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Telekom BasketsRückblick auf das Spektakel mit 18.500 Fans in der Köln-Arena

Lesezeit 5 Minuten
Ein imposanter Anblick: Mit 18 500 Zuschauern war die Köln-Arena beim Duell Bonn/Berlin im April 2000 ausverkauft.

Ein imposanter Anblick: Mit 18 500 Zuschauern war die Köln-Arena beim Duell Bonn/Berlin im April 2000 ausverkauft.

Bonn – Es waren Szenen, die in der Geschichte der Telekom Baskets einmalig bleiben sollten: Eine Niederlage gegen den Erzrivalen ALBA Berlin – und Präsident Wolfgang Wiedlich nahm mit strahlendem Lächeln von allen Seiten Gratulationen entgegen.

Er hatte hoch gepokert – und hoch gewonnen: Für das letzte Hauptrundenspiel der Saison 1999/2000 waren die Bonner am 7. April 2000 in die riesige Köln-Arena umgezogen, trotzdem unterlagen sie in dem Prestigeduell zwischen Meister und Vizemeister des Vorjahres mit 64:72, zogen als Vierter in die Play-offs, in denen sie im Halbfinale 0:3 scheiterten – an Berlin.

Aber die sportlichen Aspekte waren zweitrangig. Denn Triebfeder dieses Umzugs war eine andere: In den drei Jahren ihrer Erstliga-Zugehörigkeit hatten die Baskets zuvor je zwei Play-off-Serien gegen den Lokalrivalen Rhöndorf und Berlin bestritten und sahen sich einem massiven Ticket-Notstand gegenüber.

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Aktion sollte den Weg zu einer „Bonn-Arena“ ebnen

Die Hardtberghalle mit ihren 3600 Plätzen konnte den Zuschaueransturm in diesen vier Serien bei weitem nicht bewältigen, so trat Wiedlich in der Bonner Kommunalpolitik erst leise, dann auch öffentlich eine Diskussion um den Bau einer größeren Halle los: Bonn sollte seine „Bonn-Arena“ bekommen.

Bei der Feier der zweiten Vizemeisterschaft im Mai 1999 vor 7500 Bonnern auf dem Münsterplatz hatte OB Bärbel Diekmann daraufhin öffentlich zugesagt, einen Neubau „zu prüfen“. Viel mehr passierte nicht. Auch, weil schnell Gegner eines solchen Bauprojekts im Hintergrund Zweifel streuten, ob überhaupt ein Bedarf dafür da sei.

So entschied sich Wiedlich zu einer gewagten Aktion: Er wollte mit einem Umzug in die Köln-Arena nachweisen, dass die Baskets sogar an einem Freitagabend in der Lage sind, eine Halle von der Dimension einer NBA-Arena zu füllen. Das Risiko zu scheitern, ging er offenen Auges ein: Hätten sich nur 6000 oder 7000 Besucher in dem „Henkelmännchen“ in Deutz verloren, hätte er sich in aller Öffentlichkeit blamiert und auch seinem Hallenprojekt massiv geschadet. „Der Köln-Arena-Test ist in Wahrheit ein Bonn-Arena-Test“, gaben die Baskets auf ihrer Homepage offen zu.

Zuschauer-Europarekord durch die Baskets

Wiedlichs Mut wurde belohnt. Der Vorverkauf nahm schnell Fahrt auf, die Neugier im gesamten Rheinland wuchs mit jeder Stunde und so hieß es schon drei Tage vor der Partie erneut: Kein Ticket mehr zu haben, auch die riesige Halle war mit 18 500 Zuschauern komplett ausverkauft. Damit raubten die Bonner den Berlinern nicht nur den deutschen Zuschauerrekord für ein Basketballspiel (vorher 8500 in der Max-Schmeling-Halle), sondern stellten auch einen Europarekord auf, der erst 2009 in Belgrad übertrumpft werden sollte.

War die Gefahr der Blamage damit gebannt, blieb ein Berg von Arbeit für den Bonner „Ameisenstaat“ zu erledigen, wie Wiedlich die unermüdlichen Vereinsmitglieder und Helfer gerne nannte. Denn die Köln-Arena bot zwar Raum in Hülle und Fülle, zur Durchführung eines Basketballspiels fehlte aber fast alles. So galt es, die Beleuchtung aufzurüsten, um die vorgeschriebenen Standards zu erfüllen, alle Werbebanden mussten von der Hardtberghalle nach Köln gekarrt werden, ebenso die Computeranlage des Event-Teams der Baskets, es fehlten die 30-Sekunden-Anzeigen (heute 24 Sekunden) über den Korbanlagen, zusätzliche Lautsprecher zur Beschallung der obersten Ränge mussten her.

Eine weitere Herkulesaufgabe für diesen Haufen engagierter Amateure: Ein Rahmenprogramm auf die Beine zu stellen, das der einmaligen Dimension dieses Ereignisses gerecht würde und dabei den riesigen Video-Würfel über der Spielfläche einbezieht. Auf dem wurde die Partie live übertragen, damit auch die Zuschauer auf den obersten Rängen unterm Hallendach nichts verpassten.

Gleich zwei Cheerleader-Gruppen traten auf (die Baskets-Tänzerinnen „Shooting Stars“ und die Truppe der Düsseldorfer Footballer Rhein Fire), aus Florida wurde eine Showgruppe des NBA-Clubs Orlando Magic eingeflogen, die „Flying Frogs“ aus Slowenien zeigten eine tollkühne Trampolin-Schau. Dazu immer wieder Zuschauer-Gewinnspiele. Die Kosten für dieses Programm wurden auf 200 000 Mark geschätzt, Wiedlich hat das nie offiziell bestätigt, sagte aber: „Wenn 15 000 Zuschauer kommen, schneiden wir mit plus minus null ab.“

Das Spektakel fand in der Presse ein bundesweites Echo. Das WDR-Fernsehen zeigte in einer Sondersendung um 23 Uhr am selben Abend einen 45-minütigen Bericht. Reporter-Legende Dietmar Schott äußerte sich nach diesem rauschenden Basketballfest regelrecht euphorisch: „Es war ein historischer Tag für den deutschen Basketball. Ich bin tief beeindruckt.“

Aprilscherz wird Jahre später zur Realität

Berlins Vizepräsident Marco Baldi (heute noch Geschäftsführer) meinte: „Für alle, die im Basketball etwas bewegen wollen, war das ungemein motivierend.“ Auch Svetislav Pesic, Berlins Meistertrainer, geriet ins Schwärmen: „Es gibt in Deutschland ein großes Zuschauer-Potenzial für unseren Sport, heute haben wir den Beweis geliefert.“ Da wollte Wiedlich nicht nachstehen: „Es ist uns gelungen, den schlafenden Riesen zu wecken.“

Die sportlichen Aspekte

Bonn: (Punkte/3er) Phelps (12), Beecham (6/1), Tomic (4), Musch (8), Josipovic (6), Klepac (4), Braun (8), Pastore (16/2), Behnke, Rohdewald.

Berlin: Alexis (17), Dehere (24/3), Bogojevic (3), Femerling (4), Rödl (13), Hammink (4), Okulaja (7), Lütcke, Papic, Baeck.

Die Baskets lagen zur Pause vorne (30:25) und verteidigten die Führung bis zur 34. Minute (49:48). Dann setzte sich Berlin noch 72:64 durch.

Am 3. Oktober 2001, im Auftaktspiel der Saison 01/02, trat Bonn noch mal in der Köln-Arena auf, aber als Gast von Aufsteiger Rheinenergie Köln. Im ersten Spiel unter Trainer Predrag Krunic gewann Bonn mit 85:66 – vor 15 033 Zuschauern. Erneut Coach auf der Gegenseite: Svetislav Pesic. (MK)

Obwohl dermaßen mit Lob und Anerkennung überschüttet, kam Wiedlich seinem übergeordneten Ziel aber keinen Schritt näher: dem Hallenprojekt in Bonn einen neuen Schub zu geben. Das nahm erst Gestalt an, als das zur Realität wurde, was die Baskets am 1. April 2000 auf ihrer Homepage noch als reinen Gag platziert hatten: Die Baskets würden selbst zur Schaufel greifen und ihre eigene Halle bauen. Wiedlich damals noch: „Das ist ein Aprilscherz. Wir sind zwar grundsätzlich verrückt, aber nicht grenzenlos.“

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Es kam anders. Auch wenn es noch Jahre dauerte: Die Baskets wurden selbst Bauherr einer Halle, die dann nicht mehr Bonn-Arena, sondern Telekom Dome hieß. Im Januar 2007 wurde der Grundstein gelegt, das erste Spiel fand am 11. Juni 2008 statt. Natürlich ein Play-off-Finale. Natürlich gegen ALBA Berlin. Damit schloss sich der Kreis zum Spektakel in der Köln-Arena. Bei dieser Premiere gab es mit 81:71 zur Abwechslung mal einen Sieg – der Titel ging aber mit 3:1 wieder in die Hauptstadt.

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