Weniger Unfälle, sinkende BeiträgeWas es bei KFZ-Versicherungen zu beachten gilt

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Symbolbild

  • Die jährliche Wechselsaison bei Kfz-Policen beginnt.
  • Sinkendes Beitragsniveau kündigt sich an. Dafür sorgt die Pandemie.
  • Aber das könnte erst der Anfang sein.

München – Jörg Rheinländer kann die Unruhe im Markt für Kfz-Versicherungen förmlich spüren. „Einige scharren schon mit den Hufen“, sagt der Vorstand des deutschen Marktführers Huk Coburg. Er meint damit vor allem Onlineversicherer wie Allianz Direct, die mit Sprintstar Usain Bolt ihre Werbekampagne begonnen hat und dabei die Werbebotschaft verkündet: „Jetzt zu Allianz Direct wechseln und ganz einfach bei der Kfz-Versicherung sparen.“ Wer die seit 2019 aktive Allianz-Tochter weiterempfiehlt, dem winken bis zu 300 Euro Prämie. Mit zehn Prozent Beitragsrabatt auf die Kfz-Police umwirbt der Adac seine Mitglieder. HDI wiederum hat sich mit der TV-Gruppe ProSiebenSat1 verbündet und die Plattform „ranDirect“ zum Verkauf von Kfz-Policen gegründet. Ein Preiskampf kündigt sich an.

 Nicht nur Rheinländer rechnet in den nächsten Wochen damit. Indizien dafür sieht auch das Vergleichsportal Check24. Dazu muss man wissen, dass die Beiträge für Kfz-Versicherungen im Jahresverlauf traditionell schwanken. Im Juli sind sie meist am höchsten und im November am niedrigsten, was sich mit dem Kündigungstermin für solche Policen am 30. November erklärt. Millionen Autofahrer suchen deshalb kurz davor immer wieder einen günstigeren Versicherer. Das drückt die Preise.

Weiterer Sinkflug möglich

 Diesen Juli im jährlichen Hoch lag der durchschnittliche Preis für eine Kfz-Haftpflichtpolice bei 337 Euro, hat Check24 ermittelt. 2019 um diese Zeit waren es noch 346 Euro. Auch Anfang Oktober 2020 lag der Marktdurchschnitt mit 303 Euro um einige Euro unter dem des Vorjahreszeitraums. „Wir vermuten, dass sich diese Entwicklung fortsetzt und der Kfz-Haftpflichtbeitrag in diesem Jahr sogar weiter sinkt als im Vorjahr“, schätzt Check24-Geschäftsführer Tobias Stuber. Er begründet das wie Rheinländer mit der Schadensentwicklung im Coronajahr 2020. Weil das Leben während der Pandemie bundesweit heruntergefahren und Homeoffice zum neuen Realzustand  wurde, blieben Autos vielfach geparkt. Wer weniger fährt, ist seltener in Unfälle verwickelt und Versicherer müssen weniger Geld für Schäden berappen, lautet die einfache Gleichung.

 40 Prozent weniger Haftpflichtschäden und 30 Prozent weniger Kaskoschäden hat Huk dieses Frühjahr regeln müssen. Seitdem normalisiert es sich langsam wieder, aber eine spürbare Entlastung bleibt. „2020 schätzen wir bei Privatkunden fünf Prozent weniger Schadenaufkommen“, sagt Rheinländer. Im Flottengeschäft könne es sogar noch weiter nach unten gehen.  3,6 Milliarden Euro hat Huk 2019 für Kfz-Schäden berappt. Fünf Prozent weniger würden 180 Millionen Euro bedeuten und branchenweit hochgerechnet ein Vielfaches davon. Das schafft Spielraum für Beitragssenkungen.

Huk kündigt Beitragsrückerstattung an

 Ob auch Marktführer Huk billiger wird, lässt Rheinländer offen. „Wir werden ein sehr gutes Tarifniveau bieten“, verspricht der Manager mit Blick auf den Höhepunkt der diesjährigen Wechselsaison und will dazu ein Versprechen einlösen. Wegen der Corona-bedingten Schadensrückgänge hat Huk schon vor Monaten als erster Kfz-Versicherer eine Beitragsrückerstattung an seine zuletzt 12,4 Millionen Kfz-Versicherten angekündigt. Deren genaue Höhe steht zwar immer noch nicht fest. „Sie wird aus Unternehmenssicht aber signifikant sein“, bestätigt Rheinländer nun. Die Sache hat allerdings einen Haken.

 Denn die Rückerstattung wird mit dem Beitrag für die Kfz-Police 2021 verrechnet, wie Rheinländer das Procedere erklärt. Das setzt voraus, dass ein Kunde bei Huk versichert bleibt und in den nächsten Wochen nicht zur Konkurrenz wechselt. Die versprochene Beitragsrückerstattung wird so zu einem Instrument der Kundenbindung. Damit dürfte Huk nicht alleine bleiben. Mit der Allianz hat auch das zweite Branchenschwergewicht angekündigt, eigene Kfz-Versicherte am günstigen Schadensverlauf 2020 zu beteiligen. 

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 So sehr das laufende Cononajahr auch eine Ausnahme sein mag, sinkende Kfz-Versicherungsbeiträge könnten die Branche ab sofort auf Jahre begleiten. Denn Deutsche haben das Homeoffice schätzen gelernt. Wer dauerhaft seltener ins Büro fährt, verursacht auch dauerhaft weniger Schäden, die Kfz-Versicherer begleichen müssen. „Wir rechnen mit langfristig leichten Schadenrückgängen wegen Homeoffice“, sagt Rheinländer.

 Dazu kämen weitere schadenreduzierende Trends wie Fahrerassistenzsysteme oder Telematik-Kunden. Moderne Autos mit Notbrems- und Einparkassistent verursachen statistisch beispielsweise ein Fünftel weniger Schäden. Gleiches gilt für Autofahrer, die ihren Fahrstil bei Telematik-Tarifen überwachen lassen, um sich so bei gesitteter Fahrweise einen Rabatt auf die Prämie zu erfahren. Mit steigender Verbreitung von Assistenzsystemen und Telematik-Tarifen können Kfz-Versicherer mittel- bis langfristig einiges Geld sparen, was anhaltenden Druck auf die Versicherungsprämien signalisiert. „Unser Markt ist und bleibt wettbewerbsintensiv“, betont Rheinländer.

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