Arbeitsagenturen prüfen genauBehörden warnen vor Mogeln beim Kurzarbeitergeld

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In der Meyer-​Werft im nie­der­säch­si­schen Papenburg wird an einem Kreuz­fahrt­schiff ge­ar­bei­tet. Wegen der Co­rona-​Pan­de­mie ist der Schiff­bauer wie viele andere Un­ter­neh­men für zwei Monate in Kurz­ar­beit gegangen.

Berlin – Der Umsatz bricht weg, in den Medien ist die Rede von Milliardenhilfe für die Wirtschaft – doch für das eigene Unternehmen passt keines der angebotenen Instrumente so richtig. Viele Unternehmer und Manager nutzen daher die besonders flexibel zugängliche Kurzarbeit, um ihre Finanzposition wieder etwas zu verbessern. Doch wer dabei mogelt, kann sich damit erheblichen Ärger einfangen. „Das Risiko besteht darin, dass der Missbrauch im Nachgang herauskommt“, sagt Aziza Yakhloufi, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Rödl & Partner. Im schlimmsten Fall machen die Unternehmen und ihre Mitarbeiter sich strafbar.

Regeln unbedingt beachten

Sowohl Rechtsexperten als auch die Arbeitsagentur selbst warnen daher davor, die Regeln für sich allzu großzügig auszulegen: Auch wenn die Behörde aktuell unbürokratisch handelt, will sie nachträglich sehr wohl nachsehen, unter welchen Umständen das Instrument genutzt wurde. „Im Rahmen der Schlussrechnung nach Ende der Kurzarbeit erfolgt eine genaue Überprüfung, ob alle Abrechnungen korrekt waren“, sagt eine Sprecherin.

Die zuständigen Teams der Bundesagentur für Arbeit können im Einzelfall oder bei Anhaltspunkten für Missbrauch die Abschlussprüfung auch vor Ort durchführen und dabei „detailliert und tief in die Bücher des Unternehmens schauen“, um einen möglichen Leistungsmissbrauch zu klären. Die „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ beim Zoll hat weitreichende Rechte, um einem Betrugsverdacht nachzugehen. „Bisher liegen uns aber nur sehr wenige Hinweise auf einen möglichen Missbrauch vor, denen wir konsequent nachgehen“, betont die Sprecherin. Bisher habe sich kein Verdacht bewahrheitet.

Viele Arbeitgeber sehen es locker

Anekdotischen Berichten aus verschiedenen Branchen zufolge legen verschiedene Arbeitgeber die Regeln jedoch für sich eher locker aus. So scheinen sie Mitarbeiter auf Kurzarbeit zu setzen, von denen im Homeoffice – ohne Arbeitszeiterfassung – volle Leistung erwartet wird. In vielen Fällen ist in der Abteilung auch eigentlich genug zu tun. Juristisch gesehen bewegt sich das in der Nähe der Schwarzarbeit.

Die Arbeitsagentur warnt gleichwohl davor, bei scheinbaren Unstimmigkeiten sofort einen Missbrauch zu vermuten. „Wir stellen bei der Prüfung von aktuell eingehenden Hinweisen häufig fest, dass ein Leistungsmissbrauch vermutet wird, der bei näherer Betrachtung nicht vorliegt“, so die Sprecherin. Das liege vermutlich an mangelnder Erfahrung mit dem Instrument. Arbeitgeber können erst einmal flexibel Kurzarbeit für viele Mitarbeiter oder gleich den ganzen Betrieb beantragen, später dann jedoch auf den Abruf von Mitteln verzichten.

„Abgerechnet wird zum Schluss“

Der Arbeitgeber hat drei Monate Zeit, den Leistungsantrag zu stellen. „Abgerechnet wird zum Schluss“, sagt die Sprecherin. Dabei werden die eingereichten Unterlagen nochmals genau geprüft. Bei Bedarf fordern die Teams weitere Dokumente an, beispielsweise Lohn- und Gehaltsunterlagen oder Arbeitszeitnachweise. Die Firmen müssen für jeden Monat eine Liste der Namen, der Regelarbeitszeit und der verminderten Arbeitszeit einreichen. Da es viele Mitwisser gebe, die sich alle strafbar machen würden, ist der Versuch einer Täuschung aus Sicht der Arbeitsagentur mit hohen Risiken verbunden.

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Juristen sorgen sich daher um Firmen, die Leistungen in einer unklaren Situation zu Unrecht in Anspruch nehmen: Ihnen droht Ärger. „Kurzarbeitergeld kann grundsätzlich nur beantragt werden, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen“, sagt Anwältin Yakhloufi. Wenn es bezogen wird, ohne dass diese gegeben waren, sei das eine Täuschung. Dem Arbeitgeber drohe ein Strafverfahren wegen Betrug, dem Arbeitnehmer möglicherweise wegen Beihilfe. Zumindest müssen die Arbeitgeber die vollen Gehaltskosten rückwirkend zahlen.

Gründe: Auftragsmangel, Stornierungen oder fehlendes Material

Offiziell gibt es Kurzarbeitergeld nur im Fall eines erheblichen Arbeitsausfalls in der betreffenden Abteilung. Als mögliche Gründe dafür nennt die Arbeitsagentur Auftragsmangel, Stornierungen oder fehlendes Material. Der Ausfall muss sowohl vorübergehend als auch unvermeidbar sein.

Finden die Sachbearbeiter widersprüchliche Angaben, fehlerhafte Abrechnungen oder konkrete Anhaltspunkte für einen möglichen Missbrauch, dann erhält der Arbeitgeber zuerst Gelegenheit, die Unstimmigkeiten in einer Anhörung aufzuklären. Hat das Unternehmen eine Ordnungswidrigkeit begangen, bearbeitet ein Team von Spezialisten den Fall weiter. Diese können ein Bußgeld verhängen. Liegen Anhaltspunkte für eine Straftat vor, geht der Sachverhalt an die Strafverfolgungsbehörden .

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