Käse-Streit von ZypernWie Halloumi das Freihandelsabkommen Ceta stürzen könnte

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Der Käse des Anstoßes: Halloumi

  • Die Insel fürchtet um ihre Agrarprodukte und könnte deshalb sogar das Freihandelsabkommen Ceta stoppen.

Brüssel – Auf den deutschen Grills ist er längst zuhause: Halloumi, hierzulande als Grillkäse im Verkauf, hergestellt nach einem fast 2000 Jahre alten Rezept aus der Milch von Kühen, Schafen oder Ziegen und mit einem unschätzbaren Vorteil gegenüber anderen Sorten: Halloumi bleibt auch bei großer Hitze in Form. Dass ausgerechnet dieser halbfeste Käse, der ein Teil der Identität der Mittelmeer-Insel Zypern bedeutet, zu einem Risiko für die europäische Freihandelspolitik werden könnte, hatte wohl auch niemand erwartet.

Doch genau das ist am vergangenen Freitag geschehen. Das Parlament der geteilten Insel in Nikosia stimmte über das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen Ceta ab – eine große Mehrheit sagte Nein. Die Gegner argumentierten, das ohnehin umstrittene Abkommen stärke multinationale Unternehmen und schade der Umwelt. Man habe Angst um die heimischen Agrarprodukte. Halloumi wurde zum Signal für die Auseinandersetzungen. Nikosia dringt auf Nachverhandlungen, um Halloumi mit dem Prädikat „geschützte Ursprungsbezeichnung“ vor dem Kopieren zu bewahren. „Die Ablehnung durch das zyprische Parlament zeigt, wie umstritten das Abkommen ist“, erklärte die Grünen-Europapolitikerin Anna Cavazzini. „In der Klimakrise brauchen wir einen Kurswechsel in der Handelspolitik hin zu hohen Umwelt- und Sozialstandards.“

Ceta ist seit 2017 vorläufig und bis zur endgültigen Ratifizierung aller 27 nationalen Parlamente nur teilweise in Kraft und versprach allen Handelspartnern große Erleichterungen. 99 Prozent der Zölle fielen weg. Allein im ersten Jahr stiegen Europas Exporte nach Kanada um 15 Prozent auf 40 Milliarden Euro im Jahr.

Zypern könnte als Initialzündung dienen

Die Käse-Krise trifft Brüssel mitten in der Sommerpause. Dennoch bemüht sich die EU-Kommission, keine Unruhe aufkommen zu lassen. Ihre Experten gehen davon aus, dass man die Sache im Griff hat. Schließlich könnten „die EU und Kanada auf Beschluss des sogenannten Gemischten Ausschusses neue geschützte Produkte aufnehmen, ohne das Abkommen erneut zu öffnen“, sagte der Handelsexperte Guillaume Van der Loo vom Zentrum für Europäische Studien dem Magazin „Politico“. Ein Problem entstünde wohl erst dann, wenn die Initialzündung von Zypern Nachahmer findet: Auch aus Italien, Österreich, den Niederlanden sowie Frankreich gibt es bereits Kritik, obwohl die Ratifizierung noch gar nicht auf der Tagesordnung steht. Deutschland muss erst noch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes abwarten.

Zypern braucht die Rückendeckung der EU

Sollte Zypern nach der Sommerpause seine Ablehnung festklopfen, müsste die Regierung dies formell nach Brüssel melden. Dort wäre dann der Ministerrat gefragt, der „die vorläufige Anwendung von Ceta“ beenden könnte, wie es in den Regeln heißt.  Soweit die Theorie. In der Praxis dürften die Minister aber wohl die Kommission auffordern, einen Vorschlag zur Beendigung des Konflikts auszuarbeiten. Der braucht dann nur eine qualifizierte Mehrheit, so dass Zypern schon viele Freunde um sich scharen müsste, um Ceta wirklich zu stoppen. Das gilt auch aus einem anderen Grund als unwahrscheinlich: Schließlich braucht der Inselstaat die Rückendeckung der EU, sollte die Türkei weiter auf die Idee kommen, vor der Küste Zyperns in griechischen Hoheitsgewässern nach Öl bohren zu wollen.

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Trotzdem liegt seit dieser Woche über der Ratifizierung von Ceta der Schatten des Halloumi-Käses. Das wiegt vor allem deswegen schwer, weil sich längst massiver Widerstand gegen ein weiteres Freihandelsabkommen der EU mit den Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay zusammenbraut. Die Angst vor Nachteilen für Europas Landwirte ist da sogar besonders groß.

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