Pleitewelle rolltWie Messebauer durch die Corona-Pandemie bedroht sind

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Ein Messebauer bei der Arbeit

Ein Messebauer bei der Arbeit 

Köln – „Messeaufbau ist derzeit wie Urlaub.“ Dabei will der Kölner Messebauer Ralph Ebben nach mehr als zwei Jahren Corona-Pandemie und daniederliegendem Messewesen gar keine Erholungspause. Doch aktuell sei wenig los, so der Inhaber des Unternehmens innova neo messebau aus Köln und Mitglied im Branchenverband IG Messewesen, mit 60 Unternehmen einer der größten Verbände der Branche.

Die Gänge in den Messehallen sind breit, auch An- und Abfahrten mit den Lkw zu den Hallen ohne größere Schwierigkeiten möglich. Die Messen hätten im Sommer etwa 50 bis 55 Prozent der Aussteller wie vor der Pandemie. Unternehmen aus Asien kommen wegen strikten Reiseregeln oder dem Lockdown in China fast gar nicht nach Europa, sehr zurückhaltend sind auch die Unternehmen aus Nordamerika. „Entsprechend sinkt der Umsatz der Messebauer auf etwa 50 Prozent“, so Ebben.

Liquidität aufgebraucht

Besserung ist kurzfristig nicht in Sicht. Aufträge ziehen er und die Kollegen mit einem Vorlauf von drei bis sechs Monaten an Land. „Im September erreichen die ein Niveau von 50 Prozent im Vergleich zur Zeit vor Corona“, so Ebben. Das gelte für seinen Betrieb und die Branche.

Ebben bereitet das einige Sorgen. Ende des Monats laufen die Überbrückungshilfen aus, wobei die zweite Überbrückungshilfe aus dem Vorjahr für ihn noch in der Bearbeitung sei. Es gibt eine 90-prozentige-Fixkostenhilfe, der längst nicht alles decke. Fahrzeuge hat er über Kredite finanziert. Die zählen laut Ebben anders als Leasingraten nicht zu den Fixkosten. Auch sein Unternehmerlohn wird nicht berücksichtigt.

„Ich will nicht undankbar erscheinen“, sagt Ebben. Ohne die Hilfen gebe es die Branche mit 5000 Unternehmen schon nicht mehr. Die Hilfen müssten aber bis zum Jahresende laufen. Messen im ersten Quartal fielen aus. Hier bekomme die Branche in normalen Zeiten die Liquidität, die sie in den ruhigeren Sommermonaten braucht und im Herbst verschaffe sie sich einen Puffer für die Zeit um Weihnachten.

Erschwerend kommt der Materialmangel hinzu

Nach zwei Jahren Pandemie sei die Liquidität der Branche aufgebraucht. Andere Aufgaben hätten kaum übernommen werden können. Für den Bau von Möbeln etwa fehlten Hobelmaschinen zur Verarbeitung von Massivholz. Auch Särge habe man nicht zimmern können. Außerdem seien all diese Zweige bereits mit Unternehmen besetzt gewesen. So musste auch Ebben sparen. Er hat noch neun Mitarbeitende statt 22.

Laufende Kredite etwa für Betriebsräume mussten weiter bedient werden. Und im Juli müsse mit der Tilgung der Kfw-Kredite begonnen werden. Knapp eine dreiviertel Million hat er an Darlehen aufgenommen. Gebürgt hat er mit einer Firmenhalle und auch mit Privatvermögen. Das sei üblich in der Branche gewesen. Die Banken hätten Sicherheiten verlangt. Manch einer habe sein Privathaus verpfändet.

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Die Branche stehe ohne weitere Hilfen vor einer Katastrophe. „30 bis 35 Prozent der Betriebe muss bis Ende des Jahres wohl Insolvenz anmelden“, schätzt Ebbens. Den dadurch entstehenden Schaden durch ausfallende Hilfen, Kredite oder Kosten der Arbeitslosigkeit beziffert ein Gutachten des Verbands auf 3,6 Milliarden Euro. Für die weitere Unterstützung wären dagegen weniger als 750 Millionen aufzuwenden. Dabei ist schon berücksichtigt, dass es eine Branchenbereinigung gibt und 1500 Unternehmen aufgeben müssen. Überleben würden die vor der Pandemie erfolgreichen Firmen. Ohne Hilfen gebe es eine ungeordnete Pleitewelle.

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