Saisonbilanz der Telekom BasketsChris Babb mit der Lizenz zum Ballern

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Chris Babb war die Wurfmaschine der Baskets: Er versuchte 277 Drei-Punkt-Würfe, von denen er 96 traf.

Chris Babb war die Wurfmaschine der Baskets: Er versuchte 277 Drei-Punkt-Würfe, von denen er 96 traf.

Bonn – Ein mangelhaftes Teamplay, keine Chance nach oben – aber auch keine Gefahr nach unten. Mit diesen drei Fakten lässt sich die abgelaufene Saison der Telekom Baskets schlaglichtartig, aber treffend zusammenfassen. Zahlen sind auch im Statistik-affinen Basketball nicht alles, sie lügen aber auch nicht. Nachfolgend sollen einige prägnante Erkenntnisse zur Mannschaft anhand von Spieldaten untermauert werden.

Keine Mannschaft hat so wenige Assists wie die Baskets

Betrachtet man die drei klassischen Hauptstatistiken im Basketball (Punkte, Rebounds, Assists), fällt auf, dass die Baskets in einer Kategorie sogar die Top-Position einnehmen – allerdings im negativen Sinne: Sie sind die Mannschaft mit den wenigsten Assists pro Spiel. Und das mit großem Abstand: Sie kommen nur auf 15,3 Korbvorlagen pro Partie und liegen damit auf Rang 18 in der Liga. Frankfurt auf Platz 17 bringt es schon auf 17,3 Assists, davor liegen der Mitteldeutsche BC (17,4), Ludwigsburg (17,7) und Würzburg (18,0).

Für einen Verein mit der Historie von Bonn kommt dies einem Armutszeugnis gleich. Denn beginnend mit „Feldherr“ Klaus Perwas im Aufstiegsjahr 1997 hatten die Baskets immer wieder überragende Spielmacher. Auch im vergangenen Jahrzehnt hatten sie mit Jared Jordan oder Eugene Lawrence klassische „Pass-First“-Guards auf der Position eins.

Kapitän T.J. DiLeo war nach dem Abgang von Josh Hagins der beste Passgeber der Baskets mit im Schnitt 3,4 Assists pro Spiel.

Kapitän T.J. DiLeo war nach dem Abgang von Josh Hagins der beste Passgeber der Baskets mit im Schnitt 3,4 Assists pro Spiel.

Der Unterschied auch hier in Zahlen: Jordan kam bei den Assists pro Spiel mit erstaunlicher Konstanz auf 8,1 (2011/12), 7,8 (12/13) und 7,8 Vorlagen (13/14), Lawrence erreichte mit 5,1 (14/15) und 7,0 (15/16) eine vergleichbare Größenordnung.

In der abgelaufenen Spielzeit hatte der im Februar geschasste Josh Hagins mit 3,5 noch den besten Wert, T.J. DiLeo (3,4), Alex Hamilton (3,3) und Chris Babb (3,1) waren fast gleichauf, aber ein klarer Regisseur oder dominierender Passgeber fehlte eben. So taucht DiLeo in der Liga-Statistik, die von Trae Bell-Haynes (Crailsheim) mit 7,8 Assists angeführt wird, auch erst auf Rang 41 auf.

So enttäuschend am Ende der 13. Platz war, vermied die Mannschaft doch, dass sie ernsthaft um den Klassenerhalt bangen musste. Sie hatte zwar nach oben in Richtung Play-offs keine ernsthafte Chance, sie hielt aber nach unten genauso klar Abstand zur Gefahrenzone.

1:15 gegen Play-off-Teams

Wieder in Zahlen: Gegen die acht Play-off-Teams kam sie auf eine verheerende Bilanz von nur einem Sieg (78:71 in Hamburg) und 15 Niederlagen, gegen die vier in den Abstiegskampf verwickelten Clubs (Mitteldeutscher BC, Würzburg, Gießen und Vechta) war die Ausbeute mit 7:1-Siegen (eine Niederlage gegen Würzburg) aber ebenso klar.

So finden sich die Bonner (24:44) mit zehn Punkten hinter Bamberg (8. mit 34:34) und acht Zählern vor Gießen (17. mit 16:52) fast genau in der arithmetischen Mitte zwischen Viertelfinal- und Abstiegsplätzen.

James Thompson schnappte sich als bester Rebounder 6,2 Abpraller pro Spiel und sicherte mit 82 Offensivrebounds zweite Wurfchancen.

James Thompson schnappte sich als bester Rebounder 6,2 Abpraller pro Spiel und sicherte mit 82 Offensivrebounds zweite Wurfchancen.

Dass die Baskets das Passspiel so vernachlässigten, mag auch daran liegen, dass ihr offensives Spiel sehr häufig auf einen Mann zugeschnitten war: Chris Babb, der eine überragende Rolle im Team spielte und regelmäßig die Verantwortung für den Abschluss übernehmen musste.

Seine Dominanz ist an mehreren Zahlen ablesbar: Er erzielte die meisten Punkte (17,0 pro Spiel), hatte die längste Einsatzzeit (31:16 Minuten pro Spiel), war der effektivste Bonner mit einem Indexwert von 14,5, stand als einziger Bonner jedes Mal in der Startformation – und er hatte bei seinen Drei-Punkte-Würfen so etwas wie die „Lizenz zum Ballern“: Mit 8,7 Schüssen pro Spiel von jenseits der 6,75-Meter-Linie hatte er so viele Versuche wie kein anderer in der BBL.

In absoluten Zahlen wird seine Rolle noch deutlicher: Er ist mit 277 Dreierversuchen die Nummer eins, Michal Michalak (MBC) folgt mit 234 Wurfversuchen in respektablem Abstand.

Babb schießt am meisten, aber auch am meisten daneben

Dass Babb seinen Wurf oft selbst kreieren oder in höchster Zeitnot und nicht optimal freigespielt abdrücken musste, schlägt sich in seiner Quote und vielen Fehlwürfen nieder. Mit 34,7 Prozent versenkte er nur etwas mehr als ein Drittel seiner Fernschüsse (96 von 277), verbuchte dabei mit 181 Fehlwürfen mit weitem Abstand die meisten „Nieten“. Hinter ihm folgen Michalak (MBC) mit 146 und Marcus Thornton (Chemnitz) mit 121. Auch im Baskets-Team wird Babbs zwiespältige Rolle sichtbar: Ja, er erzielte klar die meisten Punkte, bei der Trefferquote rangiert er wegen seiner enorm vielen Würfe mit 43,5 Prozent aber nur auf Platz neun.

Bei den Rebounds konnten die Bonner auf zwei solide Center bauen: James Thompson (6,2 pro Spiel) und Leon Kratzer (6,1) hatten dabei unterschiedliche Stärken. Während Thompson (210 Abpraller) dem Team mit 82 Offensivrebounds zweite Wurfchancen erarbeitete (Defensivrebounds: 128), war Kratzer (190 insgesamt) mit 136 Defensivrebounds vor allem am eigenen Brett eine Macht, griff sich aber nur 54 Offensivrebounds.

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Ein Ort scheint Nationalspieler Kratzer weiter fremd wie ein anderer Planet: die Freiwurflinie. Seit Jahren als schwacher Freiwerfer bekannt, unterbot er seine Ausbeute aus dem Vorjahr in Frankfurt (44,4 Prozent, 32 von 72) nochmals deutlich: Er nutzte nicht einmal ein Drittel dieser unbedrängten Chancen; nur 12 Treffer bei 39 Würfen (30,8 Prozent) sind für einen Profi fast schon peinlich.

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