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TV-Nachschub trotz CoronaWarum die Welt neidisch auf Deutschland blickt

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Symbolbild

  • Fernsehen jeder Art ist ein großer Gewinner der Coronakrise.
  • Dann drohte der Nachschub zu versiegen, weil Produktionen stillstanden.
  • In Deutschland wird aber wieder gedreht. In anderen Ländern sieht das anders aus.

München – Selten war sich die Medienwelt von ProSiebenSat1 (P7S1) über RTL bis Sky und darüber hinaus so einig. „Fernsehen ist das Medium der Stunde“, sagt P7S1-Managerin Nicole Agudo Berbel. „TV hat Systemrelevanz“, meint gar Kollegin Elke Waltheim vom Bezahlsender Sky. Alle blicken in Coronazeiten auf rasant gestiegene TV-Nutzung bei linearem Fernsehen vor allem aber bei Streamingdiensten.

So hat der Verband Privater Medien (Vaunet) im März ein Anschwellen der Nutzerzahlen auf 18,3 Millionen Zuschauer allein im Pay-TV beobachtet. Im Monatsschnitt 2019 waren es 16,4 Millionen. Streaming, wo sich die Zahlen schon 2019 im Jahresvergleich auf 13,4 Millionen Zuschauer fast verdoppelt hatten, wächst in der Pandemie wohl noch stärker, obwohl hier Halbjahresdaten fehlen.

Problem des Nachschubes

Der Boom über alle Verbreitungswege hat aber auch eine Schattenseite. „Wir waren kurz davor, in ein Nachschubproblem reinzuschlittern“, räumt RTL-Manager Henning Tewes ein. Denn die Pandemie hat auch Dreharbeiten vor allem für Serien und Filme unterbrochen. Jenseits deutscher Grenzen und vor allem im Hauptlieferland USA ist das immer noch so. Aber in Deutschland hat die Branche ähnlich wie bei der Fußball-Bundesliga ein Hygienekonzept erstellt und so zu einem weltweit viel beachteten Neustart gefunden. Seit Ende Mai wird hier zu Lande wieder gedreht.

Alles zum Thema Netflix

„Wir konnten unsere Produktionen schneller wieder hochfahren als andere Länder und werden international beneidet“, stellt Tewes klar. Hätte der Produktionsstopp ein bis zwei Monate länger gedauert, wären Engpässe bei der Programmversorgung vorprogrammiert gewesen. Danach sieht es mit nun wieder laufenden Eigenproduktionen nicht aus. „Unsere Inhalte-Pipeline ist prall gefüllt“, versichert Tewes. Kollegen anderer Sendergruppen stimmen ihm zu und versichern, das es im Programm demnächst nicht mehr Wiederholungen geben werde. Auf eine zweite Corona-Welle sei man vorbereitet. Auch der Nachschub an Shows bleibe nicht aus. Notfalls müsse man längere Zeit ohne Publikum im Studio auskommen.

Nachschub aus den USA hinkt hinterher

Was internationales Programm angeht, sieht es allerdings anders aus. Das beginnt beim Synchronisieren von Serien und Filmen für deutsche Sprache, das in der Krise ebenfalls brach gelegen ist. „Wir haben Westworld dann mit deutschen Untertiteln gesendet“, sagt Walthelm über eine beliebte US-Serie und den von der Pandemie dafür erzwungenen Notbehelf.

Vor allem aber beginnen, US-Serien und Hollywoodfilme zu fehlen. „Der Nachschub aus den USA kommt später und ist dünner“, räumt Tewes ein. Unter fehlenden Filmen leiden vor allem Kinos. Selbst fertiges Material halten Filmverleiher oft zurück, weil Corona-Hygienekonzepte deutlich weniger Kinobesucher erlauben und sie potentielle Kassenschlager nicht derart verschenken wollen. Das trifft wiederum den PayTV-Platzhirsch Sky. Der strahlt Blockbuster oft kurz nach dem Kinostart aus. Wenn der ausbleibt, muss auch Sky passen. Gleiches gilt für Sportübertragungen.

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Wegen solcher Einschränkungen verzichtet Vaunet diesmal auf eine Prognose für die Entwicklung von PayTV und Streaming in Deutschland für das laufende Jahr. Kein Zweifel besteht aber, dass es grundsätzlich aufwärts geht. Die Frage ist nur, mit welchen Raten. Ein Abflauen des Boom signalisiert Streaming-Pionier Netflix. Der hatte von April bis Juni gut zehn Millionen Kunden auf nunmehr weltweit 193 Millionen Abonnenten dazugewonnen und damit so viel wie sonst nie in einem zweiten Quartal. Im laufenden Quartal erwartet Netflix aber „nur“ noch ein Plus von 2,5 Millionen Kunden. Die außerordentlichen Corona-Zugewinne bleiben aber erhalten, heißt das auch. Nur das Wachstum beginnt sich zu normalisieren. Und aus Zuschauersicht gesehen muss das hiesige Publikum auf Sicht verstärkt mit Serien und Filmen made in Germany vorlieb nehmen. Aber auch das lag schon vor der Pandemie im Trend und war recht gefragt.

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