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Jetzt neu auf NetflixWas die Doku über Michael Schumachers Leben zeigt

Lesezeit 5 Minuten
Michael Schumacher und seine Frau

Michael Schumacher mit seiner Ehefrau Corinna

  • Über Rennfahrer Michael Schumacher, der 2013 schwer verunglückte, ist privat nur wenig bekannt.
  • Am 15. September erscheint die Dokumentation „Schumacher“, die den Menschen hinter dem Rekord-Weltmeister der Formel 1 in den Fokus rückt

Köln – „Michael fehlt mir jeden Tag. Jeder vermisst Michael“, sagt Corinna Schumacher mit Tränen in den Augen. „Aber Michael ist ja da. Anders, aber er ist da. Und das gibt uns allen Kraft.“ Am 15. September erscheint auf Netflix die Dokumentation „Schumacher“.

Es ist keine Dokumentation, die den aktuellen Zustand des ehemaligen Rennfahrers in den Mittelpunkt rückt. Doch der Skiunfall am 29. Dezember 2013 in den französischen Alpen gehört nun mal zur ganzen Geschichte des Formel-1-Rekordweltmeisters dazu. Der Unfall hat sein Leben, das seiner Frau und seiner zwei Kinder innerhalb eines kleinen Moments auf den Kopf gestellt.

Die Familie lässt nur erahnen, wie es Michael Schumacher fast acht Jahre nach dem Vorfall geht. „Wir sind zusammen, wir leben zusammen zu Hause. Wir therapieren ihn und machen alles, dass es ihm besser geht, dass er unseren Zusammenhalt spürt“, sagt seine Ehefrau.

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Nach Unfall: Familie baut Festung um Michael Schumacher

Dass es diese Einblicke in die Gefühlswelt der Angehörigen nun gibt, ist schon besonders. Seit dem Unfall hat die Familie eine Festung rund um die Person Michael Schumacher aufgebaut. Es drangen so gut wie keine Informationen nach draußen.

Anfragen für eine Dokumentation gab es vermutlich viele. Den Zuschlag bekam schließlich ein Team um den Regisseur Hanns-Bruno Kammertöns, der bereits den Film „Boris Becker“ gedreht hatte. Durch frühere Interviews mit Michael Schumacher hatte er bereits Kontakt zu Managerin Sabine Kehm, die wiederum die Verbindung zur Familie herstellte. Es begann ein langer Prozess, in dem das Filmteam Schritt für Schritt das nötige Vertrauen aufbaute.

Über Sabine Kehm konnte das Filmteam alle Größen des Formel-1-Sports vor die Kamera holen. Neben dem ehemaligen Formel-1-Chef Bernie Ecclestone, der nur selten mit Medien spricht, kommen unter anderem die Piloten Damon Hill, Eddie Irvine und Sebastian Vettel zu Wort.

Gemeinsam mit Produzent Benjamin Seikel und Regisseurin Vanessa Nöcker stellt Kammertöns die Rennfahrerkarriere in den Mittelpunkt des rund 110 Minuten langen Films. Doch eigentlich geht es dabei nicht vordergründig um die einzelnen Meilensteine, um die sieben Formel-1-Weltmeistertitel, sondern um den Menschen dahinter. Es ist die Geschichte einer Legende, über die abseits der Rennstrecke kaum etwas bekannt ist.

In der Öffentlichkeit stellte Schumacher stets den vor Selbstvertrauen strotzenden Gewinnertypen dar, sein Leben als liebevollen Ehemann und zweifachen Vaters schirmte er ab. Bisher nie gezeigtes Archivmaterial und private Videos zeichnen ein authentisches Bild des Menschen hinter den großen Erfolgen. Authentisch deshalb, weil auch die negativen Seiten zur Sprache kommen.

Michael Schumacher: Karriere begann in Kerpen-Manheim

Die Legende beginnt im Film auf der Kartbahn in Kerpen-Manheim. Dort fischt der kleine Michael für die Extra-Herausforderung alte Reifen aus dem Müll, schraubt sie auf sein Go-Kart und dominiert seine Gegner dennoch. Sein besonderes Talent, sein Gefühl für Fahrbahn und Gefährt, sind schon da offensichtlich. Die Abneigung gegen den einfachen Weg zeigt sich auch 1996 wieder mit dem Wechsel in der Formel 1 von Benetton zu Ferrari. Als zweifacher Weltmeister schließt er sich den Italienern an, die sich mitten in der Krise befinden. Das Auto ist zu langsam, die Technik streikt immer wieder.

Daran ändert auch der neue Hoffnungsträger nichts – vorerst. In jedem Moment mache er sich Gedanken, was er und sein Team verbessern können, sagt er in einem Interview. Stundenlang, bis spät in die Nacht, tüftelt er mit den Mechanikern an seinem Auto.

Als Teamplayer ist er freundlich zu allen Kollegen, sagt Bitte und Danke, spielt in einer Pause Fußball mit den Mechanikern oder lobt die Pasta des Team-Kochs. Er will den Erfolg, ist besessen davon. Der Wille zu gewinnen, ist riesig. Manchmal zu sehr. 1997 ist Schumacher vor dem letzten Saisonrennen WM-Erster, scheidet nach einem Crash mit Jacques Villeneuve aber aus. Er behauptet, Villeneuve hätte ihn gerammt. Er ist fest davon überzeugt.

Das Video sagt das Gegenteil. „Diese Momente hatte Michael zwei oder drei Mal in seiner Karriere, in denen sein Engagement, sein Konkurrenzdenken, seine Hingabe einfach einen Schritt zu weit gingen“, erinnert sich der damalige technische Ferrari-Direktor Ross Brawn.

Corinna Schumacher: „Jetzt beschützen wir Michael“

Ähnlich hart geht es in den vielen Zweikämpfen mit dem finnischen Piloten Mika Häkkinen zu, der heute sagt: „Michael war definitiv am Limit. Sein Ansatz, um zu gewinnen, war absolute Furchtlosigkeit“ Als er Schumacher nach einem rasanten Manöver zu Rede stellte, hebt der nur die Schultern. „Mika, das ist ein Rennen.“

Die Furchtlosigkeit entwickelte sich Schritt für Schritt, sie war nicht immer da. Vor allem nicht nach dem tragischen Unfall von Formel-1-Legende Ayrton Senna, der nur wenige Meter vor Schumacher fuhr, als er von der Strecke abkam, in die Absperrungen raste und tödlich verletzt wurde. Der Deutsche stellte alles in Frage, dachte sogar an sein Karriereende als Rennfahrer. Als er später Sennas Siegrekord einstellte, brach er vor laufenden Kameras in Tränen aus.

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Vieles in der Netflix-Doku stellt einen krassen Gegensatz dar. Auf der einen Seite die Bilder einer privaten Party. Schumacher tanzt in engem weißen T-Shirt, singt vor allen Gästen – krumm und schief. Auf der anderen Seite die Berichte seiner ehemaligen Mitstreiter. „Es war schwierig, Michael kennenzulernen“, sagt Mark Webber. „Da gab es immer einen Zaun.“ Ehefrau Corinna bestätigt, er sei ein sehr misstrauischer Mensch gewesen. „Bis er denkt, dass er jemandem vertrauen kann. Dann öffnet er sich hundertprozentig.“

Auch seine Familie öffnet sich in der Dokumentation so wie noch nie. Viel mehr Informationen wird es aber wohl auch in Zukunft nicht über den Gesundheitszustand geben. „Privat ist privat“, sagt Corinna Schumacher. „Michael hat uns immer beschützt. Und jetzt beschützen wir Michael.“

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