Interview mit Trainer Olaf Janßen vor dem Saisonstart„Viktoria Köln ist eine Familie“

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Olaf Janßen

Trainer Olaf Janßen geht zuversichtlich in die Saison.

Köln – Der FC Viktoria Köln startet am Samstag (14 Uhr) mit der Partie beim SV Waldhof Mannheim in die Fußball-Drittligasaison. Trainer Olaf Janßen äußert sich im Interview zu den Chancen in dieser Spielzeit, seinen Umgang mit Schwierigkeiten und das Pokal-Duell mit dem FC Bayern. 

Herr Janßen, Viktorias Auftaktgegner zum Drittliga-Start vor knapp zwei Jahren hieß…

Waldhof Mannheim natürlich (lacht).

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Trainer in Höhenberg war damals noch Pavel Dotchev. Haben Sie die Partie trotzdem verfolgt?

Ehrlich gesagt nein. Allerdings hat mir Franz Wunderlich (Sportvorstand der Viktoria, die Red.) später noch öfter von diesem Spiel berichtet. Viktorias damaliger Torwart Sebastian Mielitz hat alles gehalten, in der zweiten Halbzeit hat Viktoria das Geschehen dann komplett auf den Kopf gestellt und noch ein 2:2 geschafft. Ach ja: Es war ja auch das erste Spiel von meinem ehemaligen Co-Trainer Patrick Glöckner als Mannheim-Coach.

Hätten Sie sich zum Auftakt einen leichteren Gegner gewünscht? Der SV Waldhof wird als Aufstiegsaspirant eingestuft.

Von der Papierform war unser Auftaktprogramm letztes Jahr schon leichter mit Begegnungen gegen Viktoria Berlin und Zwickau. Vielleicht sogar nicht nur von der Papierform her, denn jetzt haben wir wirklich eine ziemlich knackige Abfolge zu Beginn mit Mannheim, Wehen Wiesbaden, Essen und Dresden. Und natürlich: Mannheim traue ich es durchaus zu, die hoch gesteckten Ziele auch zu erreichen.

Der FC Viktoria wird eher dem Tabellen-Mittelfeld zugeordnet. Eine realistische Einschätzung aus Ihrer Sicht?

Fakt ist, dass wir um die 20 Spieler des letztjährigen Kaders halten konnten. Deshalb erwarte ich uns schon deutlich gefestigter als in der letzten Saison. Unser Ziel muss es sein, uns möglichst schnell von unten abzusetzen und mit dem Abstieg nichts zu tun zu haben. Ein Platz im Mittelfeld ist also durchaus vorstellbar.

Aber eigentlich müsste es tabellarisch doch bergauf gehen. Sie sagen ja selbst, dass der Kader weitgehend zusammengeblieben ist.

Ich sehe uns sogar besser aufgestellt als in der letzten Spielzeit. Die Mannschaft arbeitet mehr oder weniger seit eineinhalb Jahren zusammen, wir kennen uns in unserem Zusammenleben und haben uns zudem noch gut verstärkt. Die Grundstruktur stimmt definitiv.

Viktoria Köln fehlen vier Offensivspieler

Auch in dieser Woche konnte die Viktoria keinen Vollzug in der Personalie Robin Meißner verkünden. Das Werben um den robusten HSV-Angreifer zieht sich in die Länge; Kölns Trainer Olaf Janßen hat die Hoffnung auf ein Leihgeschäft mit dem 22-jährigen Stürmer dennoch nicht aufgegeben: „Das ist schon eine schwierige Nummer. Fakt ist aber, dass wir ihn gerne bei uns hätten.“ Mit einer Entscheidung, ob Meißner künftig für den Drittligisten aufläuft, ist frühestens nächste Woche zu rechnen.

Abgesehen davon muss sich der FC Viktoria mit Verletzungsproblemen herumschlagen: In André Becker, Luca Marseiler, Simon Stehle und Simon Handle fallen zum Auftakt am Samstag (14 Uhr, Carl-Benz-Stadion) bei Waldhof Mannheim vier Offensiv-Spieler aus, Zugang Hamza Saghiri, der letzte Woche vom SV Waldhof nach Köln wechselte, hat zudem noch Trainingsrückstand. Torwart Ben Voll wird als neue Nummer eins das Viktoria-Gehäuse hüten. (ol)

Leider scheint sich die Verletztenproblematik aus der letzten Saison fortzusetzen. Mit Jeremias Lorch, Luca Marseiler und André Becker fallen gleich drei wichtige Säulen aus. Liegt ein Fluch über dem Klub?

Ganz sicher nicht, wobei man sich diese Frage wirklich zwischendurch stellen könnte (lacht). Die Verletzungen resultieren allesamt aus Zweikämpfen im Training oder Spiel, es sind eben Unfälle, die im Fußball immer mal vorkommen können. Aber rumzuheulen bringt nun auch nichts – wir müssen die Situation einfach akzeptieren und diese Widerstände ertragen.

Mit besagten Widerständen mussten Sie bereits im letzten Jahr umgehen und haben sämtliche Hindernisse anscheinend federleicht umschifft. Sind Sie privat genauso entspannt wie als Trainer?

Ich würde in diesem Zusammenhang lieber von Erfahrung sprechen. Was bringt es der Mannschaft und mir, wenn ich wie ein HB-Männchen durch die Kabine springe und alle verrückt mache? Mein Credo lautet immer, den Spielern das Vertrauen zu schenken, die auf dem Platz stehen und im Kader sind. Damit bin ich in der Vergangenheit stets gut gefahren.

Sie haben Ihren Vertrag bereits im Februar um ein weiteres Jahr verlängert. Mussten Sie lange überlegen?

Zur Person

Olaf Janßen (55), geboren in Krefeld, spielte in der Fußball-Bundesliga für den 1.FC Köln und Eintracht Frankfurt und gewann mit der deutschen Olympia-Auswahlmannschaft in Seoul/Südkorea 1988 die Bronzemedaille. Stationen als Co-Trainer waren unter anderem VfB Stuttgart, VfL Wolfsburg und Hertha BSC Berlin. Als Chefcoach betreute der Vater von fünf Kindern unter anderem Dynamo Dresden und FC St. Pauli. Seit 1. Februar 2021 ist der Rheinländer Trainer des FC Viktoria Köln in der Dritten Liga. (ol)

Überhaupt nicht. Ich habe hier tagtäglich ein unfassbares Vertrauen gespürt, auch nach dem verpatzten Start in der letzten Saison mit fünf Punkten aus den ersten neun Spielen. Bei solch einer Ausbeute wären mit Sicherheit einige Trainer vor die Tür gesetzt worden. Hier hingegen sind ausnahmslos alle Verantwortlichen ruhig geblieben. Dafür bin ich äußerst dankbar.

Seit 1. Februar 2021 sind Sie nun Viktoria-Trainer in der Dritten Liga, nachdem Sie die Mannschaft 2018 bereits für ein halbes Jahr in der Regionalliga betreut hatten. Welche Bedeutung hat der Verein inzwischen für Sie?

Es ist extrem spannend für mich, Teil der Entwicklung von Viktoria Köln sein zu dürfen. Dieser Klub ist eine Familie, und das ist wahrhaftig keine Worthülse von mir. Wir sind ein fester Bestandteil von Liga drei und möchten mittelfristig durchaus auch mal etwas weiter oben anklopfen. Kurzum: Ich bin super glücklich, hier Trainer sein zu dürfen.

Nach dem sechsten Spieltag gastiert der FC Bayern München im DFB-Pokal in Köln. Ist das Spiel am 31. August in Müngersdorf das absolute Highlight in Ihrer Trainer-Karriere?

Auf jeden Fall! Wir spielen gegen den deutschen Rekordmeister, mehr geht eigentlich gar nicht. Und es handelt sich ja auch nicht um eine Partie im Rahmen der Vorbereitung, sondern um ein Endspiel, in dem es für beide Teams ums Weiterkommen geht.

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Ist es schwierig, die Bayern zumindest vorerst aus den Köpfen Ihrer Spieler zu verbannen und den Fokus der Mannschaft auf den Liga-Betrieb zu richten?

Wenn ich ehrlich bin, ist der FC Bayern im Moment überhaupt kein Thema bei uns. Es sind ja auch noch ein paar Wochen, bis sie zu uns kommen. Bis jetzt dreht hier noch keiner am Rad.

Ist München für einen Drittligisten überhaupt bezwingbar? Auch ohne seinen Top-Torschützen Robert Lewandowski?

Natürlich kann das prinzipiell mal passieren, die Chance auf die Sensation liegt aber gefühlt im Promillebereich. Ich möchte meinen Trainer-Kollegen Julian Nagelsmann jetzt aber auch nicht mit der Aussage belasten: „Hauptsache, wir verlieren nicht zweistellig!“ (lacht). Unser Ziel vor einem Millionenpublikum muss es sein, die Bayern etwas zu kitzeln und den Menschen im Stadion und vor dem Fernseher zu zeigen, was wir können.

Ist der FC Viktoria in dieser Saison stärker als in der vergangenen?

Klare Antwort: Ja!

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