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Klimafreundlicheres ReisenWie die Zukunft des Fliegens aussehen könnte

Lesezeit 6 Minuten
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Airbus will bis 2035 ein Passagierflugzeug mit Wasserstoffantrieb  herstellen. 

  • Um Emissionen von Flugzeugen zu reduzieren, gibt es verschiedene Möglichkeiten.
  • Doch vieles ist schwer umsetzbar, manches erst Zukunftsmusik. Ein Überblick

Derzeit ist es ruhiger an Flughäfen und in der Luft. Das hilft der Umwelt. Denn auch wenn die Luftfahrt nach Auskunft des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) insgesamt nur 3,5 Prozent Anteil an der Klimaerwärmung hat, versprüht sie ihre schädlichen Emissionen da, wo es die Atmosphäre besonders trifft: zwischen zehn und 15 Kilometern über dem Erdboden.

Der derzeitige Einbruch bei den Passagierzahlen, die weltweit im abgelaufenen Jahr um 60 Prozent zurückgingen, dürfte nicht von Dauer sein. Nach Prognosen der europäischen Luftsicherheitsorganisation Eurocontrol und des Airline-Verbands IATA könnten 2023 oder 2024 schon wieder die Passagierzahlen von 2019 erreicht sein. Hält sich die Pandemie hartnäckig, dann könnte es laut Eurocontrol auch bis 2029 dauern. Und danach könnte der Luftverkehr weiter wachsen.

Die DLR hat im Dezember 2019 – also vor der Pandemie, als weltweit 4,5 Milliarden Menschen flogen – ein jährliches Wachstum von 1,6 Prozent vorhergesagt. Das bedeutete damals statt rund vier Milliarden Passagiere in 2016 über 9,4 Milliarden in 2040. Zu viel für das Weltklima, glaubt Greenpeace. Die Umweltschützer verlangten jedenfalls eine Reduzierung der in geflogenen Personenkilometern gemessenen Flugverkehrsnachfrage bis 2040 um 33 Prozent gegenüber dem Niveau vor Covid-19. Sie glauben einfach nicht, dass klimaverträgliche Innovationen und Techniken im Luftverkehr die Erderwärmung im nötigen Maß reduzieren. Welche Techniken stehen dazu überhaupt zur Verfügung.

Alternative Kraftstoffe

Bereits im Luftverkehr gelegentlich eingesetzt wurden alternative Kraftstoffe, die auf der Basis von Biomasse wie Holz- oder Pflanzenresten erzeugt werden. Im Rahmen des Umbaus der Rheinland-Raffinerie in Wesseling soll auch eine sogenannte PTL-Anlage entstehen, die mit regenerativem Strom aus Holzreststoffen nachhaltiges Flugbenzin erzeugen soll. Die Abkürzung steht für Power-to-Liquide. So werden bei der Produktion von Kerosin sowie Rohbenzin (Naphtha) die CO2 -Emissionen im Vergleich zu herkömmlichen Produkten um mehr als 80 Prozent reduziert, so Shell. Fördergelder hat Shell beantragt. Baubeginn der PTL-Anlage könnte 2023, Inbetriebnahme Ende 2025 sein. Die Kapazität würde zunächst jährlich etwa 100 000 Tonnen betragen. Pro Jahr wurden in Deutschland vor der Corona-Pandemie im Jahre 2019 laut dem Mineralöl-Wirtschaftsverband freilich 10,2 Millionen Tonnen gebraucht.

Erdöl-Ersatz

Eine bessere Bilanz könnte es bringen, aus Erdöl hergestellte Kraftstoffe Ruch synthetische Ersatzstoffe, mit regenerativ erzeugtem Strom aus Wasser und CO2 aus der Atmosphäre erzeugt. Die Herstellung ist sehr aufwendig und bisher noch nicht so ergiebig, dass solche Treibstoffe in industriellem Maße eingesetzt werden.

Andreas Klöckner, zuständig für die Programmstrategie Luftfahrt beim DLR sagt, man unterscheide zwischen „Drop in“- und „Near Drop-In“-Treibstoffen. „Bei Drop-In-Kraftstoffen wird herkömmliches Kerosin mit einem Teil des synthetischen Kraftstoffes gemischt.“ Vergleichbar sei das etwa mit Bio-Sprit, wie es ihn an Tankstellen gibt. Hier hat der Sprit Ethanol-Anteile von fünf, zehn oder als E 85 von 85 Prozent. Der Vorteil: Es kann in einem herkömmlichen Verbrennungsmotor ohne Veränderung genutzt werden. Das Problem: „Wie bei den Autos funktionieren nicht alle Triebwerke mit der Kraftstoffmischung. Es ist nicht immer absehbar, inwiefern das langfristig dem Motor schaden kann.“

Das sei im Luftverkehr auch eine Sicherheitsfrage. „Wenn in der Luft eine Turbine explodiert, wäre das schlecht“, sagt Klöckner. Soweit komme es aber gar nicht erst. „Das wird alles natürlich ausführlich geprüft.“

Anders funktionieren Treibstoffe nach dem „Near-Drop-In-Prinzip“. Sie sind zu 100 Prozent synthetisch hergestellt. Der Nachteil: Ihnen fehlen einige Zusatzstoffe, die aber in herkömmlichem Kerosin enthalten sind. „Das sind kleine Teile, die notwendig sind, damit das Triebwerk funktioniert – da geht es um Schmier- und Dichtungseigenschaften.“ Damit ein Flugzeug damit fliegen kann, seien Modifikationen notwendig. Deswegen das „Near“ vor dem „Drop-In“.

Flugzeuge mit Elektroantrieb

Sie sind eine Möglichkeit. Mit Hilfe von Batterien oder Brennstoffzellen könnten sie wie E-Autos elektrisch angetrieben werden. „Rein technisch ist es möglich, Flugzeuge mit Batterieantrieb etwa 300 Kilometer weit fliegen zu lassen“, sagt Klöckner vom DLR. Doch die Technologie hat Nachteile. Wenn es im Luftverkehr zu Stau kommt, müssten die Flieger nach den 300 Kilometern doch auf Kerosin aus einem Ersatztank umsteigen, um die Wartezeit zu überbrücken. „Außerdem nehmen die Batterien Platz weg und sind schwer“, sagt Klöckner – ungünstige Faktoren für die Luftfahrt. Eine stabile Lösung, die auch Langstreckenflüge mit Passagieren ermöglicht, bietet das elektrische Fliegen demnach also noch nicht.

Wasserstoff

Völlig neue Flugzeuge und nicht zuletzt erhebliche Modifikationen bei der Infrastruktur von Flughäfen würde ein Umstieg auf einen Antrieb durch Wasserstoff mit sich bringen. Der könnte in modifizierten Gasturbinen-Triebwerken verbrannt werden oder über Brennstoffzellen in elektrischen Strom umgewandelt werden, der dann etwa Propeller antreibt. Doch Andreas Klöckner sagt: „Von allen alternativen Treibstoffen ist das die revolutionärere Variante.“ Warum? Beim Antrieb durch Wasserstoff wird lediglich Wasserdampf freigesetzt. „Solche Schadstoffe wie CO2 , Ruß und Stickoxide fallen dabei weg.“

Klingt klimaneutral, ist es aber nicht. Denn auch Wasserdampf kann dem Klima schaden. Er verdichtet sich in großer Höhe zu Eiskristallen, die sich als Kondensstreifen am Himmel zeigen und sich zu Wolkenflächen zusammenfügen. Die wiederum schotten Erdwärme ab und tragen dadurch zur Klimaerwärmung bei. In welchem Ausmaß das passiert, hänge von verschiedenen Faktoren ab, sagt Klöckner, etwa zu welcher Tageszeit und in welcher Höhe das Flugzeug fliegt. Dieser Wasserdampf entsteht auch beim Verbrennen von Kerosin, das neben einem Anteil von 86 Prozent Kohlenstoff auch 14 Prozent Wasserstoff enthält.

Nicht zuletzt müssen die Flugzeuge, die mit Wasserstoff fliegen, erst noch gebaut werden. Was solche Modelle so anspruchsvoll macht? „Die brauchen zum Beispiel einen größeren Tank, weil Wasserstoff ein höheres Volumen hat“, sagt Klöckner. Das nehme im Flugzeug Platz weg. Der Betrieb an den Flughäfen würde sich ebenfalls verändern. So etwa beim Tankvorgang: „Momentan kommt da ein Tanklaster angefahren und betankt das Flugzeug innerhalb einer halben Stunde mit Kerosin – mit Wasserstoff geht das nicht so schnell“, sagt Klöckner. Er muss außerdem bei einer Temperatur Minus 253 Grad Celsius und unter hohem Druck in einem doppelwandigen, zylindrischen Tank gelagert werden. „Wie man so eine Tankapparatur gefahrenfrei am Flughafen einbauen kann, ist sicher noch zu klären.“

Der Wasserstoff soll durch Elektrolyse gewonnen werden. Dabei wird nun H2 O, also Wasser, durch Strom aufgespalten in Wasserstoff und Sauerstoff. Grüner Wasserstoff entsteht dann, wenn der Elektrolysestrom aus regenerativen Quellen stammt.

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In der Herstellung hat Wasserstoff allerdings einen Vorteil gegenüber anderen klimafreundlichen Kraftstoffen, sagt Klöckner. „Es braucht weniger Arbeitsschritte.“ Ohnehin wird etwa bei der Erzeugung von synthetischen Kraftstoffen aus Wasser und CO2 in erstem Schritt Wasserstoff hergestellt. „Im Prinzip hat man dadurch schon die wichtigste Komponente.“

Airbus will 2035 den ersten klimaneutralen Jet im Einsatz haben wollen. Klar scheint, dass diese Flugzeuge völlig anders aussehen werden als heutige Modelle. Airbus und andere Konstrukteure haben schon Studien von Nur-Flüglern gezeigt. Und mit welchem Treibstoff wir in Zukunft nun fliegen werden, scheint aber noch nicht ausgemacht. Klöckner will sich nicht festlegen. „Es gibt so viele Möglichkeiten.“

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