InterviewHockey-Spieler Mats Grambusch über Ungewissheit und Tests

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„2020 war aber schon ein Katastrophenjahr“: Hockey-Nationalspieler Mats Grambusch.

Köln – Das Ziel im Jahr 2020 ist klar für Hockey-Nationalspieler Mats Grambusch: Olympia in Tokio. Doch dann kommt Corona, an  olympische Spiele ist nicht zu denken, der Sport wird zunächst unwichtiger, dann geht es zumindest weiter. Grambusch hat der Rundschau erzählt, wie er dieses Corona-Jahr erlebt hat.

Emotionen hat  es für Mats Grambusch zuletzt nur im Fernsehen gegeben. Der Hockey-Nationalspieler aus Mönchengladbach ist bekennender Fan der Borussia, er  verfolgte den überraschenden Einzug seiner Lieblings-Fußballer ins Champions-League-Achtelfinale vor dem TV. „Die Mannschaft am Bildschirm feiern zu sehen, da war ein Hauch dieses besonderen Gefühls schon wieder da“, sagt der Wahl-Kölner mitten im zweiten Corona-Lockdown.

Bundesliga und Nationalteam

Seit sieben Jahren spielt Grambusch zusammen mit seinem Bruder Tom in Müngersdorf bei Rot-Weiss Köln Hockey, erlebte in dieser Zeit Höhen und Tiefen in der Bundesliga und dem Nationalteam. Das Jahr 2020 stellt aber auch für den zweifachen Deutschen Meister und Olympia-Dritten alles in den Schatten. „Als Leistungs-sportler sind wir es ja gewohnt, mit Rückschlägen und Niederlagen umzugehen“, sagt Grambusch. „2020 war aber schon ein Katastrophen-Jahr.“ Dabei hilft ihm in dieser Zeit  seine persönliche Situation und eine generell positive Denkweise, damit er  die Olympia-Absage und andere harte Einschnitte  verkraftet.

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Das Jahr 2020 hatte schon schlecht begonnen  für  Grambusch, mit einer  Plantarfaszienverletzung. Die Schmerzen am Fuß hatte der Angreifer zuvor lange ignoriert, dann aber doch pausiert, er muss   mit entlastendem Wassertraining durch die Wintermonate kommen. „Im Februar war ich dann mit der Nationalmannschaft im Trainingslager“, erinnert er sich an die Olympia-Vorbereitung in Südafrika. „Vom Start der Pandemie hat man da wenig mitbekommen. Erst als Nachrichten von Freunden zuhause kamen, wusste ich, dass da was auf uns zukommt.“

Fokus auf Olympiade in Tokio

Das Ausmaß ist  dem Hockeyspieler zu dem Zeitpunkt noch nicht klar, auch Grambusch muss sich an virologische Einschätzungen, politische Beschlüsse und den ersten Lockdown gewöhnen. „Dass sich erstmal niemand um den Spitzensport gekümmert hat, war verständlich. Schließlich gab es Wichtigeres“, sagt der 28-Jährige.

Sein Fokus liegt da noch voll auf der für Juli und August geplanten Olympiade in Tokio. Noch im März  stellt  er sich Fitnessgeräte in die eigenen vier Wände, er will seine Form  mit Läufen im Stadtwald und Heimtraining per Video-Live-Schalte kompensieren. „Olympia wurde ja später als viele andere Turniere abgesagt“, erinnert sich Grambusch an die bittere, aber unausweichliche Nachricht im April.

Rückblickend sei die Ungewissheit „das Schwierigste“ gewesen. „Das war mental echt anstrengend.“ Mit dem eingeimpften Optimismus eines Spitzensportlers zog er aber auch aus dieser Situation Positives: „Die Spiele in Tokio hätte ich nach meiner langen Verletzung wohl nicht in Topform bestreiten können. Nach der Verlegung auf 2021 ist jetzt genügend Zeit.“  Generell hält er  auch das Lockdown-Training für wichtig und sinnvoll. „Irgendwann wird sich das in Medaillen ummünzen“, glaubt Grambusch.

BWL-Studium ganz nebenbei

Neben dem Sport  absolviert  er parallel ein Studium der Betriebswirtschaftslehre,    Anfang Dezember hat   er gerade seine fertige Bachelorarbeit abgegeben. „Generell fühle ich mich privilegiert“, stellt er klar. Von Kleingruppentraining im Mai, über die beendete Bundesliga-Hinrunde als Tabellenführer mit RW Köln im Oktober, bis hin zur aktuellen Trainings-Genehmigung für Kaderathleten. „Es hat viele Menschen viel härter getroffen als uns“, sagt  Grambusch. Seine Mutter arbeitet im Krankenhaus und berichtet ihrem Sohn von anderen Umstän-den. Während die Hockey-Bundesligisten nicht flächendeckend auf Covid-19 getestet wurden, was für Grambusch „vernünftig gewesen wäre“, bekommt das Nationalteam regelmäßige Tests. „Auf einem 100 mal 50 Meter großen Hockeyplatz an der frischen Luft sehe ich keine große Infektionsgefahr“, stellt er nach ausschließlich negativen Tests klar.

Die Umstände in manchem Duschraum, Kabine oder bei der Anreise seien aber „schon fatal“ gewesen. Als Verein setzt RW Köln  laut Grambusch alles in Bewegung, um den Betrieb aufrecht zu erhalten und hofft dabei auf die Loyalität der Mitglieder und der Sponsoren wie einer Lebensmittelmarktkette, die gut durch die Krise gekommen sind.

Zur Person

28 Jahre alt ist Mats  Grambusch. Er wurde am  4. November 1992   in Mönchengladbach geboren und ist Hockey-Nationalspieler.  Seine Karriere hatte der Bruder von Tom Grambusch beim Gladbacher HTC begonnen. 2013 wechselten beide vom Niederrhein an den Dom. Mit Rot-Weiss Köln gewann Mats Grambusch 2015 und 2016 die deutsche Freiluft-Meisterschaft, bei Olympia holte er  2016  mit den Hockey-Herren Bronze und wurde dafür später mit dem silbernen Lorbeerblatt als höchste Auszeichnung für deutsche Sportler geehrt.

Die persönlichen Aufwandsentschädigungen blieben bisher unverändert. „Das Miteinander als Mannschaft hat sich aber verändert“, sagt  Grambusch, er denkt   an Maskenpflicht oder speziellen Hygieneregeln für Auswärts-Übernachtungen. Nach der Absage der Hallensaison haben  zuletzt Treffen mit dem Team Deutschland auf dem Programm gestanden. Auch im Januar 2021 wären die Herren des Deutschen Hockey-Bundes eigentlich nach Spanien und Südafrika geflogen. „Jetzt finden die Lehrgänge eben im schönen Mannheim statt“, freut sich Grambusch auch darauf.

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Mitten im harten Lockdown glaubt er an ein besseres Jahr 2021. „Wir sind besser vorbereitet und müssen jetzt abwarten, wie das mit den Impfungen läuft“, meint er. Nach Rio in 2016 hat er zudem das große Ziel Olympia 2021 im Blick. Egal ob fünf Jahre nach der Bronze-Medaille Zuschauer in Tokio sein dürfen oder nicht: Emotionen sind dort garantiert.   Mats Grambusch ist Teil unserer Serie, bei der wir Menschen fragen: Wie haben Sie  die Corona-Krise erlebt? Den Auftakt hat am Samstag  Lehrer  Guido Schönian gemacht, es folgen eine Tanz-Marie ohne  Bühne,  ein Schauspieler ohne Engagement, eine Schülerin, eine KVB-Busfahrerin und viele andere mehr. Sie  verbindet: Von der Krise haben sie sich nicht klein kriegen lassen. (alw)

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