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Kahlschlag bei Galeria Karstadt KaufhofMindestens 62 Warenhäuser machen zu

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Karstadt Köln

Teilnehmer einer Kundgebung gegen den Stellenabbau beim Kaufhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof demonstrieren vor einer Kartstadtfiliale in der Kölner Innenstadt.

Köln – Galeria Karstadt Kaufhof schließt mindestens 62 Filialen. „Morgen verlieren tausende Menschen ihren Job“, sagte die Betriebsrätin Iris Geiger in einem RTL-Interview. Sie hat nach eigenen Angaben an den Verhandlungen teilgenommen und fühlte sich massiv von der Unternehmensleitung unter Druck gesetzt. Die Gewerkschaft Verdi und die Unternehmensleitung wollten sich zu Einzelheiten noch nicht äußern. Somit bleibt auch unklar welche Filialen auf der Strecke bleiben. Das soll offenbar morgen früh den Mitarbeitern mitgeteilt werden. Damit dürften rund 28.000 Mitarbeitende eine äußerst unruhige Nacht haben.

Seit Montag hatten Arbeitnehmervertreter und Unternehmensleitung über einen Sozialtarifvertrag, ein Zukunftskonzept sowie einen Tarifvertrag zu guter und gesunder Arbeit zwischen der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft verhandelt. Am Dienstag hatten Beschäftigte am Verhandlungsort in Köln noch demonstriert, am Abend hieß es dann, es habe Bewegung bei den Gesprächen gegeben. Sie würden „open end“ fortgeführt. Ziel sei es, in dieser Situation bestmögliche Ergebnisse für die Beschäftigten zu erreichen, erklärte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger am Dienstag: „Die Beschäftigten sind die größte Gläubigergruppe. Sie haben in den letzten Jahren bereits durch Verzicht und enorme Arbeitsbelastung in das Unternehmen investiert. Deshalb können sie zu Recht mehr als einen warmen Händedruck erwarten.“

Galeria Karstadt Kaufhof kämpft ums Überleben

Vorangekommen war man wohl bei der tariflichen Absicherung der Beschäftigten durch eine Transfergesellschaft. Auch soll der Personalabbau nicht so stark ausfallen wie ursprünglich geplant. Im Feuer standen 80 der 172 Filialen. Auch jeweils zwei Drittel der 30 Sports-Häuser, der 50 Feinkostabteilungen und der knapp 100 Reisebüros gelten als vom Aus bedroht. Um durch die Krise zu kommen, hatten der Verdi und der Warenhauskonzern Staatshilfe verlangt. Einen Sanierungsbeitrag sollten nach dem Willen der Unternehmensleitung auch die Vermieter der Immobilien leisten. Dazu waren einige wohl bereit, andere setzen wohl auf einen neuen Mieter.

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Spätestens seit der Corona-Krise kämpft der Warenhauskonzern ums Überleben. Er ist seit April in einem Schutzschirmverfahren, einer Vorstufe der Insolvenz, bei der die Gläubiger noch keinen Zugriff haben. In der Krise ist der Konzern, der der Signa-Holding des österreichischen Immobilien-Investors Rene Benko gehört, aber schon länger. Dafür gibt es strukturelle Gründe. Die Frequenz in den Innenstädten nimmt ab, Discounter und Online-Händler jagen den Kaufhäusern Kunde ab. Dazu kommen bei Karstadt und Kaufhof auch hausgemachte Fehler.

Rene Benko stützte Kaufhof mit Geldspritzen

Unter dem Investor Nicolas Berggrün setzte zunächst ein amerikanisches Management, das den deutschen Markt offensichtlich nicht genau genug kannte, bei Karstadt auf amerikanische Sortimente. Erst nach der Übernahme durch Signa kam Karstadt auf Kurs. Genau den gleichen Fehler machte später der kanadische Warenhauskonzern HBC bei Kaufhof. 2018 hatte Benko dann von HBC die Kaufhof-Mehrheit übernommen und Mitte des abgelaufenen Jahres die restlichen Kaufhof-Anteile von HBC gekauft. Gesteuert wurde der neue Warenhaus-Konzern von der Karstadt-Zentrale in Essen von Karstadt-Chef Stephan Fanderl, der zuletzt aber von Bord ging. 

Benko ist zugute zu halten, dass er Kaufhof auch mit Geldspritzen stützte. Daneben setzte er auf Kostensenkungen. „Kostensenkungen sind noch kein Konzept", hatte Verdi immer wieder kritisiert. Und eine oft in Aussicht gestellte Verzahnung zwischen Präsenzhandel und Online-Geschäft gelang dem Warenhaus-Konzern nie.

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