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„Auch Ökostrom tötet“Warum eine Berliner Firma mit veganem Strom handelt

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Windenergiepark

Ein Windenergiepark 

Köln – Vegane Produkte sind derzeit voll im Trend. Selbst traditionsreiche Wurstfabrikanten stellen die Produktion auf tierfrei um. Doch nicht immer geht es um Lebensmittel, wenn von vegan die Rede ist. Neu im Sortiment: veganer Strom. Genau den verkauft ein Unternehmen aus Berlin, das konsequenterweise so heißt wie sein Produkt: „Vegan Strom“.

Auf Facebook werben die Berliner um den Gründer Erik Oldekop mit viel Blut: „Auch Ökostrom tötet“, heißt es in dem kurzen Werbefilm. Darunter abgebildet eine Steckdose, aus der Blut fließt. Ein paar Klicks weiter, und schon kann man einen Stromvertrag auf der Seite des Unternehmens abschließen – mit dem Segen von Peta, einer Organisation, die sich für Tierrechte und gegen Tierhaltung einsetzt. Mit ihr zusammen ist das Angebot entwickelt worden, das sich ganz bewusst vom restlichen (Öko-)Stromangebot abheben will.

Tod von Vögel, Fischen und Fledermäusen vermeiden

„Durch Windräder sterben Vögel und Fledermäuse, durch Wasserkraftwerke Fische. Wir setzen auf Solar und Geothermie als Energiequellen“, sagt Oldekop. Sein Produkt richte sich an Menschen, denen Tiere am Herzen lägen. Tatsächlich kommt es immer mal wieder zu Kollisionen von Wildvögeln und Windrädern. Im Frühjahr beispielsweise entdeckte ein Landwirt im Landkreis Osnabrück einen verletzten Seeadler, der zuvor offenbar mit einem Windrad zusammengestoßen war. Das Tier hatte sich eine Schwinge gebrochen. Fachleute retteten das seltene Tier durch eine Notoperation.

Wie häufig solche Vorfälle tatsächlich sind, ist nicht bekannt. Der Streit um die Kollisionen entzweit Klima- und Naturschützer jedenfalls schon länger. Auswirkungen auf die Tierwelt sind für Oldekop Teil des Nachhaltigkeitsgedankens, der nicht nur von der CO2 -Bilanz bestimmt sein dürfe: „Wir wollen Menschen eine Wahlmöglichkeit bieten, die nachhaltig leben wollen und für die der Schutz der Tiere zu dieser Nachhaltigkeit dazu gehört.“

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Bei Solarenergie, sagt er, sei unter den Paneelen ein Leben möglich. Gerade dann, wenn sich die sogenannte Agrofotovoltaik weiter durchsetzen wird. Dabei stehen die Paneele auf Stelzen deutlich über dem Boden. Darunter könnte weiter Landwirtschaft betrieben werden. Atomstrom indes lehnt der Gründer ab, weil beim Ressourcenabbau die Umwelt massiv beeinträchtigt werde und Strahlung wiederum auch für Tiere schädlich ist. „Wir sind nicht mit quasi-religiösem Eifer unterwegs und keine Vegan-Fanatiker“, betont Oldekop. Den religiösen Unterton verkneift sich sein Unternehmen tatsächlich in der Werbung.

 Zahl der „Flexitarier“ wächst weiter

Gerade im Kleidungs- und Ernährungssektor ist vegan im Trend. Eine Umfrage der Bundesregierung ergab, dass zwar nur zwei Prozent der Deutschen nach eigener Aussage vegan leben. Aber die Zahl der „Flexitarier“, die bewusst weniger tierische Produkte konsumieren, wächst. In der Vegan-Bewegung wird dabei längst darüber diskutiert, wie tierfrei vegane Produkte tatsächlich sind. Denn auch die Rohstoffe für Ersatzprodukte müssen gedüngt werden, damit sie gut wachsen – etwa mit Gülle aus Tierhaltungen. Ein Teil der Vegan-Bewegung lehnt das ab und setzt auf sogenannte biovegane Produkte. Der Gedanke dahinter ist auch der Grund, warum Veganstrom nicht auf Energie aus Biomasse setzt. Auch hier kommen gedüngte Pflanzen oder Exkremente aus der Tierhaltung zum Einsatz.

„Manchmal wird unser Angebot ein wenig belächelt“, sagt Gründer Oldekop. „Aber sollen die Leute doch reden. Vor 20 Jahren wurde auch über den grünen Strom gelacht. Heute ist das Mainstream.“ Derzeit liegt die Kundenzahl laut Geschäftsführer im vierstelligen Bereich, Zielmarke: fünfstellig.

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