Ruhig und vertrauensvollLeverkusens Trainer Seoane begegnet dem Fehlstart krisenfest

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„Mehr Verantwortung“ kann der Brasilianer Paulinho (r.) laut Trainer Gerardo Seoane (l.) im Gefüge von Fußball-Bundesligist Bayer 04 Leverkusen tragen.

Leverkusen – Obwohl er sein Privatleben gerne privat hält, sprach Gerardo Seoane von einem „Wechselbad der Gefühle“. Schließlich war der 43-jährige Cheftrainer von Bayer Leverkusen zwei Tage vor dem Heimspiel gegen den FC Augsburg zum vierten Mal Vater geworden und erklärte nach dem niederschmetternden 1:2 am Samstag, dass eine Geburt etwas „mit vielen Emotionen“ und „ganz speziell“ sei. Nun ist nicht überliefert, wie die Entbindung des vierten Seoane-Sprösslings verlaufen ist. Die Stimmungslage des Schweizers, nach dem schlechtesten Saisonstart seit dem Bundesliga-Aufstieg 1979, lässt aber vermuten, dass es der ganzen Familie gut geht.

Paulinho kehrt aus Brasilien zurück und wird wohl bleiben

Auch wenn es um die drei Niederlagen im Pokal gegen Elversberg (3:4), bei Borussia Dortmund (0:1) und zum Heimauftakt gegen Augsburg geht, graben sich kaum Sorgenfalten ins Gesicht des Fußballfachmanns. Abgesehen vom privaten Glück, weist Seoane bisher nämlich eine fast problemlose Trainer-Historie auf. In seiner ersten Saison unter dem Bayer-Kreuz ist einzig die Phase aus dem Oktober 2021 mit dem Pokal-Aus gegen Karlsruhe (1:2) und der anschließenden Niederlage gegen Wolfsburg (0:2) vergleichbar. Danach gab es ein 4:0 gegen Betis Sevilla. Und auch bei seinen vorherigen Stationen in Bern und Luzern gab es nie mehr als zwei Pflichtspiel-Niederlagen in Folge.

Seoane weiß also, wie Mannschaften schnell wieder in die Erfolgsspur zu führen sind. Und ihm ist klar, dass die bisherigen drei Niederlagen zwar unterschiedlich zustande kamen, aber die mangelhafte Chancenverwertung und zu frühe Gegentore gemein hatten. Um den Tabellenletzten nach zwei Spieltagen mit neuem Selbstvertrauen und einer besseren Struktur zu versorgen, blieb der Eidgenosse zu Wochenbeginn ruhig, vertrauensvoll und vereinfachte die Trainingsformen.

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„Die Mannschaft verhält sich so, wie ich mir das vorstelle“, stellte er vier Tage vor dem richtungsweisenden Bundesliga-Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim (Samstag, 15.30 Uhr) klar. „Sie hat die Enttäuschung richtig gelebt, sich damit beschäftigt und auch darüber gesprochen.“ Nach der Verarbeitung am trainingsfreien Montag und der Analyse in Einzel- und Gruppengesprächen, gehe es nun darum, „nach vorne zu gehen und ins Tun zu kommen“.

Bellarabi, Adli und Lunev fallen sechs Wochen aus

Dass Karim Bellarabi (Meniskus-Riss) und Amine Adli (Schlüsselbeinbruch nach Oberschenkel-OP) nicht mitwirken konnten und genau wie Ersatzkeeper Andrey Lunev (Sehnenverletzung) sechs Wochen ausfallen, tue ihm „noch mehr leid“. „Bei Karim nach den vielen Muskelverletzungen in der letzten Saison und bei Amine, weil er gerade erst zurückkommt und uns als energievoller Spieler gut tut.“

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Für Seoane rückten also nicht nur die bisher glücklosen Stürmer Patrik Schick und Sardar Azmoun in den Fokus. Er kümmerte sich auch um den abwanderungswilligen Brasilianer Paulinho, der seinen 2023 auslaufenden Vertrag nicht verlängern möchte. Gegen Augsburg der Bayer-Coach den Linksaußen (22) aus dem Kader gestrichen, weil dieser einen Wechsel in sein Heimatland zu Palmeiras oder Atletico Mineiro einfädeln wollte. „Jetzt wo das Transferfenster in Brasilien geschlossen ist, ging es darum ihn abzuholen und er hat mir gesagt, dass er wieder voll fokussiert ist“, verrät Seoane. Dass Paulinho durch die Verletzungen von Bellarabi und Adli offensiv eine wichtigere Rolle einnehmen wird und trotz angeblichem Interesse von Eintracht Frankfurt oder aus Italien und Portugal, in Leverkusen bleibt, sei „nicht unwahrscheinlich“.

Bei den simplen Doppelpass-, Flachpass- und Torschuss-Übungen machte Paulinho (4 Tore, 3 Vorlagen in 31 Spielen 2021/22) jedenfalls eine gute Figur. Für seinen Trainer ist auch er ein Spieler, der zusätzlich zur Führungsachse mit dem nicht mehr gesperrten Torwart-Kapitän Hradecky, Jonathan Tah, dem rekonvaleszenten Robert Andrich und Goalgetter Schick, „mehr Verantwortung tragen kann“. Nur wenn die Leverkusener enger zusammenrücken und die ersten Rückschläge kollektiv verarbeiten, kann aus einer „schweren Geburt“, gegen Hoffenheim und danach auch in Mainz (27.8.) und gegen Freiburg (3.9.) ein passabler Saisonstart werden.

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