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Kippt der Immobilienboom?Experten rechnen mit Wende am Wohnungsmarkt

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Baustelle (Symbolbild)

Baustelle (Symbolbild)

Frankfurt – Nach mehr als zehn Jahren Immobilienboom in Deutschland und enorm steigenden Preisen erwarten einige Experten eine Wende am Wohnungsmarkt. Ob kräftig steigende Bauzinsen, Unsicherheit wegen des Ukraine-Kriegs, teure Baustoffe oder Lieferengpässe – die Turbulenzen nehmen zu. Besonders wegen der steigenden Zinsen können sich immer mehr Leute den Kauf einer Wohnung oder eines Hauses nicht mehr leisten. Endet nun bald der Boom?

Bisher seien Vorzieheffekte von Menschen zu sehen, die noch schnell Immobilien kaufen wollten, bevor die Bauzinsen weiter steigen, sagt Michael Voigtländer, Immobilienexperte am Institut der deutschen Wirtschaft (IW). „Im zweiten Quartal sollten wir dann aber eine Wende am Immobilienmarkt sehen“, meint er. „Klar ist, dass mit rapide steigenden Zinsen mehr und mehr Käufergruppen aus dem Markt fallen.“

Schnellster Anstieg seit den 80ern

Binnen weniger Monate sind die Bauzinsen hochgeschossen. Die Zinsen für zehnjährige Standardkredite haben sich laut der Frankfurter FMH-Finanzberatung seit Dezember von 0,9 Prozent auf zuletzt rund 2,5 Prozent erhöht – der schnellste Anstieg seit 1980. Tendenz steigend.

In den vergangenen Jahren sind die Immobilienpreise immer schneller gestiegen – trotz aller Warnungen vor einer Blase. 2021 mussten Käufer für Wohnungen und Häuser im Schnitt elf Prozent mehr zahlen als ein Jahr zuvor. Der Trend zu überhöhten Immobilienpreisen alarmiert die Bundesbank seit Jahren. Die Immobilienpreise in den Städten lägen zwischen 15 Prozent und 40 Prozent über dem Preis, der sich fundamental begründen lasse, warnte sie im Frühjahr.

Auch am lange boomenden Bau läuft es nicht mehr rund. In einer Umfrage des Ifo-Instituts klagte rund die Hälfte der Hoch- und Tiefbauunternehmen über Lieferengpässe. Die Firmen erleben auch mehr Auftragsstornierungen. „Neue Projekte sind kaum kalkulierbar“, sagt Ifo-Experte Felix Leiss. Wegen der schlechteren Aussichten hat die Bauindustrie schon ihre Umsatzprognose gesenkt.

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„Der seit 2009 laufende Bauboom steht nicht vor dem Ende, aber trübt sich ein“, meint Björn Reineke, Partner bei der Strategieberatung EY-Parthenon. Er bleibt aber zuversichtlich. So treibe der enorme Bedarf an energetischen Sanierungen die Branche langfristig an. Die Baupreise, die 2021 um 9 Prozent gestiegen waren, dürften aber hoch bleiben. Für private Bauherren werde es nicht billiger, so Reineke.

Dass ein starker Neubau den Wohnungsmangel in vielen Ballungszentren beseitigt, ist indes nicht zu erwarten. Im vergangenen Jahr wurden nur gut 293000 Wohnungen fertiggestellt – meilenweit entfernt vom Neubauziel der Bundesregierung von 400000 Wohnungen jährlich. (dpa)

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