WM-PläneInfantino verteidigt Katar und sorgt mit Afrika-Aussage für Irritationen

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FIFA-Präsident Gianni Infantino (Archivbild)

Straßburg – Mit Blick auf die Debatte um eine Fußball-WM im Zwei-Jahres-Rhythmus hat FIFA-Boss Gianni Infantino die Haltung Europas kritisiert. „Wir sehen, dass Fußball sich in eine Richtung entwickelt, wo wenige alles haben und die Mehrheit hat nichts. In Europa findet die WM zweimal pro Woche statt, weil die besten Spieler in Europa spielen“, sagte der Präsident des Fußball-Weltverbandes vor dem Europarat in Straßburg. Sogar in Europa gebe es ein großes Ungleichgewicht. Die große Mehrheit Europas sehe nicht die besten Spieler und nehme nicht an den Top-Wettbewerben teil.

Die Änderung des WM-Rhythmus ist seit Monaten großes Streitthema im Fußball - die Europäische Fußball-Union und die südamerikanische Konföderation Conmebol sind dagegen. Bislang werden die Weltmeisterschaften alle vier Jahre ausgerichtet.

Infantino: „Damit sie nicht über das Mittelmeer kommen müssen“

„Wir müssen die gesamte Welt miteinbeziehen“, betonte Infantino, sorgte mit seiner Argumentation für einen schnelleren WM-Rhythmus aber auch für Irritationen, weil er dabei auf Fluchtrouten nach Europa verwies. „Wir müssen den Afrikanern Hoffnung geben, dass sie nicht über das Mittelmeer kommen müssen, um hier vielleicht ein besseres Leben führen zu können. Wir müssen ihnen Möglichkeiten und Würde geben", sagte der FIFA-Präsident und stellte somit den Wunsch nach der Ausrichtung beziehungsweise der Teilnahme an einer Fußballweltmeisterschaft in eine Reihe mit tatsächlichen Fluchtursachen.

Laut UNHCR waren am Ende des Jahres 2020 mindestens 82,4 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht, das UN-Flüchtlingskommissariat benennt als häufigste Fluchtursachen Krieg und Gewalt, Armut, Diskriminierung und Umweltzerstörung in den Heimatländern. 

Auch Tönnies sorgte mit Afrika-Aussagen für Wirbel

Der 51-jährige Schweizer ist nicht der erste Fußballfunktionär, der mit Aussagen zu Afrika für Wirbel sorgt. Der deutsche Unternehmer Clemens Tönnies, damals noch Aufsichtsratsvorsitzender des Bundesliga-Clubs FC Schalke 04, hatte im Jahr 2019 Steuererhöhungen zum Kampf gegen den Klimawandel kritisiert und dabei erklärt, man solle stattdessen „Kraftwerke in Afrika“ finanzieren, „dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn's dunkel ist, Kinder zu produzieren.“ Tönnies bat für die Aussage in der Folge um Entschuldigung und verlieb noch bis ins Jahr 2020 in seinem Amt bei Schalke 04. 

FIFA-Präsident verteidigt Menschenrechtssituation in neuem Wohnort Katar

FIFA-Präsident Infantino nutzte seinen Auftritt vor dem Europarat unterdessen auch, um WM-Gastgeber Katar vor der anhaltenden Kritik vor allem in Sachen Menschenrechte in Schutz zu nehmen. „Ein Wandel erfolgt nicht schnell. In Europa dauerte es Jahrhunderte und Jahrzehnte. Dank der WM und dank des Schlaglichts hat sich das System in Rekordzeit in nur wenigen Jahren entwickelt“, sagte Infantino und ergänzte: „Es muss noch viel getan werden, viel geändert werden. Wir müssen den Druck aufrechterhalten, aber auch anerkennen, dass es Änderungen gab.“

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Der 51-Jährige hat kürzlich seinen Wohnsitz in die katarische Hauptstadt Doha verlegt. Seit Oktober 2020 wohne Infantino hauptsächlich in Doha, berichtet die Schweizer Zeitung „SonntagsBlick“. Die FIFA hatte dies der Zeitung bestätigt. (das/dpa)

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