Kommt Mittwoch der Saisonabbruch?Baskets-Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt

Lesezeit 5 Minuten
Einige Baskets-Spieler sind in die USA zurückgekehrt.

Einige Baskets-Spieler sind in die USA zurückgekehrt.

Bonn – Wie es mit der unterbrochenen Saison der Basketball-Bundesliga (BBL) weitergeht, werden die Vertreter der 17 Vereine erst am Mittwoch entscheiden. Aber vor dem Hintergrund der brisanten Lage rund um das Coronavirus schaffen die Clubs auch jetzt schon Fakten, die nur eine Lösung ermöglichen: Die Spielzeit wird abgebrochen werden müssen.

Denn bei immer mehr Teams haben ausländische Spieler längst die Heimreise angetreten. Bei Bayreuth sind fünf Profis in die Heimat geflogen, bei Gießen zwei, bei Braunschweig drei, bei Vechta vier, bei Göttingen und dem Mitteldeutschen BC je einer – die Liste wird täglich länger.

Vier Baskets-Profis plus Trainer haben Bonn schon verlassen

Und bei den Telekom Baskets? Am Sonntag teilte der Verein mit, dass mit Branden Frazier, Geno Lawrence, Donald Sloan und Stephen Zimmerman vier US-Profis sowie Chefcoach Will Voigt Bonn ebenfalls verlassen haben. Die Verträge mit ihnen wurden einvernehmlich aufgelöst, mit den übrigen Akteuren wurde Kurzarbeit vereinbart.

Der Exodus dürfte sich schnell fortsetzen, wenn die BBL am Mittwoch beschließen sollte, die Saison zu beenden – was auch für Sportmanager Michael Wichterich unausweichlich ist: „Es wäre abwegig, den Spielbetrieb wieder aufzunehmen.“

Nachdem die BBL sich beim ersten Krisentreffen am 5. März zu einem Abbruch noch nicht hatte durchringen können, verzichtet die Liga jetzt immerhin darauf, die Vereinsbosse zu einem Meeting quer durch die Republik reisen zu lassen: „Es wird eine Videokonferenz werden“, so Wichterich.

Was passiert bei Saisonabbruch?

Sollte die Saison also nach 21 der 32 Spieltage abgebrochen werden, müssen zahlreiche komplizierte Fragen beantwortet werden: Gibt es (wie beim Eishockey in der DEL) keinen Meister oder wird Bayern München als aktueller Tabellenführer zum Titelträger gekürt? Muss wie geplant eine Mannschaft absteigen? Wenn ja welche?

Der derzeitige Tabellenletzte Hamburg (6:34-Punkte) hätte an den verbleibenden Spieltagen noch in den direkten Duellen gegen den MBC (6:34) und Bonn (8:32) die rote Laterne aus eigener Kraft abgeben können – es würde jedem sportlichen Gedanken widersprechen, die Hanseaten jetzt am grünen Tisch zum Absteiger zu erklären.

Gibt es eine Aufstockung der BBL auf 19 Teams?

Welche Alternativen gibt es? Die Pro A hat entschieden, mit Chemnitz und Bremerhaven den beiden Erstplatzierten der Zweiten Liga das sportliche Aufstiegsrecht zur BBL zuzuerkennen. Wäre eine vorübergehende Aufstockung der BBL auf 19 Teams ein Ausweg? Für Wichterich nicht: „Das wären vier Spieltage zusätzlich, das ist wegen der Terminprobleme nicht praktikabel.“

Möglicherweise bringt aber das Lizenzierungsverfahren eine Lösung: Insider bezweifeln stark, dass Bremerhaven die wirtschaftlichen Kriterien für eine BBL-Lizenz erfüllt. Dann könnte die BBL auf einen Absteiger verzichten und die Bundesliga mit Chemnitz als einzigem Aufsteiger wieder auf die Sollstärke von 18 Teams bringen.

Westdeutscher Basketballverband hat Saison schon beendet

Der Westdeutsche Basketballverband, der am Freitag ebenfalls den Abbruch der Saison beschlossen hat, geht in seinen Ligen einen flexiblen Weg bei Auf- und Abstieg: „Die Tabellen des letzten ausgetragenen Spieltages gelten als verbindliche Abschlusstabellen. Bei Härtefällen ist der Verband offen für Gespräche.

Teams, die noch den Aufstieg hätten schaffen können und aufsteigen möchten, können eine Wildcard beantragen. Nächste Saison gibt es dann in der einen oder anderen Liga eben mehr Spiele“, erläuterte WBV-Präsident Uwe J. Plonka. Das ist in Ligen mit zwölf oder 14 Teams aber auch leichter zu organisieren als in der BBL.

Dauerkarteninhaber zeigen sich solidarisch

Unterdessen drohen die Bundesligavereine durch die Krise aber immer mehr und mehr in eine finanzielle Notlage zu rutschen. Die Telekom Baskets haben deshalb auch alle Geschäftsstellen-Mitarbeiter in die Kurzarbeit geschickt.

In dieser angespannten Situation muss eine spontane Solidaritätsaktion von Fans wie Balsam wirkten: Dauerkarteninhaber, die vom Verein am Freitag ein Angebot zur anteiligen Rückerstattung des Preises ihrer Saisontickets bekommen hatten, erklärten sich öffentlich bereit, auf die Kompensation für die ausgefallenen sechs Heimspiele zu verzichten.

Baskets-Spirit lebt wieder auf

Kommentar. Das, was auf dem Spielfeld in dieser Saison zu oft vermisst wurde, feiert in der Stunde der Not eine Wiedergeburt: der Baskets-„Spirit“. Mit der Choreo „Together“ vom Fanclub schon Anfang Januar beschworen, zeigt die Solidaraktion vieler Dauerkarteninhaber, jetzt auf das Rückzahlungsangebot für die abgesagten Heimspiele zu verzichten, dass dieses Gefühl des Miteinanders noch lebendig ist.

Die Fans hatten oft Anlass, sauer auf ihr Team zu sein. Aber als es jetzt darauf ankam zusammenzurücken, trat dies alles in den Hintergrund. Diese Aktion ist mehr als eine finanzielle Überlebenshilfe für die Baskets-Jobs auch außerhalb des Teams. Es ist eine menschliche Geste, die in der aktuellen Krisenstimmung und Existenzangst für ein emotionales Gegengewicht und neue Motivation bei allen sorgen wird: bei der Vereinsführung, im Management, bei den Mitarbeitern in der Geschäftsstelle bis hin zu den Ehrenamtlern im Amateurverein.

Die Baskets sind noch nicht über den Berg – aber die Widerstandskräfte, die Krise zu überstehen, sind gewachsen. Und falls sich jetzt noch die Sponsoren dem Verzicht anschließen, wachsen sie weiter.

Das könnte Sie auch interessieren:

„Auch wir waren mit der Saison sicher alles andere als zufrieden. Dennoch würden wir gerne mit unserem kleinen Betrag dazu beitragen, dass es unserem Verein hoffentlich nach der Krise wieder gut geht“, äußerte sich Frank Schleheck im Namen seiner Familie, die vier Dauerkarten hatte, auf Facebook – und fand in kurzer Zeit enorm viel Zustimmung und zahlreiche Nachahmer.

Wie bedrohlich die finanzielle Lage bei einigen BBL-Clubs ist, zeigt der Hilferuf von Vechta, das sich nach eigenen Angaben im „totalen Krisenmodus“ befindet: „Auf uns allein gestellt, haben wir praktisch keine Chance, Rasta Vechta am Leben zu erhalten“, sagte Vorsitzender Stefan Niemeyer auf der Homepage des Vereins: „Die Situation ist wirklich sehr ernst.“

Rundschau abonnieren