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Vom VfL enttäuschtEx-Bundesligaprofi Jaeger sieht Fehler in der Anschlussförderung

Lesezeit 4 Minuten
Bereits mit 17 Jahren schaffte Gunnar Jaeger (3.v.l.) den Sprung in die Bundesligamannschaft des VfL. Er gehörte auch zu dem von Heiner Brand (l.) trainierten Team, das den bis dato letzten deutschen Meistertitel nach Gummersbach holte.

Bereits mit 17 Jahren schaffte Gunnar Jaeger (3.v.l.) den Sprung in die Bundesligamannschaft des VfL. Er gehörte auch zu dem von Heiner Brand (l.) trainierten Team, das den bis dato letzten deutschen Meistertitel nach Gummersbach holte.

Gummersbach – „Leidenschaft vereint“ ist der Slogan der Gummersbacher Handballer. Dass der blau-weiße Motor im Bereich des Bundesliganachwuchses nicht rund läuft, findet indes Gunnar Jaeger.

Er gehörte zu der von Heiner Brand trainierten Mannschaft, die 1991 den bis dato letzten deutschen Meistertitel für den VfL holte. Jetzt, wo auch mit Max sein letzter Sohn dem VfL Adieu gesagt hat, meldet sich der Ex-Profi zu Wort.

In seinen Augen hapert es beim VfL an der Unterstützung junger Talente, wenn sie den Sprung aus der Jugend in den Seniorenbereich machen müssen. „Die nicht funktionierende Anschlussförderung und der mangelnde Mut, in der Bundesliga die Talente auch wirklich einzubauen wie in Berlin, Leipzig oder bei den Eulen Ludwigshafen, enttäuscht mich. Andere Vereine trauen sich einfach mehr und so ist der VfL für junge Spieler keine wirklich attraktive Adresse“, sagt der Ex-Profi.

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Obwohl mit Pierre Busch ein junger Rechtsaußen aus der Akademie einen Vertrag für die Bundesliga beim VfL bekommen hat, sieht Jaeger die Entwicklung im Verein mit Sorge. Denn junge Talente wie Sebastian Schöneseiffen, Marcel Timm, Jaegers Sohn Max oder Damian Toromanovic habe der VfL aktuell wieder ziehen lassen wie schon vor Jahren Ole Rahmel, der heute Stammspieler beim THW Kiel ist.

das sagt der VfL

Christoph Schindler, Sportdirektor des VfL Gummersbach, verweist beim Thema Nachwuchsförderung auf die Pressekonferenz des Vereins am Freitag dieser Woche. „Wir würden an den Strukturen ja nichts ändern, wenn in der Vergangenheit alles optimal gelaufen wäre“, so der Ex-Bundesligaspieler. In den zurückliegenden Monaten habe er sich viele Gedanken darüber gemacht, was im Bereich Akademie geändert werden muss. Die Ergebnisse werde er Freitag vorstellen. (ar)

„Marcel, Sebi und meine Zwillinge waren nach Jahren endlich wieder eine goldene Generation in der VfL-Akademie, aus der der Verein am Ende nichts gemacht hat.“

Insbesondere Marcel Timm und Max Jaeger wären nach seinem Dafürhalten „sehr gute Besetzungen“ im Bundesligakader gewesen. Und Felix Jaeger sowie Sebastian Schöneseiffen hätten sich durchaus zu solchen entwickeln können, sagt der Ex-Profi.

Wenn eine Entwicklung in der zweiten Liga für sinnvoll gehalten wird, müsse man versuchen, den Weg des Talents als VfL zu koordinieren und die Spieler dennoch binden durch zum Beispiel Ausleihe, Rückhol-Optionen und sie nicht durch mangelhafte Wertschätzung zu vergraulen.

Über viele Jahre ehrenamtlich mitgeholfen

Jaeger selbst hat den Sprung in die erste Mannschaft 1987 bereits mit 17 Jahren beim VfL geschafft. „Ich war leider vor Tobias Schröter das letzte Eigengewächs, das es dauerhaft in die Bundesliga geschafft hat“, sagt der Ex-Bundesligaspieler. Bis zum Ende der letzten Saison hat Jaeger zudem über viele Jahre in der Akademie ehrenamtlich mitgeholfen, insbesondere beim Scouting und der Ansprache hoffnungsvoller Talente für den VfL. Jahrelang habe er Eltern und junge Spieler wie Stüber, Xhafolli oder Villgrattner von der Arbeit des VfL überzeugt. Aus dieser Überzeugung sei bei ihm inzwischen Enttäuschung darüber geworden, dass unter anderem sein Sohn Max keine Zukunft in der ersten Mannschaft des VfL gesehen habe. Dabei wäre er auf Linksaußen hinter Marvin Sommer eine ideale Besetzung, sagt Gunnar Jaeger. Über Monate habe es kein Vertragsangebot gegeben. Erst als feststand, dass Max nach Coburg in die Zweite Bundesliga wechseln will, habe der Verein telefonisch mitgeteilt, „ja, eigentlich wollen wir dich schon gerne halten“.

Zwillingsbruder Felix sowie der ältere Bruder Philipp spielen für die SG Leutershausen, nachdem es auch für sie in Gummersbach keine Zukunft gab. Felix soll in der kommenden Saison wohl sogar ein Zweitspielrecht bei den Eulen Ludwigshafen in der ersten Liga bekommen.

„Der VfL hat seine Linie verloren, junge, deutsche Spieler, idealerweise aus der VfL Akademie, in die Bundesligamannschaft einzubinden.“

Die vor vier Jahren begonnene Strategie mit Julius Kühn und Simon Ernst sei sehr erfolgreich gewesen und auch von den Fans mit Euphorie angenommen worden. Einem jungen Spieler, idealerweise aus der eigenen Akademie, verzeihe das Publikum Fehler doch ganz anders als etwa unbekannten internationalen Einkäufen.

Doch bereits zum Ende der Ära von Geschäftsführer Frank Flatten habe der Verein diese Linie wieder mit der Verpflichtung von Matic, Zhoukov, Köpp und Feuchtmann verloren. Die Verpflichtungen der neuen Saison seien bis auf Pierre Busch, der kurz vor Toresschluss noch einen Vertrag bekommen habe, alle ohne regionalen oder nationalen Bezug. „Auch die Aktivitäten von Christoph Schindler lassen keine regionale oder deutsche Priorität erkennen. Es ist schade, wenn so Spieler mit VfL-Herzblut gefrustet und mit negativer Einschätzung gehen.“

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