Schöne neue Welt oder Abzocke?Was ein „Metaversum“ ist und was es mit uns macht

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Eine Besucherin der Messe Gamescom 

Eine Besucherin der Messe Gamescom 

Berlin – Der Online-Gigant Facebook will sich offenbar umbenennen – und sich anschließend auf die Entwicklung des sogenannten „Metaversums“ ausrichten. Was ist das? Und sollten wir uns darauf freuen?

Was bedeutet der Begriff Metaversum?

Dabei handelt es sich um die Vision eines für alle Nutzer identischen, öffentlichen virtuellen Raums, der sich wie eine zweite Ebene über die analoge Welt legt. Physische, erweiterte und virtuelle Realitäten werden dort zusammengeführt, sodass Menschen das Internet körperlich erleben können. Nutzer bewegen sich im Metaversum mit einem sogenannten Avatar, einer individuellen Figur. In dieser Rolle können sie online Freunde treffen, virtuelle Veranstaltungen besuchen, interaktive Spiele spielen oder einkaufen.

Was es schon gibt

Anfang der 2000er-Jahre war mit „Second Life“ eine Ur-Version des Metaversums gestartet. Die Avatare konnten dort sogar mit einer eigenen Währung digitales Eigentum anschaffen. Die derzeit beste Vorstellung bieten die Videospiele Fortnite und Roblox. Die Nutzer bewegen sich darin als selbst erstellte Avatare, die sie gegen Bezahlung aufwerten und verändern können. Neue Anwender gewinnt Hersteller Epic Games unter anderem durch Auftritte von Stars. Bei virtuellen Konzerten tauchen etwa die Sängerin Ariana Grande oder der Rapper Travis Scott als ihnen optisch nachempfundene Avatare auf. (mao)

Wann wird das Metaversum Realität?

Laut Jens Förderer, Professor für Innovation und Digitalisierung an der Technischen Universität München, ist das Metaversum noch immer eine Vision. Der Forscher geht zwar davon aus, dass unsere Leben in Zukunft virtueller und vielleicht auch in einem Metaversum abgebildet werden könnten. Ob das aber in 20 oder 100 Jahren der Fall ist, sei unklar.

Warum ist diese Vision jetzt ein Thema?

Das Metaversum benötigt verschiedene Treiber, die die Entwicklung voranbringen. Laut Förderer spielen vier Dinge eine Rolle: erstens technologischer Fortschritt, etwa durch Brillen für virtuelle Realität und immer leistungsfähigere Computer. Zweitens die zunehmende Vernetzung auf Plattformen wie Facebook oder Instagram. Drittens die steigende Nutzung virtueller Güter und Währungen wie etwa Bitcoin. Und viertens die wachsende Zahl der sogenannten „Digital Natives“, für die Technologie selbstverständlich zum Alltag dazugehört.

Wer arbeitet derzeit am Metaversum?

Mehrere US-Tech-Firmen, darunter Microsoft und Google, haben das Thema auf dem Schirm. Die öffentliche Vorreiterrolle hat Facebook übernommen. Konzern-Chef Mark Zuckerberg bezeichnete die virtuelle Welt als die „nächste Generation des Internets“.

Für dieses Ziel will der Konzern binnen fünf Jahren allein in der EU 10000 hoch qualifizierte Arbeitsplätze schaffen. Zudem zeichnet sich ab, dass der Konzern sich umbenennt. Facebook soll dann eine Marke unter einem neuen Dach sein, das den klaren Fokus auf das Metaversum verdeutlicht.

Ist das Metaversum Anlass zu Freude oder Sorge?

Forscher Förderer ist überzeugt, dass das Metaversum Chancen und Risiken bietet. Vorteile seien etwa, dass die Menschen zusammenrückten und räumliche Distanz weiter an Bedeutung verliere. Außerdem könne das Digitale erlebt werden, nicht nur angeklickt oder betrachtet. Er sieht aber auch die Gefahr, dass der Verlust von physisch-sozialen Kontakten das menschliche Verhalten verändern könnte. Experten befürchten zudem, dass das Metaversum zu einer neuen Stufe der Kommerzialisierung und Überwachung führen könnte, wenn die Entwicklung in der Hand weniger gewinnorientierter Konzerne liegt.

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