Der „Purist“ unter den deutschen BäckernDas Erfolgsrezept von Max Kugel aus Bonn

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Bäckermeister Max Kugel

Bäckermeister Max Kugel hat seit drei Jahren eine Bäckerei in der Bonner Südstadt. 

  • Bäckermeister Max Kugel geht konsequent einen puristischen Weg in seinem Handwerk.
  • In seinem Laden in der Bonner Südstadt gibt es genau zehn Brotsorten. Das war's.
  • Kugel ist sehr aktiv auf Instagram und Facebook und wirbt dort für sich und für das Bäckerhandwerk insgesamt. Ein Porträt.

Bonn  – Bei Max Kugel beginnt das Storytelling morgens um 4.30 Uhr. Dann steht er in der Backstube – stets mit Baseballmütze auf dem Kopf. Sein Handy hat der 29-Jährige fast immer dabei. Er filmt sich, wie er Brot-Teig knetet, den Ofen einstellt oder dampfende Brote zum Auskühlen auf ein langes Holzbrett räumt.

Dann lädt Kugel die kurzen Videos auf Instagram hoch. Die Einblicke in den Alltag eines jungen Bäckermeisters gefallen mehr als 7000 Followern. Zwei bis drei Stunden am Tag nimmt Kugel sich Zeit für die sozialen Medien, macht Bilder, schreibt Texte, beantwortet Fragen. Manchmal besucht er andere Bäcker und stellt sie vor.

Schon vor der Eröffnung seines Ladens vor drei Jahren hatte er Videos von der Baustelle auf Facebook gepostet. „Ich glaube, am Anfang ist es unheimlich wichtig, damit die Leute einen kennenlernen“, sagt der Bäckermeister. Mittlerweile sind die sozialen Medien nur noch der Verstärker, sagt Kugel. Die Leute kämen wegen des Geschmacks seiner Brote. „Und nicht mehr wegen der coolen Optik des Ladens und des hippen Designs.“

Allerdings ist Kugels Laden auch etwas Besonderes. Es gibt bei ihm nur Brot zu kaufen, aber keine Schnittchen, Teilchen oder Kuchen. Und er hat nur zehn Sorten Brot im Angebot. Neun davon dauerhaft, eine Sorte wechselt täglich.

Kugels Brote heißen „Johnny“, „Kleines Schwarzes“ oder „Volle Hütte Dinkel“. Er verwendet ausschließlich Biomehl, um Backzusätze jeder Art macht er einen Bogen, sagt Kugel. Auch größere Maschinen braucht der junge Bäcker nicht. Jedes Brot wird von Hand geformt.

Damit will er sich von normalen Bäckern abgrenzen, vor allem von den „Vollsortimentern“, die von belegten Brötchen über Blechkuchen und Baisers bis zu Wraps alles Mögliche anbieten. „Die Menschen haben das Vertrauen zum Bäcker mehr und mehr verloren“, findet er. „Bei den Ketten schmeckt vieles gleich.“

Viele Bäcker hätten einfach kein Gefühl mehr für das Produkt und für den Teig. „Dann greifen sie zu Backmischungen und Maschinen, um die Qualität zumindest optisch zu gewährleisten.“ Er selbst will sich stattdessen „auf das Wesentliche“ konzentrieren.

Gleichzeitig weiß der Jungbäcker sich in Szene zu setzen. Mal lässt er sich in der WDR-Sendung Quarks mit der Großbäckerei Harry Brot vergleichen. Mal präsentiert er sein Konzept bei der „Be.Inside“-Tagung vor Führungskräften aus Handel und Industrie – und ist kein bisschen aufgeregt. Das Gastro-Magazin „Feinschmecker“ nennt ihn den „Puristen“ unter den deutschen Bäckern.

Corona-Bewährungsprobe bestanden

Kugels Konzept hat die erste Bewährungsprobe bestanden: Während der Coronavirus-Pandemie musste Kugel keinen seiner zwölf Angestellten in Kurzarbeit schicken. „Gerade am Anfang ging das Geschäft durch die Decke.“ Die Leute, sagt der Bäcker, waren im Panikmodus.

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„Es gab sehr lange Schlangen, und um 16 Uhr war der Laden zu, weil wir nur eine bestimmte Menge an Brot backen und verkaufen können.“ Andere Bäcker dagegen haben durch Corona Umsätze verloren.

Die Innenstädte waren leer, der Umsatz mit Kaffee und Kuchen brach weg, auch Restaurants brauchten kein Brot mehr. Für Kugel war das kein Problem: „Wir haben keinen Kaffee, und wir beliefern niemanden.“

Gegen Widerstände im Elternhaus

Kugel stammt aus einer Bäcker-Familie in Rheinland-Pfalz. Er wollte aber nicht den Betrieb des Vaters mit seinem Bruder übernehmen: „Wenn du drei dominante Männer hast, wo jeder entscheiden möchte, dann wird das schwierig.“ Als jüngster in der Familie hätte er es besonders schwer gehabt, sich durchzusetzen. Und so entschied er, sein eigenes Ding zu machen.

Den Großteil seiner Gesellenjahre verbrachte Kugel in Bonn und hat hier seine damalige Freundin kennengelernt. So verliebte er sich auch in die Stadt. Bonn hat außerdem Vorteile für Kugels Konzept.

Denn die Vorlieben beim Brot sind deutschlandweit sehr unterschiedlich, sagt er. „Ich kann hier sehr gut die Brotsorten von ganz dunkel bis ganz hell anbieten. Der Rheinländer isst gerne verschiedene Sorten Brot.“

Kunden fragen ihn immer wieder, ob er nicht doch etwas Süßes oder belegte Brote ins Sortiment nehmen kann. Doch Kugel hält an seinem Konzept fest. Im September feiert er das dreijährige Bestehen des Ladens. Die Kamera bleibt weiter sein ständiger Begleiter. „Meine Mitarbeiter sagen immer: Pass auf“, sagt Kugel und lacht. „Irgendwann liegt das Handy im Ofen, und keiner merkt’s.“

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