Nach FamilienzwistWas die Zerschlagung von Dr. Oetker bedeutet

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Oetker

Das Logo von Dr. Oetker 

Bielefeld – Das blaue Tütchen mit dem gelben Vanillepudding vorne drauf, Backpulver, Tiefkühlpizzen, Backmischungen für Kuchen – unter anderem damit verbinden viele die Bielefelder Oetker-Gruppe. Der Name ist eine Marke, bundesweit eine der bekanntesten, die Firmengründer August Oetker und seine Nachkommen über 130 Jahre aufgebaut haben. Nun wird das Geschäft neu geordnet.

Lange brodelt es schon in der Familie

Grund dafür ist ein seit Jahren schwelender Familienzwist, bei dem es unter anderem um die Nachfolge und die Strategie der Gruppe geht. Rudolf-August Oetker, Enkel des Gründers, der nach dem Zweiten Weltkrieg die Geschicke der Firma übernahm, hinterließ bei seinem Tod 2007 acht Kinder aus drei Ehen. Jedem seiner Kinder vermachte er 12,5 Prozent am Konzern.

Über die Richtung, in die das Familienunternehmen steuern soll, sind diese sich diese seit Jahren nicht einig. Das Resultat: 2019 wurde erstmals öffentlich eine Teilung der Gruppe ins Spiel gebracht, die im vergangenen Jahr rund 7,3 Milliarden Euro umsetzte, mittlerweile mehr als die Hälfte des Geschäfts im Ausland macht und weit mehr als 400 Tochterfirmen umfasst.

Diese Teilung soll nun bis Ende des Jahres vollzogen werden, teilte der Konzern nun mit. „Die Eigentümer der Oetker-Gruppe und der Beirat sind überzeugt, dass mit diesen Maßnahmen die heute schon dezentral und selbstständig geführten Unternehmen eine unbelastete Perspektive für profitables Wachstum in ihren jeweiligen Märkten haben werden“, hieß es.

Bei Coppenrath & Wiese soll alles normal weiterlaufen

Eines dieser dezentral geführten Unternehmen ist der Tiefkühltorten- und Brötchen-Hersteller Coppenrath & Wiese. Seit 2015 gehört das Unternehmen zum Imperium. Rund 440 Millionen Euro Umsatz hatte es mit etwa 3000 Mitarbeitern zuletzt zum Konzernergebnis beigesteuert. Seit 2017 wird kräftig investiert. Daran soll sich auch mit der Teilung des Konzerns nichts ändern, heißt es auf Anfrage. „Das Geschäft läuft normal und nach Plan weiter.“

Der Tortenspezialist gehört zum Nahrungsmittelsegment, das mit 4,1 Milliarden Euro im vergangenen Jahr deutlich mehr als 50 Prozent zum Gruppenumsatz beigetragen hat. Das gesamte Geschäftsfeld geht nun an die fünf Erben aus Rudolf-August Oetkers erster und zweiter Ehe. Auch die Radeberger-Gruppe, die 2020 weltweit rund 1,6 Milliarden Euro umsetzte, sowie der erst kürzlich erworbene Bringdienst Flaschenpost gehören künftig dem Familienstamm um Richard Oetker (bis 2016 Konzernchef), Philip Oetker, Beiratschef Rudolf Louis Schweizer, Markus von Luttitz und Ludwig Graf Douglas.

Geschwister Oetker KG übernimmt Sekt, Wein und Spirituosen

Der Rest des Firmenimperiums geht an die drei jüngsten Kinder aus dritter Ehe – Alfred (stellvertretender Beiratsvorsitzender), Carl Ferdinand und Julia Oetker. Sie übernehmen über die neue Beteiligungsgesellschaft Geschwister Oetker KG, die von den beiden Brüdern geführt werden soll, unter anderem das Geschäft mit Sekt (Henkell, Freixenet), Wein (Belvini.de) und Spirituosen (Wodka Gorbatschow). Auch die Luxushotels der Oetker-Gruppe, die unter dem Markennamen „Oetker Collection“ auftritt, gehen an die Holding der drei Geschwister über. Hinzu kommen unter anderem die Chemische Fabrik Budenheim KG, der Backzutaten-Spezialist Martin Braun – und die berühmte Kunstsammlung des Vaters.

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Auf das Geschäft der einzelnen Unternehmen der Oetker-Gruppe soll die Entscheidung zur Teilung keine Auswirkungen haben, heißt es von Seiten des Konzerns. Vielmehr würden die Gesellschaftergruppen so ihre unterschiedlichen Vorstellungen zur Führung und Strategie überwinden.

Seit 2017 leitet mit Ex-Finanzchef Albert Christmann erstmals ein Externer die Unternehmensgruppe. Er folgte auf Richard Oetker, der die Führung seit 2009 inne hatte und nach den Statuten des Unternehmens mit seinem 65. Geburtstag ausschied. „Es muss in erster Linie die richtige Person sein. Wenn wir diese in dem Moment, in dem sie gebraucht wird, nicht in der Familie haben, dann klappt es halt nicht“, begründete dieser damals die Entscheidung gegen ein Familienmitglied an der Konzernspitze.  

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