Tennis-Turnier in HalleKölner Otte nach Achterbahnfahrt im Halbfinale

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Der Kölner Oscar Otte steht nach einem Kraftakt im Halbfinale.

Halle – Das Rasentennis-Turnier in Halle wird zu Oscar-Otte-Festspielen: Der von 11 000 Zuschauern gefeierte Außenseiter aus Köln schaffte nach einer Achterbahnfahrt gegen den Russen Karen Khachanov seinen nächsten Dreisatzerfolg – und darf nun im Traum-Halbfinale gegen Daniil Medwedew ran, die Nummer eins der Tenniswelt.

 „Ich habe noch nie vor so vielen Zuschauern gespielt. Jetzt bin ich das erste Mal im Halbfinale eines Turniers der 500er-Kategorie, und das in Deutschland – das ist komplett unwirklich“, sagte Otte nach dem 4:6, 7:6, 6:4  gegen die Nummer 25 der Weltrangliste:

Aufschlag und Vorhand Ottes Trumfe

Sein zweites Dreisatzmatch innerhalb von nur 21 Stunden nach dem Achtelfinalerfolg gegen den Georgier Nikoloz Basilashvili. „Ich hatte in der Nacht kaum geschlafen und mich heute gar nicht wohl gefühlt auf dem Platz – aber dafür war es ja ganz okay, glaube ich“, sagte Otte – und erntete dafür selbst in der gediegenen Pressekonferenz viele Lacher.

Zuvor hatte der 28-Jährige auf dem Centre Court die Herzen der Fans erobert: Durch den konsequenten Einsatz seiner Waffen Aufschlag und Vorhandwinner. „Ich bin nicht der Typ, der in engen Situationen den Ball nur rüberschubst. Mein Ziel war, die Ballwechsel kurz zu halten. Das produziert zwar auch Fehler, aber heute eben genug gewonnene Punkte“, strahlte Otte.

Sein Gegner Khachanov wirkte wie der komplettere Spieler, zeigte lange  präzise Grundschläge auch über die Rückhandseite. Er holte sich meist zügiger seine Aufschlagsspiele als der Kölner, der acht Breakbälle abwehrte.

Fans mit „ Viva Colonia"- Gesängen

Abseits der Ballwechsel feuerten die Fans Otte mit „Let’s go Oscar, let’s go“-Rufen an. „Das war wie im Fußballstadion – eine verrückte Atmosphäre“, sagte Otte. Auch die Arena-Regie der Terra Wortmann Open schob mit an: „Viva Colonia“ war nur eines der kölschen Lieder in den Spielpausen, das die Fans zum Klatschen animierte. Wer dabei Otte ins Gesicht blickte, konnte sehen, wie sehr er die Energie in der Arena aufsog und genoss. So gewann der Kölner nach verlorenem ersten Durchgang in einem nun hochklassigen Spiel den TieBreak des zweiten Satzes, zeigte mit Lobs und Stoppbällen ein variables Repertoire, schockte dann aber die Fans mit dem Ruf des Physiotherapeuten zu Beginn des dritten Satzes. „Brust- und Achselmuskulatur haben zugemacht – aber zum Glück hat die Schmerztablette gewirkt“, sagte Otte.

Break nach der Pause Schlüssel zum Sieg

Ein Break nach der Behandlungspause war die Basis für Ottes Sieg, der bis zum Ende am seidenen Faden hing: Im letzten Aufschlagsspiel egalisierte er mit Geschick und auch Glück einen 15:40-Rückstand.

„Ich bin ein bisschen hektisch geworden, weiß gar nicht warum. Da war nur noch Ball vors Gesicht werfen und direkt draufhauen“, lachte der Kölner mit der speziell kurzen Aufschlagbewegung, mit der er den Ball nach dem Wurf im Steigen über das Netz drischt. Den Matchball holte er sich mit einem  Rückhand-Volleystopp: Knapp über der Grasnarbe aus dem Halbfeld geschlagen.

Im Halbfinale wartet die Nummer Eins der Tenniswelt Medwedew

Der Rest war Jubel mit den Fans – Otte steht mit 28 Jahren auf dem Höhepunkt seiner Karriere. „Vor ein paar Jahren war ich ja aus den Top-200 der Welt gefallen, da war es schwierig. Aber ich bin einfach drangeblieben, habe sehr viel dafür getan, zurückzukommen. Und jetzt treffe ich die Dinger“, sagte Otte, der nach dem Turnier in die Top 30 der Welt vorstoßen wird.

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Beste Voraussetzungen, um nun die Nummer eins der Welt herauszufordern: In Abwesenheit von Deutschlands Topstar Alexander Zverev ist Otte längst Publikumsliebling und hat am Samstag (14.30 Uhr, ZDF) gegen Medwedew  nichts mehr zu verlieren. (tc)

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