mehr als ein Strohfeuer war diese Aktionen aber nicht. Die Gäste übernahmen nach einer Stunde wieder das Kommando, ohne wirklich zu glänzen. Komplett vorbei lief die Begegnung an Erling Haaland, der Torjäger Norweger wählte immer wieder die falschen Laufwege und kam so gar nicht erst in erfolgversprechende Zweikämpfe vor dem VfL-Tor.

Schon vor der Begegnung der Partie hatte BVB-Sportdirektor Michael Zorc bekanntgegeben, dass man den zum Saisonende auslaufenden Vertrag mit Mario Götze nicht verlängern werde. „Es ist eine gemeinsame Entscheidung nach einem sauberen Gespräch. Mario ist ein richtig guter Junge“, sagte Zorc im Sky-Interview.

Der Siegtorschütze im WM-Endspiel 2014 in Rio de Janeiro gegen Argentinien hatte sich zuletzt bei den Schwarz-Gelben keinen Stammplatz mehr erkämpfen können. Coach Favre betonte noch am Freitag, es sei schwer für Götze, einen Platz im Spielsystem der Borussia zu finden.

VAR rettet Bremen in Freiburg

Mit dem ersten Erfolg seit 126 Tagen hat Werder Bremen im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga neuen Mut geschöpft. Die Mannschaft des angezählten Trainers Florian Kohfeldt holte am 27. Spieltag beim SC Freiburg einen 1:0 (1:0)-Zittersieg, Relegationsrang 16 ist vorerst nur noch zwei Punkte entfernt.Leonardo Bittencourt (19.) erzielte mit seinem siebten Karriere-Tor gegen Freiburg die Führung der Bremer, die die Schlussphase nach Gelb-Rot gegen Philipp Bargfrede (88.) in Unterzahl spielen mussten. Die Kritik an Kohfeldt dürfte zumindest bis zum nächsten Spiel am Dienstag gegen Borussia Mönchengladbach etwas verstummen, zudem haben die Hanseaten noch das Nachholspiel gegen Eintracht Frankfurt in der Hinterhand.

Den angekündigten Willen, die Wende mit aller Macht zu erzwingen, lebte Kohfeldt selbst von Beginn an vor. „Komm, komm, komm“, schrie er seinen Schützlingen von außen immer wieder zu - in Sachen Engagement war den Gästen auch überhaupt kein Vorwurf zu machen. Durch energisches Pressing und harte Zweikämpfe eroberten die Bremer häufig den Ball.

Freiburg nach Gegentreffer deutlich aktiver

Die Führung durch Bittencourt, der mit einem satten Schuss von der Strafraumgrenze traf, hatte sich dennoch nicht unbedingt abgezeichnet. Bis auf einen Abschluss von Davy Klaassen (8.) lief im Spiel nach vorne - gemessen am Ballbesitz - wenig zusammen. Freiburgs Roland Sallai (17.) hätte zudem beinahe eine der seltenen Chancen der Gastgeber genutzt.

Mit dem ersten Tor der intensiven Begegnung änderten sich allerdings die Kräfteverhältnisse. Freiburg wurde nun aktiver, die Bremer mussten öfters und teilweise in höchster Not klären. Kohfeldt feierte die gelungenen Defensivaktionen fast so, als hätte seine Mannschaft ein weiteres Tor erzielt.

Die ersten Minuten nach dem Seitenwechsel ließen wieder mutigere Bremer vermuten. Der Freiburger Aufbau wurde von den Gästen nun wieder entschlossener gestört, zudem wagte Außenverteidiger Marco Friedl (48.) einen aussichtsreichen Vorstoß. Hätte er den Pass zu Mittelstürmer Joshua Sargent schärfer gespielt, wäre die Führung wahrscheinlich noch beruhigender, weil um ein Tor höher ausgefallen.

Große Erleichterung nach Abpfiff

So aber mussten die Bremer weiterhin den Ausgleich fürchten - nicht zuletzt, weil im Mittelfeld immer noch der ein oder andere Fehlpass unterlief. Die schwächste Defensive der Bundesliga wehrte sich, angefeuert vom nimmermüden Kohfeldt, allerdings mit Tacklings und großer Laufbereitschaft. Die beste Aktion blieb indes Torhüter Jiri Pavlenka (61.) vorbehalten, der den flachen Fernschuss von Nicolas Höfler entschärfte.

Der vermeintliche Ausgleich durch Manuel Gulde (89.) schockte die dezimierten Bremer - umso größer war die Erleichterung, als Schiedsrichter Robert Hartmann nach Videobeweis auf Abseits entschied. (sid)

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